Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung aus dem Jahre 1990 als sog. Gleichstellungsabrede i. S. d. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 18.04.2007 – 4 AZR 652/05). Tarifliche Leistungen. Gleichstellungsabrede
Leitsatz (redaktionell)
Die Bezugnahme in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für seinen Betrieb einschlägigen Tarifverträge ist regelmäßig als sog. Gleichstellungsabrede zu werten. Sie soll nur die etwa fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzen und zur schuldrechtlichen Anwendung derjenigen Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis führen, an die der Arbeitgeber tarifrechtlich gebunden ist.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 03.04.2008; Aktenzeichen 1 Ca 1933/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 03.04.2008 – 1 Ca 1933/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Leistungen, die in einem Tarifvertrag geregelt sind, von der Beklagten beanspruchen kann.
Die am 10.04.1958 geborene Klägerin ist Diplompsychologin und Diplomökotrophologin. Sie ist seit dem 01.08.1990 als Psychologin bei der Beklagten beschäftigt und erhält zurzeit eine monatliche Vergütung von ca. 4.300,00 EUR brutto. Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 15.05.1990, der in § 2 folgende Regelung enthält:
„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Manteltarifvertrag (MTV) für die Arbeitnehmer der Kurverwaltung Bad Lippspringe GmbH und der Kuranstalten und Forschungsinstitute Bad Lippspringe GmbH.”
Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird auf Bl. 11-14 d.A. Bezug genommen.
Die Klägerin war ursprünglich Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Mit Schreiben vom 28.09.2006 erklärte sie ihren Gewerkschaftsaustritt.
Unter dem Datum des 25.05.2007 schlossen die Gewerkschaft ver.di und der Arbeitgeberverband für die Gebiete Paderborn, Büren, Warburg und Höxter e.V. eine Vereinbarung unter der Bezeichnung „Modifizierung des Änderungstarifvertrages zum dritten Beschäftigungssicherungstarifvertrag (ÄTV z. 3. BSTV) und des Manteltarifvertrages MZG und KHK GmbH (MTV)”. Diese Vereinbarung enthält in Ziffer 1 folgende Regelung:
„Die Zuwendung nach § 36 MTV wird für das Jahr 2007 ausgesetzt. Diejenigen Arbeitnehmer der MZG Bad Lippspringe GmbH, der Karl-Hansen-Klinik GmbH und der MZG Pflege GmbH (ohne Auszubildende in allen Gesellschaften), die nachweislich Mitglied der tarifvertragschließenden Gewerkschaft sind, erhalten als Anspruchsberechtigte stattdessen für das Kalenderjahr 2007 einen Festbetrag in Höhe von 250,00 EUR brutto und einen zusätzlichen Urlaubstag, soweit dies bis zum 01. September 2007 von den Anspruchsberechtigten geltend gemacht worden ist. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer erhalten anteilig entsprechend ihrer Arbeitszeit für das vorgenannte Jahr 2007 einen entsprechend reduzierten Festbetrag und entsprechend der Anzahl ihrer Arbeitstage im Verhältnis zur 5-Tage-Woche einen entsprechenden Anteil des entsprechenden Urlaubstages. Die Gewährung des zusätzlichen Urlaubstages erfolgt im Laufe der belegungsschwachen Zeiten vom 01. November 2007 bis 31. März 2008. 50 % des Festbetrages werden mit dem Gehalt für den Monat November 2007 und 50 % des Festbetrages werden mit dem Gehalt für den Monat März 2008 ausgezahlt.”
Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung vom 25.05.2007 wird auf Bl. 15 f. d.A. verwiesen.
Mit Schreiben vom 06.08.2007 (Bl. 17 d.A.) und vom 12.09.2007 (Bl. 18 f. d.A.) machte die Klägerin die in Ziffer 1 der Vereinbarung vom 25.05.2007 geregelten Ansprüche auf Zahlung des Festbetrages von 250,00 EUR brutto und Gewährung eines zusätzlichen Urlaubstages erfolglos gegen die Beklagte geltend. Mit ihrer am 21.12.2007 beim Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen Klage verfolgt sie diese Ansprüche weiter.
Die Klägerin hat vorgetragen, Ziffer 1 der Vereinbarung vom 25.05.2007 enthalte eine unzulässige Differenzierungsklausel. Zudem beinhalte sie eine sog. Stichtagsklausel, die ebenfalls unzulässig sei. Zusätzliche Leistungen für Gewerkschaftsmitglieder stellten ungeachtet ihrer Höhe stets einen Verstoß gegen Artikel 9 GG dar. Dies gelte selbst dann, wenn eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle als Voraussetzung für einen Verstoß gegen Artikel 9 GG angenommen werde; denn diese Grenze sei hier überschritten.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, 125,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01. Dezember 2007 zu zahlen.
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin am 01. April 2008 weitere 125,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 1. April 2008 zu zahlen,
- festzustellen, dass der Klägerin gegen d...