Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstoß der Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Wirksamkeit der krankheitsbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses während der Probezeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber kann eine Maßnahme i.S. von § 612a BGB sein.
2. Eine Kündigung allein wegen Arbeitsunfähigkeitszeiten kann nicht als Maßregelung angesehen werden.
3. Ein Arbeitgeber darf mit einem Arbeitnehmer trotz seiner vorherigen Tätigkeit im Betrieb im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung eine Probezeit vereinbaren, mit der Folge der Anwendung der für eine Probezeit verkürzten Kündigungsfrist.
Normenkette
BGB § 612a; BetrVG § 102; EntgFG § 8
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 13.11.2014; Aktenzeichen 2 Ca 1077/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 13.11.2014 - 2 Ca 1077/14 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um den Fortbestand des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.
Der 1969 geborene, verheiratete und keinem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war zunächst in der Zeit ab dem 25.05.2013 als Leiharbeitnehmer der Firma B GmbH bei der Beklagten eingesetzt. Grundlage war ein schriftlicher Vertrag vom 17.05.2013.
Seit dem 25.11.2013 war der Kläger sodann als Vertriebsmitarbeiter der Beklagten für den Innen- und Außendienst zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 4.600,00 € auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 09.10.2013 bei der Beklagten beschäftigt.
Der Kläger war nach Eingehung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten arbeitsunfähig erkrankt in der Zeit vom 24.02.2014 bis zum 31.03.2014 sowie ab dem 07.04.2014.
Mit Schreiben vom 09.05.2014, zugegangen am selben Tag, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 24.05.2014.
Vorangegangen war eine schriftliche Anhörung des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrates vom 07.05.2014, dort eingegangen am 08.05.2014 zu einer "fristgerechten Kündigung zum 24.05.2015 innerhalb der Probezeit". Zur Begründung der Kündigung war angegeben: "Der Beschäftigte, T, genügt nach unserer allgemeinen, subjektiven Einschätzung unseren Anforderungen nicht. Wir beziehen uns außerdem auf unsere mündlichen Erläuterungen vom 07.05.2014". Der Betriebsrat hatte mit Schreiben vom 08.05.2014 der Kündigung zugestimmt.
Ob die im Anhörungsschreiben angesprochene mündliche Erläuterung erfolgt ist, ist unter den Parteien streitig.
Für den Monat April 2014 erhielt der Kläger Vergütung in Höhe von 1.557,11 € netto, für den Monat Mai 2014 zahlte die Beklagte 1.192,91 € netto, wobei es sich für den Monat Mai 2014 nicht um Entgeltfortzahlung, sondern um die Abgeltung von 11 Urlaubstagen sowie 7 Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto handelte.
Mit der am 15.05.2014 beim Arbeitsgericht Hagen eingegangenen und in der Folgezeit zweimal erweiterten Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangt weitere Entgeltfortzahlung, die Gutschrift von Überstunden bzw. hilfsweise die Abgeltung von Überstunden und Urlaubstagen.
Der Kläger hat hierzu zum einen die Auffassung vertreten, die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung sei unwirksam.
Zwar habe das Arbeitsverhältnis unstreitig erst am 25.11.2013 begonnen, gleichwohl finde das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Er habe bereits seit Mai 2013 für die Beklagte dieselben Tätigkeiten ausgeführt wie im anschließenden Arbeitsverhältnis. Auf Grund des engen Zusammenhangs der beiden Arbeitsverhältnisse sei von der Erfüllung der Wartezeit auszugehen.
Die Kündigung sei ungeachtet der fehlenden sozialen Rechtfertigung aber auch wegen eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612 a BGB unwirksam. Bereits nach Rückkehr aus der ersten Arbeitsunfähigkeit habe der Vertriebsleiter I ihm gegenüber mitgeteilt, er würde nicht weiter beschäftigt, falls er erneut krank würde. Ebenso habe sich der weitere Vorgesetzte, M, geäußert. Als er dann im April 2014 erneut erkrankt sei, habe auch die Sekretärin des Vertriebsleiters I eindringliche Nachfragen bezüglich seiner Erkrankung und seines Gesundheitszustandes im Allgemeinen gestellt.
Die ausgesprochene Kündigung sei auch mangels wirksamer Betriebsratsanhörung unwirksam. Ausweislich der schriftlichen Betriebsratsanhörung vom 07.05.2014 habe es noch mündliche Erläuterungen gegeben. Auf seine telefonische Nachfrage beim Betriebsratsvorsitzenden am 03.07.2014 habe dieser ihm gegenüber, so hat der Kläger behauptet, mitgeteilt, in dem Anhörungsgespräch sei darauf verwiesen worden, dass er Dinge innerhalb der Fachabteilung im Vertrieb nicht weitergeleitet habe, Zuckerfabriken hätten geäußert, sie wollten seine Besuche nicht mehr und auch Monteure hätten erklärt, er gebe Informationen nicht weiter. Ferner sei auch auf seine ständigen Erkrankungen hingewiesen worden. Mit Ausnahme der Erkrankungen sei de...