Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzung. Direktionsrecht. Vertragsauslegung. Residenzpflicht
Leitsatz (amtlich)
Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kommt es nicht darauf an, ob die Vereinbarung einer Residenzpflicht mit einer im pastoralen Dienst eines Bistums beschäftigten Gemeindereferentin einer Überprüfung anhand der §§ 305 ff. BGB stand hält. Hat sich die Gemeindereferentin bei der auf ihren Wunsch vorgenommenen Versetzung damit einverstanden erklärt, ihren Wohnsitz in einer Einsatzgemeinde zu nehmen, so ist diese Vereinbarung nur nach allgemeinen rechtlichen Grundsätzen zu überprüfen. Die Gemeindereferentin erfüllt ihre Verpflichtung allerdings schon dadurch, dass sie einen Zweitwohnsitz in einer Einsatzgemeinde nimmt.
Normenkette
BGB §§ 138, 119, 123, 305 ff.; ZPO § 256 Abs. 1; GG Art. 6
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 16.05.2008; Aktenzeichen 2 Ca 118/08) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Erzbistums wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 16.05.2008 – 2 Ca 118/08 – teilweise abgeändert.
Die Feststellungsklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin nach einer Versetzung verpflichtet ist, ihren Wohnsitz zu wechseln.
Die Klägerin ist seit dem 01.02.1997 bei dem beklagten Erzbistum zunächst als Praktikantin, dann als Gemeindeassistentin und schließlich aufgrund des Arbeitsvertrages vom 06.01.2000 (Bl. 5 ff. d.A.) seit dem 01.02.2000 als Gemeindereferentin beschäftigt. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder im Alter von 13, 12 und 4 Jahren.
§ 2 des Arbeitsvertrages vom 06.01.2000 sieht vor, dass die kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) in ihrer jeweiligen Fassung einschließlich der Anlagen Vertragsbestandteil ist. Nach § 11 Nr. 1 des Arbeitsvertrages ist der Mitarbeiter verpflichtet, seinen Wohnsitz innerhalb der Einsatzgemeinde zu nehmen. In der Anlage 20 zur KAVO, die Sonderregelungen für Mitarbeiter im pastoralen Dienst enthält, ist unter Nr. 10 „Residenzpflicht” geregelt, dass der Mitarbeiter auf Verlangen des Dienstgebers verpflichtet ist, seinen Wohnsitz in der Einsatzgemeinde bzw. einer der Einsatzgemeinden oder im örtlichen Einsatzgebiet zu nehmen. In einer Ausführungsverordnung hierzu (Bl. 59 d.A.) sind weitere Einzelheiten, insbesondere zur Vermeidung unbilliger Härten im Einzelfall, geregelt.
Als Gemeindereferentin war die Klägerin zunächst sieben Jahre im Gemeindeverbund S3-S4 tätig. Dort bewohnt sie mit ihrer Familie ein eigenes Haus. Zum 01.05.2007 wurde die Klägerin auf ihren Wunsch hin in den Pastoralverbund P1 Nord-Ost versetzt, dem drei Kirchengemeinden angehören. Die Entfernung zwischen ihrem Wohnsitz und dem Einsatzort/den Einsatzorten beträgt etwa 8 km.
Bereits vor der Umsetzung war die Frage der Wohnsitznahme der Klägerin im Pastoralverbund P1 Nord-Ost Gegenstand von Gesprächen sowohl der zuständigen Mitarbeiterin der Personalabteilung des beklagten Erzbistums als auch des Vorsitzenden der MAV mit der Klägerin. Auf das Telefonat mit der Mitarbeiterin der Personalabteilung reagierte die Klägerin mit Schreiben vom 12.01.2007, zu dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 51 d.A. Bezug genommen wird.
Unter der Überschrift „Einsatzregelung ab 01.05.2007 – Residenzpflicht” teilte das Erzbistum der Klägerin am 27.03.2007 das Folgende mit:
„Sehr geehrte Frau A2,
wir können Ihnen mitteilen, dass Sie Ihrem Wunsch entsprechend ab 01.05.2007 mit einem Beschäftigungsumfang von 100 % (zur Zeit 38,5 Wochenstunden) im Pastoralverbund P1 Nord-Ost eingesetzt werden.
Ihr Vorgesetzter ist Herr Militärdekan T1 S5.
Nach § 11 Ihres Arbeitsvertrages vom 06.01./16.01.2000 sind Sie verpflichtet, Ihren Wohnsitz innerhalb des/der Einsatzgemeinde zu nehmen. Von dieser Verpflichtung sind Sie ausnahmsweise bis zum 30.07.2007 befreit.
Bitte senden Sie uns die beigefügte Durchschrift als Erklärung Ihres Einverständnisses mit dieser Regelung unterschrieben zurück.
Wir erteilen Ihnen gemäß der Verordnung über Umzugskostenvergütung (s. Anlage 16 KAVO) die Zusage der Umzugskostenvergütung für den Umzug von 33 P1, M1-A3-Weg 71, in den Pastoralverbund P1 Nord-Ost. Das Verfahren zur Auszahlung der Umzugskostenvergütung erfolgt nach Maßgabe der unserem Schreiben beigefügten „Anlage 1”. § 5 der Anlage 16 KAVO findet keine Anwendung.
Endet Ihr Arbeitsverhältnis aus einem von Ihnen zu vertretenden Grunde vor Ablauf von zwei Jahren nach Durchführung des Umzugs, so ist die Umzugskostenvergütung von Ihnen zurückzuzahlen.
Wir wünschen Ihnen für Ihre Arbeit mit den neuen Gemeinden viel Freude und vor allem Gottes Segen.
Mit freundlichen Grüßen
…”
In ihrem Antwortschreiben vom 25.04.2007 bedankte sich die Klägerin u.a. für das Angebot den Termin, an welchem die Richtlinien zur Wohnsitznahme ihre Wirkung bekämen, vom Dienstbeginn 01.05.2007 auf den 30.07.2007 zu verlängern. Zum weiteren Inhalt dieses Schreibens wird auf Bl. 52 d.A. Bezug genommen. Mit Datum vom 27.04.2007 unte...