Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umwandlung einer fristlosen in eine fristgemäße Kündigung. Fortsetzungsanspruch bei Betriebsübergang in der Insolvenz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einer Pflichtverletzung im Vertrauensbereich ist in aller Regel eine vorherige Abmahnung des Arbeitnehmers entbehrlich. Es kann aber im Einzelfall nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausnahmsweise auch bei außerordentlichen Kündigungen eine vorherige Abmahnung erforderlich sein.

2. Ein Betriebsübergang in der Insolvenz hat auch den Übergang verhaltensbedingt gekündigter Arbeitsverhältnisse zur Folge. Der übergegangene Arbeitnehmer hat daher grundsätzlich auch einen Beschäftigungsanspruch gegen den Betriebsübernehmer.

 

Normenkette

BGB §§ 140, 626 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2; BGB §§ 611, 613a Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Urteil vom 19.05.2005; Aktenzeichen 3 Ca 1413/04)

 

Tenor

Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt/Gerichtstag Ahaus vom 19.05.2005 – 3 Ca 1413/04 – werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verpflichtung der Beklagten zu 2) zur Weiterbeschäftigung des Klägers gemäß Ziffer 2 des erstinstanzlichen Urteils erst ab 15.12.2005 besteht.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/5 und die beiden Beklagten zu je 2/5 zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes beträgt unverändert 10.500,00 EUR.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen, hilfsweise ordentlichen fristgerechten Kündigung sowie über die Verpflichtung der Beklagten zu 2) zur Weiterbeschäftigung infolge des Übergangs des Arbeitsverhältnisses des Klägers.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 01.10.2004 ist über das Vermögen der im Handelsregister des Amtsgerichts Coesfeld unter HRB 4138 (vormals Amtsgericht Ahaus HRB 490) eingetragenen S4xxxxxx GmbH (Insolvenzschuldnerin) aus S2xxxxxxx das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zum Insolvenzverwalter ist der Beklagte zu 1) bestellt worden. Die Beklagte zu 2) führte Teile des insolventen Unternehmens fort.

Der am 01.05.1950 geborene, verheiratete Kläger, welcher zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, war bei der Insolvenzschuldnerin seit dem 12.05.1986 zu einem durchschnittlichen Entgelt von zuletzt 2.100,00 EUR beschäftigt.

Mit Schreiben vom 24.05.2004 kündigte die Insolvenzschuldnerin das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht. Zur Begründung heißt es in dem Kündigungsschreiben:

„Seit dem 26.04.2004 wurden Sie von uns bei der Fa. S8xxxx Maschinenbau in V2xxxx als Schweißer eingesetzt.

Unser Herr G1xxxxx gab vor, die geleisteten Stunden direkt bei der Fa. S8xxxx zu notieren. Als die Lohnabrechnung für den Monat April 2004 erstellt werden sollte, fehlte Ihre Aufzeichnung der Stunden für die 18. KW 2004.

Am 11.05.2004 wurde von Ihnen Ihr handgeschriebener Stundennachweis für die 18. KW 2004 nachgereicht.

Von der Fa. S8xxxx bekamen wir am 12.05.2004 eine Kopie Ihrer dortigen Stempelkarte und mussten mit Entsetzen feststellen, dass die von Ihnen am 11.05.2004 abgegebenen Zeiten nicht mit diesem Nachweis übereinstimmten.

Sie haben vorsätzlich einen falschen Stundennachweis abgegeben, somit ist der Tatbestand des Betruges gegeben.

Aus vorgenanntem Grund sehen wir uns außerstande, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

Wir erteilen Ihnen mit sofortiger Wirkung ein Verbot zum Betreten unseres Firmengeländes.

Nach Erhalt der Kündigung haben Sie sich umgehend beim Arbeitsamt zu melden.”

Hiergegen hat der Kläger sich mit seiner am 28.05.2004 per Telefax eingegangenen Klage zur Wehr gesetzt und für den Fall des Obsiegens seine Weiterbeschäftigung als Schweißer geltend gemacht. Nach der Insolvenzeröffnung am 01.10.2004 haben die Parteien zunächst außergerichtlich verhandelt. Mit dem am 12.01.2005 per Telefax bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger das Verfahren gegen den Beklagten zu 1) aufgenommen und gleichzeitig die Beklagte zu 2) auf Feststellung des Überganges seines Arbeitsverhältnisses sowie für den Fall des Obsiegens auf Weiterbeschäftigung in Anspruch genommen.

Der Kläger hat das Vorliegen eines Kündigungsgrundes sowohl für die außerordentliche fristlose als auch für die hilfsweise ordentliche fristgerechte Kündigung in Abrede gestellt und die Beklagte zu 2) als verpflichtet angesehen, ihn weiterzubeschäftigen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung der beklagten Partei vom 24.05.2004 zum 24.05.2004 beendet wird,
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 24.05.2004 beendet wird,
  3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der klägerischen Partei spätestens seit dem 01.08.2004 auf die beklagte Partei zu 2) übergegangen ist und mit dieser zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht,

    hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der klägerischen Partei jedenfalls seit dem 01.10.2004 auf die...

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