Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur krankheitsbedingten Kündigung des Mitarbeiters einer Spielbank
Leitsatz (amtlich)
Die Kostenbelastung durch hohe Entgeltfortzahlungskosten können die betrieblichen
Interessen auch dann beeinträchtigen, wenn die Entgeltfortzahlungskosten zu einem großen Teil aus dem Tronc finanziert werden.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 25.11.2003; Aktenzeichen 7 Ca 2777/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 25.11.2003 – 7 Ca 2777/03 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die soziale Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung.
Der am 27.06.1955 geborene ledige Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.07.1985 als Croupier im C2xxxx D3xxxxxx-H1xxxxxxxxx tätig. Vorher arbeitete er in derselben Funktion ab 01.06.1980 im Spielcasino B4xxxx.
Der Kläger gehört zu den punktbesoldeten Mitarbeitern. Er erreichte einen Punktewert von 25,33 Punkten. Die gezahlte Mindestvergütung lag bei 3.000,00 EUR brutto monatlich.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 11.04.2003 zum 31.12.2003 fristgemäß aus personenbedingten Gründen. Vorher hatte sie dem Betriebsrat mit Schreiben vom 28.03.2003 ihre Kündigungsabsicht mitgeteilt und die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers wie folgt aufgeschlüsselt:
„1995:
01.01.1995 – 07.01.1995 = 7 Tage
07.03.1995 – 15.03.1995 = 9 Tage
30.04.1995 – 02.05.1995 = 3 Tage
29.05.1995 – 30.09.1995 = 125 Tage
≫ Insgesamt 144 Arbeitstage.
1996:
07.06.1996 – 02.07.1996 = 25,5 Tage
15.07.1996 – 20.07.1996 = 6 Tage
15.08.1996 – 18.08.1996 = 4 Tage
01.10.1996 – 18.10.1996 = 18 Tage
15.11.1996 1 Tag
18.11.1996 – 24.11.1996 = 7 Tage
06.12.1996 – 15.12.1996 = 10 Tage
≫ Insgesamt 71,5 Arbeitstage.
1997:
02.01.1997 – 15.01.1997 = 14 Tage
11.02.1997 – 07.03.1997 = 25 Tage
18.03.1997 – 18.04.1997 = 32 Tage
25.06.1997 – 04.09.1997 = 72 Tage
05.10.1997 – 18.10.1997 = 14 Tage
06.11.1997 – 17.11.1997 = 12 Tage
≫ Insgesamt 169 Arbeitstage.
1998:
19.02.1998 – 21.02.1998 = 3 Tage
03.04.1998 – 04.04.1998 = 2 Tage
14.05.1998 – 16.10.1998 = 156 Tage
20.10.1998 – 31.12.1998 = 73 Tage
≫ Insgesamt 234 Arbeitstage.
1999:
01.01.1999 – 31.12.1999 = 365 Tage
≫ Insgesamt 365 Arbeitstage.
2000:
01.01.2000 – 05.05.2000 = 126 Tage
05.09.2000 – 07.09.2000 = 3 Tage
19.09.2000 – 21.11.2000 = 64 Tage
≫ Ingesamt 193 Arbeitstage.
2001:
02.01.2001 – 19.02.2001 = 49 Tage
14.04.2001 – 02.05.2001 = 19 Tage
01.07.2001 – 31.12.2001 = 184 Tage
≫ Ingesamt 252 Arbeitstage.
2002:
01.01.2002 – 04.03.2002 = 63 Tage
26.04.2002 – 27.04.2002 = 2 Tage
03.05.2002 – 04.05.2002 = 2 Tage
21.05.2002 – 31.05.2002 = 11 Tage
19.07.2002 – 31.12.2002 = 166 Tage
Insgesamt 244 Arbeitstage
2003:
01.01.2003 – dato = 74 Tage.”
In dem Anhörungsschreiben heißt es weiter:
„Aufgrund der krankheitsbedingten Fehlzeiten von Herrn D2xxxxxxx mußten wir in ganz erheblichem Umfang Entgeltfortzahlungen und Zuschüsse zum Krankengeld erbringen.
Hier ergibt sich folgendes Bild, wie Sie der beigefügten Tabelle (Anlage 1) entnehmen können.
Wir gehen davon aus, dass sich an der vorbeschriebenen Situation nichts ändern wird.
Wir möchten aufgrund der im Einzelnen aufgeführten krankheitsbedingten Fehlzeiten und der damit verbundenen erheblichen Belastungen für den Tronc, die uns auf unserer Sicht eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in jedem Fall mit Herrn D2xxxxxxx unzumutbar machen, den Arbeitsvertrag fristgerecht kündigen.”
Die bezahlten Krankheitstage und die Krankengeldzuschüsse listete die Beklagte wie folgt auf:
Jahr |
bezahlte Krankheitstage |
Krankengeld-Zuschüsse |
1995 |
14 |
2.101,74 DM |
1996 |
53,5 |
-,– DM |
1997 |
77 |
2.881,89 DM |
1998 |
89 |
8.881,90 DM |
1999 |
0 |
11.098,74 DM |
2000 |
42 |
1.390,25 DM |
2001 |
103 |
1.239,55 DM |
2002 |
61 |
1.223,93 EUR |
Wegen der behandelnden Ärzte des Klägers ab 1998 wird auf die Anlage 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 06.08.2003 (Bl. 23 d.A.) und wegen der Krankheitsursachen auf die dem Schriftsatz des Klägers vom 19.08.2003 beigefügten Anlagen (Bl. 31 – 34 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe am 20.10.1998 einen Wegeunfall erlitten und sei infolge dieses Unfalls ununterbrochen bis einschließlich 05.05.2000 arbeitsunfähig krank gewesen. Am 19.07.2002 habe er einen privaten Verkehrsunfall erlitten und sei deswegen ununterbrochen bis einschließlich 03.06.2003 krank gewesen. Diese beiden Krankheitsperioden müssten bei einer Prognose außer Betracht bleiben. Die Befürchtung weiterer krankheitsbedingter Fehlzeiten ergebe sich dann nicht.
Der Betriebsrat hat der Kündigung am 04.04.2003 widersprochen, weil die seit 1998 aufgetretenen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers durch mehrere unverschuldete Auffahrunfälle auf dem Weg zur Arbeit hervorgerufen worden seien. Deshalb müssten auch die Auslagen des Tronc (Krankengeldzuschüsse) von den jeweiligen Unfallgegnern eingeklagt werden, so dass der Betriebsrat da...