Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliches Zusatzgeld gemäß TV Metall- und Elektroindustrie NRW. Einbeziehung von Einmalzahlungen aus dem TV T-ZUG
Leitsatz (redaktionell)
Wortlaut, Regelungszweck und die beidseitigen Interessenlagen dienen als Merkmale für die Auslegung einer Zusatzvereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingung.
Normenkette
BGB § 315; BetrVG § 77 Abs. 3; TV T-ZUG
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 26.11.2019; Aktenzeichen 1 Ca 1090/19) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 26.11.2019 - 1 Ca 1090/19 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Kläger aufgrund vertraglicher Vereinbarung einen Anspruch auf das tarifliche Zusatzgeld nach dem Tarifvertrag Tarifliches Zusatzgeld für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (TV T-ZUG) hat.
Der Kläger steht bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 01.03.1994 als Operator Biegetechnik in einem Arbeitsverhältnis, in dem er zuletzt ein Bruttogehalt in Höhe von 4.067,15 € (Grundgehalt 3.516,99 €, Leistungszulage 523,57 €) erzielte. Die Parteien sind nicht beiderseits tarifgebunden. Auch der Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1994 enthält keine tarifliche Bezugnahmeklausel. Die Vergütung des Klägers richtet sich nach einem betrieblichen Entgeltabkommen.
Im Frühjahr 2010 befand sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten in einer wirtschaftlich schwierigen Situation. Deswegen wurde zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat eine Vereinbarung geschlossen, die ein Konzept über Sanierungsbeiträge der Belegschaft für die Jahre 2010 bis 2013 enthielt. Diese sahen im Wesentlichen unbezahlte Arbeitsstunden sowie die Kürzung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld vor. Als Gegenleistung waren vereinbart ein Zustimmungserfordernis des Betriebsrates bei betriebsbedingten Kündigungen und eine Sozialplanpflicht, ab 2013 ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld vom monatlichen Bruttoentgelt, sowie ab 2013 die Anbindung an die Entgeltentwicklung der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens ("gemeint sind die prozentualen Erhöhungen sowie ggfs. vereinbarte Einmalzahlungen)".
Im Mai 2010 schloss die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Kläger und den weiteren Mitarbeitern eine "Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag". In dieser waren die Sanierungsbeiträge des Klägers und die Vergütung ab 2013 geregelt. In § 1 heißt es am Ende weiter:
"Ab 2013 erhält der Arbeitnehmer die prozentualen Erhöhungssätze sowie eventuell vereinbarte Einmalzahlungen entsprechend den Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen".
Im Rahmen der Tarifrunde 2018 schlossen der Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens e. V. und die IG Metall Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen am 14.02.2018 ein neues ERA-Entgeltabkommen ab. Dieses sah bis zum 31. März 2018 keine Tariferhöhungen vor. Ab März 2018 war statt einer Tabellenerhöhung ein Pauschalbetrag in Höhe von 100,- € brutto vereinbart. Ab April 2018 wurde das Monatsgrundentgelt um 4,3 % erhöht. Am gleichen Tage schlossen die Parteien den TV T-ZUG ab. Das Zusatzgeld besteht aus zwei Varianten. Das T-ZUG (A) beträgt 27,5% des monatlichen regelmäßigen Arbeitsentgelts. Das T-ZUG (B) beläuft sich im Jahre 2019 auf 400,- €. Ab dem Jahr 2020 beläuft es sich auf 12,3 % des jeweils gültigen Grundentgelts der Entgeltgruppe 8. Fällig wird das T-ZUG als Einmalzahlung mit der Abrechnung für den Monat Juli eines Kalenderjahres. Im Hinblick auf das T-ZUG (A) können gem. § 3 TV T-ZUG bestimmte Beschäftigte nach § 3d EMTV (jetzt § 25 EMTV) statt des Geldes auch eine tarifliche Freistellungszeit in Anspruch nehmen. Im Hinblick auf das T-ZUG (B) kann mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien die Zahlung herausgeschoben oder eine andere wertgleiche Verteilung der Komponente vereinbart werden. Im Rahmen seiner Veröffentlichungen zum Tarifabschluss 2018 hat der Arbeitgeberverband Gesamtmetall wie folgt formuliert:
"Statt einer normalen Tabellenerhöhung gibt es ab 2019 zwei neue tarifliche Sonderzahlungen, die jährlich zum 31.07. - bei zulässiger Verschiebung spätestens zum 30.09. - an die Beschäftigten gezahlt werden.
Der Tarifabschluss 2018
...
Der Tarifvertrag beginnt am 01.01.2018 und endet am 31.03.2020 und sieht insgesamt vier Bausteine beim Entgelt vor:
- Für März 2018 ist ein Pauschalbetrag von 100,- € für alle Mitarbeiter vereinbart.
- Zum 01.04.2018 steigen die Entgelte und Ausbildungsvergütungen um 4,3 %.
- Ab 2019 gibt es jeden Jahr im Juli zwei Sonderzahlungen, das T-ZUG (A) mit 27,5% des individuellen Monatsentgelt und das T-ZUG (B) mit weiteren 400,- € für 2019 sowie in den folgenden Jahren 12,3 % des Grundentgelts einer definierten Entgeltgruppe (frühere Ecklohngruppe)
- ..."
Entsprechend hat auch die IG-Metall den TV T-ZUG eingeordnet.
Bei der beim Arbeitsgericht erhobenen Klage macht der Kläger die Leistung nach den TV T-ZUG in der unstreitigen Höhe von 1.511,15 € brutto n...