Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 17.09.1997; Aktenzeichen 6 Ca 1497/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 17.09.1997 – 6 Ca 1497/97 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.04.1997 nicht beendet worden ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage wendet sich der im Jahre 1951 geborene, verheiratete und einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger, welcher seit dem Jahre 1980 als gelernter Tischler im Bankbereich bei der Beklagten beschäftigt ist, gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung vom 22.04.1997 zum 31.10.1997. Diese Kündigung stützt die Beklagte, welche einen Handwerksbetrieb des Laden- und Innenausbaus mit etwa 90-100 Arbeitnehmern führt, auf den unstreitigen Umstand, daß der Kläger zunächst in den Jahren 1993 und 1994 über längere Zeiträume, und zwar u. a. wegen einer Entzündung des Ellenbogengelenks, einer Augenoperation sowie einer Heilkur wegen Rückenleidens, und sodann durchgehend ab dem 06.02.1995 wegen einer Erkrankung im Bereich der Halswirbelsäule arbeitsunfähig erkrankt war und nach den Feststellungen des Ärztlichen Dienstes beim Arbeitsamt Essen u.a. keine Gewichte von mehr als 15 kg heben und tragen darf. Inwiefern eine leidensgerechte Beschäftigung des Klägers am bisherigen Arbeitsplatz durch technische Hebehilfen ermöglicht werden kann und der Beklagten zumutbar ist, ist unter den Parteien streitig. Ebenso hält der Kläger einen Arbeitsplatztausch und Maßnahmen der Umorganisation für zumutbar und behauptet hierzu, seine Erkrankung sei durch die schwere körperliche Beanspruchung während seiner bisherigen Tätigkeit bedingt.
Vor Ausspruch der Kündigung hatte der Kläger am 16. Oder 17.02.1996 unter Ankündigung seiner Genesung die Gewährung von Urlaub für das Jahr 1995 beantragt, welcher ihm aus betrieblichen Gründen verweigert wurde, worauf der Kläger weiterhin arbeitsunfähig krank blieb. Nachdem der Kläger sodann erfolglos die Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes verlangt sowie die Gewährung von Urlaub bzw. Urlaubsvergütung und Verzugslohn pp geltend gemacht hat, führt er diesbezüglich einen weiteren Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht (8 Sa 1013/97). Nachdem sein Klagebegehren im ersten Rechtszug erfolglos geblieben ist, ist durch Urteil vom heutigen Tage die Beklagte unter Zurückweisung der Berufung im übrigen verurteilt worden, den Kläger arbeitsvertragsgemäß als Tischler weiterzubeschäftigen mit der Maßgabe, daß der Arbeitsplatz des Klägers mit Hebehilfen ausgerüstet wird. Zugleich ist die Revision gegen das Urteil zugelassen worden.
Durch Urteil vom 17.09.1997 (Bl. 102 ff d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens, insbesondere auch zur Frage der Betriebsratsanhörung und der Durchführung des Zustimmungsverfahrens bei der Hauptfürsorgestelle verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht den verfolgten Kündigungsfeststellungsantrag abgewiesen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt worden, aus dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes beim Arbeitsamt Essen vom 23.08.1996 ergebe sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, daß der Kläger auf Dauer aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert sei, die bislang ausgeübte Tätigkeit im Betrieb der Beklagten wieder aufzunehmen. Eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes durch den Einsatz von Hebehilfen scheide mit Rücksicht darauf aus, daß schon wegen der unterschiedlichen Größen und Formen der zu bearbeitenden Werkstücke mechanische Handhabungshilfen nur bedingt eingesetzt werden könnten. Ferner habe die Beklagte unwidersprochen darauf hingewiesen, daß der Einsatz von Hebehilfen zu einer erheblichen Verzögerung des Arbeitsablaufs führe. Nach Behauptung der Beklagten scheitere der Einsatz von Hebehilfen im übrigen daran, daß durch Hubhilfen die Oberfläche der Werkstücke beschädigt werden könne. Unter diesen Umständen müsse davon ausgegangen werden, daß der Einsatz von Hebehilfen technisch nicht möglich oder jedenfalls unzumutbar sei. Auch aus § 14 SchwbG ergebe sich nichts anderes. Nach § 14 Abs. 3 Satz 2 SchwbG sei der Arbeitgeber allein verpflichtet, für Arbeitserleichterung zu sorgen, nicht hingegen einen geeigneten Arbeitsplatz für den Schwerbehinderten erst einzurichten. Die Ausstattung des Arbeitsplatzes mit den vom Kläger begehrten Hebehilfen laufe aber im Ergebnis darauf hinaus, daß der Kläger überhaupt erst in die Lage versetzt werde, eine Arbeitsleistung zu erbringen. Ebensowenig komme die Weiterbeschäftigung des Klägers auf einem anderen Arbeitsplatz in Betracht. Ein freier Arbeitsplatz stehe insoweit nicht zur Verfügung. Aus dem Vortrag des Klägers lasse sich auch nicht entnehmen, welchen Arbeitnehmer die Beklagte im Wege des Direktionsrechts habe umsetzen können. Unabhängig von der Behauptung des Klägers, die bes...