Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung eines angestellten Rechtsanwalts. Sittenwidrigkeit der Vergütung. Beschäftigung eines Rechtsanwalts zu angemessenen Arbeitsbedingungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Unangemessen ist die Vergütung eines Rechtsanwalts, bei der Leistung und Gegenleistung in einem so auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, dass objektiv ein Verstoß gegen die guten Sitten begründet ist.

 

Normenkette

BGB §§ 134, 138; BORA § 26

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Entscheidung vom 22.06.2011; Aktenzeichen 2 Ca 2007/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.12.2014; Aktenzeichen 5 AZR 663/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 22.06.2011 - 2 Ca 2007/10 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Entgeltansprüche des Klägers aus beendetem Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 20.04.2009 bis zum 14.09.2010.

Der am 23.10.1973 geborene Kläger war vom 20.04.2009 bis zum 14.09.2010 bei der beklagten Anwaltssozietät als angestellter Rechtsanwalt beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 17.04.2009.

Die Beklagte zu 1) ist eine in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebene Anwaltssozietät, die sich in Liquidation befindet. Bei den Beklagten zu 2) bis 7) handelt es sich um ihre ursprünglichen Gesellschafter und Rechtsanwälte. Mit dem Beklagten zu 3) schloss die Beklagte zu 1) am 25.02.2010 eine Ausscheidensvereinbarung mit Wirkung zum 30.06.2010 (Bl. 547/548 d.A.). Der ursprüngliche Beklagte zu 4) ist am 15.08.2012 verstorben. Sein Erbe oder seine Erben sind bislang nicht bekannt. Die Beklagte zu 1) betrieb mit den Anwälten zu 2), 4) und 5) sowie dem verstorbenen ursprünglichen Beklagten zu 4) ein Büro in H1, mit den beklagten Anwälten zu 3) und 7) ein Büro in W1 und mit dem beklagten Anwalt zu 6) ein Büro in M1. Dieser Standort wurde arbeitsvertraglich als Arbeitsort des Klägers vereinbart, hier war er auch eingesetzt.

Zur Arbeitszeit enthält § 4 die folgende Bestimmung:

"Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden. Eine Festlegung der Verteilung zu leistenden Stunden erfolgt ausdrücklich nicht, vielmehr ist diese durch den Angestellten eigenverantwortlich unter Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse einer sachgerechten Mandatsbearbeitung anzupassen.

Etwaige Überstunden wird der Angestellte durch entsprechende Freizeitnahme ausgleichen. Eine Vergütung für Überstunden wird ausgeschlossen."

Tatsächlich musste der Kläger anfangs täglich 5 Stunden im Büro sein. Nach dem Sachvortrag der Beklagten war er ab Herbst 2009 an 2 1/2 Tagen für die Beklagten tätig, nach dem Sachvortrag des Klägers ab Januar 2010 an 3 Tagen, wobei sich seine Arbeitszeit weiter auf 35 Stunden in der Woche erhöht habe.

Das monatliche Bruttoentgelt des Klägers betrug 1.200,-- €. Arbeitsvertraglich vereinbart ist, dass die Vertragspartner nach sechs Monaten über eine Erhöhung und am Ende eines jeden Kalenderjahres über weitere Erhöhungen verhandeln werden. Neben dem monatlichen Gehalt übernahmen die Beklagten die Zahlung des Pflichtbeitrages für die Rechtsanwaltskammer und schlossen für ihn eine Berufshaftpflichtversicherung ab. Von der Selbstbeteiligung wurde der Kläger im Schadensfall freigestellt. Zu den vom Kläger mitgebrachten Mandaten vereinbarten die Parteien, dass die schon entstandenen Gebühren bei diesem verblieben. Der Jahresurlaub sollte 15 Arbeitstage betragen, für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war nach Ablauf der Probezeit eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. eines jeden Monats oder zum Monatsende vorgesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten des von dem Beklagten zu 6) unterzeichneten Arbeitsvertrages wird auf Bl. 19 - 21 d.A. Bezug genommen.

Sein Studium der Rechtswissenschaften hatte der Kläger mit Bestehen des ersten Staatsexamens im Januar 1999 und der Note "befriedigend" (6.68 Punkte) abgeschlossen. Das Referendariat absolvierte er in der Zeit von April 1999 bis November 2001. Das zweite juristische Staatsexamen legte der Kläger mit einem schwachen "ausreichend" ab.

Bereits ab Januar 1999 und parallel zum Referendariat bis September 2002 war der Kläger als Korrekturassistent im Klausurenkurs bzw. bei Übungen für Fortgeschrittene, als Lehrbeauftragter für Arbeitsgemeinschaften im Verwaltungs- und Schuldrecht sowie als Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Deutsche und Europäische Rechtsgeschichte an der Universität M1 beschäftigt gewesen. Im Zeitraum Oktober 2002 bis September 2003 war er für das Juristische Repetitorium "Jura Intensiv" als Repetitor tätig. In dieser Zeit absolvierte er auch ein viermonatiges Berufspraktikum beim Bundesumweltministerium in B1, betraut mit der Bearbeitung von Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Alpenkonvention und der organisatorischen und verwaltungstechnischen Unterstützung des Deutschen Vorsitzes der Alpenkonferenz.

Ab 01.03.2004 schloss sich eine anwaltliche Tätigkeit in der Anwaltssozietät R1 in B2 an, die mit Ablauf de...

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