Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines von der Arbeitgeberin vorformulierten Arbeitsvertrages, der auf den „KR-Tarifvertrag Bund/Land” verweist
Leitsatz (redaktionell)
Die arbeitsvertragliche Vereinbarung der „Anlehnung” der Vergütung für Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis an den „BAT / Bund / Land” kann als kleine dynamische Verweisungsklausel auf die Regelungen des TVöD ausgelegt werden.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 305 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 12.11.2008; Aktenzeichen 5 Ca 1525/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 12.11.2008 – 5 Ca 1525/08 – abgeändert. Der Tenor wird zur Klarstellung wie folgt gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.254,21 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz auf 1.036,14 EUR brutto ab dem 08.07.2008 zu zahlen und auf weitere 218,07 EUR brutto ab dem 30.09.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte zu 7/10 und die Klägerin zu 3/10.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der nicht tarifgebundenen Beklagten, die Vergütung der Klägerin entsprechend den Tarifabschlüssen des öffentlichen Dienstes im kommunalen Bereich ab 2006 zu erhöhen.
Die am 27.07.1958 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 01.07.1995 in der Alten- und Pflegeeinrichtung „Haus B4” in B3 zunächst als Helferin in der Pflege, später als Altenpflegegerin beschäftigt.
Sie schloss unter dem 01.07.1995 einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem C2 S3 (C4) Gemeinnützige Krankenhausbetriebsgesellschaft in D2. Das C2 S3 verstand sich als freie, christlich-soziale, diakonisch-caritativ tätige Privatinitiative und war Mitglied im Deutschen paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV). Im Formulararbeitsvertrag der Parteien ist unter Ziffer 4 angekreuzt:
„Die Vergütung für Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis erfolgt in Anlehnung BAT / Bund / Land.
Sie besteht aus Grundvergütung, Ortszuschlag und einer allgemeinen Zulage
…
Die Berechnung der Grundvergütung erfolgt unter Zugrundelegung der zutreffenden Vergütungsgruppe und der entsprechenden Lebensaltersstufe gemäß § 27 des KR-Tarifvertrages BAT/Bund/Land.
4.1. Der/die MitarbeiterIn wird in die Vergütungsgruppe eingestuft. |
KR II / Stufe 8 |
Letzte Lebensaltersstufenerhöhung |
01.07.1996. |
Die Grundvergütung beläuft sich demnach auf |
DM 2390,82 |
zuzüglich Ortszuschlag Stufe 1 |
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(mit ./… kindergeldberechtigten Kinder) |
DM 800,21 |
Allgemeine Zulage |
DM 153,84 |
Vergütung |
DM 3423,87 |
… |
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4.2 Frau/Herr |
K5 |
erhält zusätzlich zu der unter Ziffer 4.1 aufgeführten Vergütung folgende Zulagen in Anlehnung an denBAT/Bund/Land/ AVR |
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Schichtzulage |
DM 90,00 |
Somit beträgt die Gesamtvergütung |
DM 3524,87 |
Es werden vermögenswirksame Leistungen i. S. des Vermögensbildungsgesetztes in Höhe von DM 13,00 gewährt.
Die Grundvergütung erhöht sich nach je zwei Jahren um den Steigerungsbetrag.
…
4.3 Die künftigen für den öffentlichen Dienst ausgehaltenen Lohn- und Vergütungserhöhungen im Bereich der Grundvergütung, Ortszuschlag und der Allgemeinen Zulage werden übernommen.
…
11. Besondere Vereinbarungen haben nur Gültigkeit, wenn sie als Nachtrag zu diesem Vertrag schriftlich vereinbart werden.
Anhang 1 (Gewährung von Weihnachtszuwendungen) und Anhang 2 (Gewährung von Urlaubsgeld) sind feste Bestandteile dieses Arbeitsvertrages
…”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung dieses Vertrages (Bl. 16 ff.) nebst dessen Anlage 1 (Ablichtung Bl. 25 d. A.) und der Anlage 2 (Ablichtung Bl. 22 d. A.) verwiesen. Die im Arbeitsvertrag als weitere Anlagen angesprochenen Anhänge 3 und 4 sind von den Parteien nicht in Ablichtung vorgelegt worden. Der Anhang 3 bezieht sich dem Vernehmen nach auf Schichtzuschläge. Über den Inhalt des Anhangs 4 konnten die Parteien keine Angaben machen.
1999 absolvierte die Klägerin ihre Prüfung zur Altenpflegerin. Hierzu gratulierte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 28.05.1999 (Ablichtung Bl. 24 d. A.) und gruppierte sie mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag unter der Überschrift „Änderungs-/ Ergänzungsmitteilung” aufgrund der bestandenen Prüfung mit Wirkung vom 01.06.1999 in die Vergütungsgruppe BAT/KR IV Stufe 9 ein (Ablichtung Bl. 23 d. A.).
Zum 01.06.2002 wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe KR V Fallgruppe 21 Stufe 9 eingruppiert (so Abrechnung 9/05, Ablichtung Bl. 167 d. A.).
In der Folgezeit ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin zunächst auf die Firma M2 über. Auch die Firma M2 schloss mit den neu eingestellten Arbeitnehmern ähnliche Arbeitsverträge wie das C2 S3 ab.
Ca. 2005 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin ohne eine gesonderte Mitteilung auf die Beklagte über. Auch die Beklagte vereinbarte mit neu eingestellten Arbeitnehmern ursprünglich noch eine Vergütung „in Anlehnung” an den BAT. Seit ca. 2 Jahren wird das neu eingestellte Personal in der Altenpflegeeinrichtung „Haus B4” über eine gesonderte verbundene Serv...