Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung nach LPVG NW bei Befristung durch gerichtlichen Vergleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die wirksame Befristung eines Arbeitsvertrages setzt im Geltungsbereich des LPVG NW voraus, dass das in § 72 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NW geregelte Mitbestimmungsrecht des Personalrates gewahrt ist. Eine vor Erteilung der Zustimmung des Personalrates vereinbarte Befristung ist wegen Verletzung des Mitbestimmungsrechtes unwirksam. Nach § 16 TzBfG gilt der befristete Arbeitsvertrag dann als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

2. Diese Grundsätze sind auch zu beachten, wenn die Befristung in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart wird. Auch dann ist die vorherige Zustimmung des Personalrates Voraussetzung für die Wirksamkeit der Befristung.

3. Da das Recht des Arbeitnehmers, die Unwirksamkeit einer mit ihm vereinbarten Befristung durch eine Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG gerichtlich überprüfen zu lassen, zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht ist, ist ein in den gerichtlichen Vergleich über die Vereinbarung einer Befristung aufgenommener „Verzicht” auf eine „Rüge der Nichtbeteiligung des Personalrates” rechtlich unbeachtlich (a.A. LAG Köln 12.12.2005 – 2 Sa 1054/05 – n.rkr. Az. BAG 7 AZR 287/06)

 

Normenkette

TzBfG §§ 16-17, 22; LPVG NW §§ 66, 72

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 27.06.2006; Aktenzeichen 4 Ca 712/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.06.2008; Aktenzeichen 7 AZR 214/07)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 27.06.2006 – 4 Ca 712/06 – wird abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder mit Ablauf des 22.03.2006 noch mit Ablauf des 28.03.2006 noch mit Ablauf des 31.03.2006 beendet worden ist.

Das beklagte L3xx wird verurteilt, die Klägerin als angestellte Lehrkraft mit voller Pflichtstundenzahl über den 22.03.2006 bzw. 28.03.2006 bzw. 31.03.2006 weiter zu beschäftigen.

Das beklagte L3xx trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten mit der am 11.04.2006 erhobenen Klage über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses kraft Befristung zu Ende März 2006.

Die 1954 geborene Klägerin schloss ein Studium mit der Magisterprüfung ab. Die Magisterprüfung wurde durch das beklagte L3xx als Erste Staatsprüfung für das Lehramt der Sekundarstufe I in den Fächern Englisch und Spanisch anerkannt. Die Klägerin wurde im September 2003 als sogenannte Seiteneinsteigerin/Quereinsteigerin befristet in den Schuldienst des beklagten L4xxxx eingestellt. Berufsbegleitend nahm sie an einem Vorbereitungsdienst teil. Die Befristung erfolgte zum Zwecke der Erprobung. Vereinbart war eine Befristung bis zur Beendigung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses, längstens bis zum 14.09.2005. Am 07.07.2005 bestand die Klägerin die Zweite Staatsprüfung. Der Klägerin wurde mitgeteilt, dass ihr Arbeitsverhältnis nunmehr nach Ablauf der Auslauffrist ende. Gegen eine solche Beendigung des Arbeitsverhältnisses kraft Befristung hat die Klägerin am 11.07.2005 Klage zum Arbeitsgericht Hamm erhoben (4 Ca 1422/05). In dem daraufhin anberaumten Gütetermin haben die Parteien am 18.08.2005 vor dem Arbeitsgericht Hamm einen Prozessvergleich nachstehenden Inhaltes abgeschlossen (Bl. 18, 19 GA):

  1. „Die Parteien sind sich darüber einig, dass das streitbefangene Arbeitsverhältnis kraft wirksamer Befristung mit dem 14.09.2005 enden wird.
  2. Durch den heutigen gerichtlichen Vergleich vereinbaren die Parteien ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis beginnend mit dem 15.09.2005 zu den Bedingungen des Arbeitsverhältnisses, das am 14.09.2005 geendet hat, längstens bis zum 31.03.2006.

    Dieses Arbeitsverhältnis endet jedoch vor dem 31.03.2006, wenn die Klägerin vor dem 31.03.2006 an der Wiederholungsprüfung zur Erlangung des zweiten Staatsexamens teilnimmt. In diesem Fall endet das Arbeitsverhältnis mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, sofern diese vor dem 31.03.2006 erfolgt.

  3. Die dienstliche Beurteilung vom 15.07.2005 wird aufgehoben. Sie wird nicht zur Personalakte genommen. Soweit sie sich bereits bei der Personalakte befindet, wird sie aus dieser entfernt.
  4. Die Klägerin wird ihren Dienst zunächst wiederum an der C1xxxxxxxx in H1xx antreten. Das beklagte L3xx wird jedoch wohlwollend einen Einsatz an einer anderen Hauptschule prüfen, der so schnell wie möglich erfolgen soll.
  5. Im neuen Arbeitsverhältnis findet § 5 des Arbeitsvertrages vom 06.08.203 keine Anwendung.
  6. Die Klägerin erklärte, sie verzichte auf ihr Recht zur Rüge der Nichtbeteiligung des Personalrates bei Abschluss des heutigen befristeten Arbeitsvertrages.
  7. Durch diesen Vergleich ist erledigt der vorliegende Rechtsstreit 4 Ca 1422/05 sowie das ebenfalls zwischen den Parteien anhängige Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Weiterbeschäftigung.”

Das beklagte L3xx wandte sich noch am 18.08.2005 an den Personalrat für Lehrer an Grund- und Hauptschulen wegen der Beteiligung des Personalrates zur „Begründung eines weiteren Arbeitsverhältnisses aufgrund eine...

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