Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Zeitzuschläge für Mitarbeiter im Rampendienst. § 7.1 TVöD-F keine Anspruchsgrundlage für Zeitzuschläge. Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung
Leitsatz (redaktionell)
Mangels Anspruchsgrundlage besteht für einen Mitarbeiter im Rampendienst kein Anspruch auf eine monatliche Pauschale für Zeitzuschläge in Höhe von 12 % der Monatsgrundvergütung. Diese ergibt sich weder aus § 7.1 Abs. 3 TVöD-F noch aus dem Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung.
Normenkette
TVöD-F § 7.1 Abs. 3, § 8 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 24.02.2021; Aktenzeichen 9 Ca 3859/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.02.2021 - 9 Ca 3859/20 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zutragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe tariflicher Zeitzuschläge.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 04.05.1992 als Mitarbeiter im Rampendienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13.09.2005 in seiner jeweils gültigen Fassung (fortan: TVöD) aufgrund Verbandsmitgliedschaft der Beklagten und Gewerkschaftsmitgliedschaft des Klägers unmittelbare Anwendung. Der Kläger ist in die Entgeltgruppe E4 eingruppiert.
Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für den Dienstleistungsbereich Flughäfen durchgeschriebenen Fassung vom 07.02.2006 (fortan: TVöD-F) lautet auszugsweise:
" § 7.1 Rampendienst
(1)...
(2)...
(3) Die Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 werden pauschal mit einem Zuschlag von 12 v.H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe nach Maßgabe der Entgelttabelle abgegolten.
§ 8 Ausgleich für Sonderformen der Arbeit
(1) Der/die Beschäftigte erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. Die Zeitzuschläge betragen - auch bei Teilzeitbeschäftigten - je Stunde
a) für Überstunden
- in den Entgeltgruppen 1-9b 30 v.H.
- in den Entgeltgruppen 9C-15 15 v.H.
b) für Nachtarbeit 20 v.H.
c) für Sonntagsarbeit 25 v.H.
d) für Feiertagsarbeit
- ohne Freizeitausgleich 135 v.H
- mit Freizeitausgleich 35 v.H.
e) für Arbeit am 24 Dezember und am 31. Dezember
jeweils ab 6:00 Uhr 35 v.H.
f) für Arbeit an Samstagen von 13:00 Uhr bis 21:00 Uhr,
soweit diese nicht im Rahmen von Wechselschicht-
oder Schichtarbeit anfällt 20 v.H.
des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe. Beim Zusammentreffen von Zeitzuschlägen nach S. 2 Buchst. c) bis f) wird nur der höchste Zuschlag gezahlt.
..."
Vor Einführung des TVöD ergab sich die Zahlung von Zeitzuschlägen aus § 22 des bis zum 30.09.2005 geltenden Bezirksmanteltarifvertrags für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (fortan: BMT-G), der lautete:
(1) Für die in Satz 2 genannten Arbeiten erhält der Arbeiter Zeitzuschläge. Sie betragen je Stunde:
(a) für Arbeit an Sonntagen 30 v.H.
(b) für nichtdienstplanmäßige Sonntagsarbeit,
die keine Überstundenarbeit ist 50 v.H.
(c) für Arbeit an
aa) gesetzlichen Wochenfeiertagen sowie am
Ostersonntag und am Pfingstsonntag
- ohne Freizeitausgleich 135 v.H.
- mit Freizeitausgleich 35 v.H.
bb) gesetzlichen Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen
- ohne Freizeitausgleich 150 v.H..
- mit Freizeitausgleich 50 v.H.
(d) für Arbeit nach 12 Uhr an den Tagen vor Neujahr, vor
Ostersonntag, vor Pfingstsonntag und vor dem ersten
Weihnachtsfeiertag 100 v.H.
(e) für Überstunden und Mehrarbeitsstunden 30 v.H.
(f) für Nachtarbeit 20 v.H.
....
des auf die Arbeitsstunde umgerechneten Monatsgrundlohnes der Stufe 1 der jeweiligen Lohngruppe,
(g) für Arbeit an den Samstagen
In der Zeit von 13 bis 20 Uhr 0,64 Euro
(2) Beim Zusammentreffen mehrerer Zeitzuschläge für eine Arbeitsleistung wird nur der jeweils höchste Zeitzuschlag gezahlt.
Für den Rampendienst enthielt § 5 Satz 1 der Anlage 4 zum BMT-G ("Sondervereinbarung ... für Arbeiter in Flughafenbetrieben") folgende Regelung:
"Die Zeitzuschläge nach § 22 BMT-G werden pauschal mit einem Zuschlag von 12 v.H. des Monatsgrundlohnes der Stufe 1 der jeweiligen Lohngruppe abgegolten (...)"
Der Kläger erhielt bis einschließlich Februar 2020 monatlich einen Zeitzuschlag iHv. 12% des Monatsgrundlohns, zunächst nach der Stufe 1, später nach der Stufe 3. Dies entsprach zuletzt auf der Grundlage des Tabellenentgelts der Entgeltgruppe E4 Stufe 3 (2.663,27 €) einem Betrag in Höhe von 319,59 € brutto. Ab Mitte 2018 kamen der Beklagten Zweifel an dieser Berechnungsmethode. In der Folge kam es vermehrt zu Gesprächen zwischen der Beklagten und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat darüber, ob diese Berechnungsmethode auch nach Einführung des TVöD-F noch zutreffend sei. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass die Beibehaltung der ursprünglichen Berechnungsmethode nach Einführung des TVöD-F zu Unrecht erfolgt sei, da die Zahlung der Zeitarbeitszuschläge nunmehr nicht mehr als Pauschalbetrag iH...