Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz wegen vorvertraglicher Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Arbeitgeber. Darlegungs- und Beweislast
Leitsatz (redaktionell)
Einem Arbeitgeber obliegen im Arbeitsrecht vorvertragliche Aufklärungspflichten, deren schuldhafte Verletzung zu Schadensersatzansprüchen führen kann. Zu den vorvertraglichen Aufklärungspflichten gehört es, den Arbeitnehmer über solche Umstände aufzuklären, die zu einer vorzeitigen Beendigung des zu begründenden Arbeitsverhältnisses führen können. Hat der Arbeitgeber begründeten Anlass zu Zweifeln, ob er in nächster Zeit finanziell in der Lage sein wird, Löhne und Gehälter auszuzahlen, muss er vor Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages darauf hinweisen.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 19.05.2004; Aktenzeichen 2 Ca 2014/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 19.05.2004 – 2 Ca 2014/03 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Im Berufungsrechtszug streiten die Parteien noch um Schadensersatzansprüche.
Die Klägerin war früher in einem pathologischen Institut in P4xxxxxxx angestellt. Sie hatte dort ein unbefristetes und bestandsgeschütztes Arbeitsverhältnis, aus dem sie einen monatlichen Nettoverdienst in Höhe von 1.279,00 EUR bezog. Zusätzlich erhielt sie ein Weihnachtsgeld, fällig mit der Novembervergütung, in Höhe von 956,80 EUR.
Bei der Beklagten zu 1) handelte es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Gründung, die den Betrieb einer Klinik in der ehemals von der LVA betriebenen S1xxxxxxx-Klinik in B3x D1xxxxx zum Unternehmensgegenstand hatte. Eine Eintragung in das Handelsregister ist bislang nicht erfolgt.
Am 13.06.2003 hatte der Beklagte zu 2) u.a. auch die Klägerin zu einem Kennenlern-Gespräch eingeladen, in dem er den Beteiligten das von ihm geplante Konzept zum Betrieb der Klinik, die bereits vor fünf Jahren geschlossen worden war, vorstellte. In erster Instanz war zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte zu 2) die Klägerin in dem Gespräch vom 13.06.2003 nicht darauf hingewiesen hatte, dass die Finanzierung des Klinikbetriebes durch die Beklagte zu 1) noch in keiner Weise gesichert gewesen war.
Unter dem 17.06.2003 schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 2), einen Arbeitsvertrag mit Wirkung vom 01.10.2003 ab. Dabei wurde die Klägerin als Chefsekretärin des Chefarztes, aushilfsweise als Arzthelferin zum 01.10.2003 zu einem monatlichen Bruttogehalt von 2.300,00 EUR eingestellt.
Die Klägerin kündigte daraufhin ihr ursprüngliches Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30.09.2003.
Am 01.10.2003 bot die Klägerin ihre Arbeitskraft in der S1xxxxxxx-Klinik in B3x D1xxxxx an. Diese wurde nicht angenommen, da ein Klinikbetrieb überhaupt nicht aufgenommen wurde. Mit Schreiben vom 02.10.2003 kündigte die Beklagte zu 1) das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich innerhalb der Probezeit zum 16.10.2003.
Die Klägerin bezog daraufhin ein Arbeitslosengeld in Höhe von 27,43 EUR kalendertäglich netto.
Mit Wirkung ab 15.06.2004 trat die Klägerin eine neue Arbeitsstelle an.
Die Beklagten zahlten an die Klägerin für die Zeit vom 01. bis 16.10.2003 nicht die vereinbarte Vergütung.
Die Klägerin erhob daraufhin am 29.10.2003 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht, mit der sie die Zahlung ihres Oktobergehaltes bis einschließlich 16.10.2003 in Höhe von 1.150,00 EUR sowie eine Teilurlaubsabgeltung von 1,25 Tagen in Höhe von 110,57 EUR geltend machte.
Mit der am 25.11.2003 erhobenen Klageerweiterung verlangte die Klägerin darüber hinaus Schadensersatz in Höhe von 2.490,00 EUR wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr für die Zeit bis zum 16.10.2003 das hälftige Bruttomonatsgehalt sowie der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch zustehe.
Darüber hinaus habe sie einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.490,00 EUR netto, weil der Beklagte zu 2) seine vorvertraglichen Aufklärungspflichten verletzt habe. Er habe die Klägerin im Unklaren gelassen, dass die Finanzierung für das geplante Klinikprojekt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in keiner Weise gesichert gewesen sei. Insoweit hat die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 2) habe weder im Kennenlern-Gespräch vom 13.06.2003 noch bei Abschluss des Arbeitsvertrages darauf hingewiesen, dass er noch mit Investoren über die Finanzierung des Klinikbetriebes in Verhandlungen stehe. Über die ungesicherte Finanzierung sei die Klägerin ebenso wenig aufgeklärt worden wie darüber, dass die Beklagte noch überhaupt keine Klinikzulassung besessen habe.
Der Beklagte zu 2) habe auch wissen müssen, dass er für das Klinikkonzept keine Finanzierung würde bewerkstelligen können. Gegen ihn persönlich seien eine Reihe von Haftbefehlen zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erlassen worden. Darüber hinaus sei er strafrechtlich wege...