Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfall von Urlaubsansprüchen eines langfristig erkrankten Arbeitnehmers. Entstehen von Urlaubsansprüchen bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1) Urlaubsansprüche des langfristig erkrankten Arbeitnehmers verfallen 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres.
2) § 26 Tarifvertrag für die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See enthält keine eigenständige Urlaubsregelung.
3) Ruht das Arbeitsverhältnis, weil der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer auf die Ausübung der Verfügungsgewalt verzichtet hat, um diesem den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen, so entstehen bei formal fortbestehendem Arbeitsverhältnis keine Urlaubsansprüche.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 3 S. 3; Tarifvertrag für die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See § 26
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Entscheidung vom 15.12.2010; Aktenzeichen 5 Ca 2545/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 15.12.2010 - 5 Ca 2545/10 - teilweise abgeändert.
Die Berufung des Klägers gegen das angegriffene Urteil wird zurückgewiesen.
Das Urteil wird wie folgt gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 990,30 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2010 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 58,32 %, die Beklagte zu 41,68 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um vom Kläger geltend gemachte Urlaubsabgeltungsansprüche.
Der am 21.06.1948 geborene Kläger war vom 01.04.2003 bis zum 31.03.2010 bei der Beklagten als Angestellter in einer Fünf-Tage-Woche tätig. Das Arbeitsverhältnis richtete sich zuletzt nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 15.09.2006 (Bl. 5 d.A.), der in § 2 die Anwendbarkeit des Knappschaft-Angestelltentarifvertrages (KnAT) vorsah, der mit Wirkung vom 01.10.2005 durch den Tarifvertrag für die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (TV DRV KBS) abgelöst wurde. Dieser trifft zum Urlaub folgende Regelungen:
"§ 26
Erholungsurlaub
(1) Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr
…
nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage.
Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden.
(2) Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:
a) Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er bis zum 31. Mai anzutreten.
b) Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, erhält die/der Beschäftigte als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1; § 5 BUrlG bleibt unberührt.
c) Ruht das Arbeitsverhältnis, so vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel.
d) Das nach Absatz 1 Satz 1 fortzuzahlende Entgelt wird zu dem in § 24 genannten Zeitpunkt gezahlt.
Protokollerklärung zu Absatz 1 Satz 6:
Der Urlaub soll grundsätzlich zusammenhängend gewährt werden; dabei soll ein Urlaubsteil von zwei Wochen Dauer angestrebt werden."
§ 27 TV DRV KBS regelt Zusatzurlaub bei Wechselschichtarbeit und Schichtarbeit, für den im Übrigen auf § 26 TV DRV KBS mit Ausnahme von Abs. 2 Buchstabe b) verwiesen wird.
Das Arbeitsverhältnis endete durch Auflösungsvertrag vom 01.12.2009 mit Ablauf des 31.03.2010. Durchgehend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und darüber hinaus war der Kläger seit dem 14.09.2007 arbeitsunfähig krank. Auf Antrag des Klägers verzichtete die Beklagte mit Schreiben vom 09.02.2009 ab dem 13.03.2009 auf die Verfügungsgewalt aus dem bestehenden Arbeitsverhältnisses (vgl. Bl. 7 d.A.) und erteilte dem Kläger eine Bescheinigung gemäß § 312 SGB III zur Vorlage bei der Agentur für Arbeit. Der Kläger bezog sodann Arbeitslosengeld gemäß den §§ 117 ff. SGB III. Später, nämlich mit Bescheid vom 02.11.2010 (Bl. 156 bis 157 d.A.) wurde dem Kläger rückwirkend ab dem 01.09.2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt. Mit Schreiben vom 27.04.2010 machte der Kläger gegenüber der Beklagten unter anderem die Abgel...