Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung. Internet, E-Mail, Privatnutzung. Entzug Dienstfahrzeug
Leitsatz (amtlich)
Die einmalige Weitergabe einer dienstlich erhaltenen E-Mail an das eigene private E-Mail-Fach eines Arbeitnehmers stellt für sich gesehen keinen Grund für den Aus-spruch einer außerordentlichen Kündigung dar
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 30.06.2011; Aktenzeichen 3 Ca 5643/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 30.06.2011 – Az.: 3 Ca 5643/10 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen, wobei das Urteil insoweit für wirkungslos erklärt wird, als die Beklagte verurteilt worden ist, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungen vom 30.11.2010 und 14.12.2010 zu unveränderten Bedingungen als M1 D7 weiter zu beschäftigen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtwirksamkeit einer betriebsbedingten und sodann nachfolgenden außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie um damit im Zusammenhang stehende Ansprüche des Klägers.
Der am 11.06.1967 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.03.2010 als „M1 D7” auf der Basis eines Bruttomonatsverdienstes von 7.500 EUR nebst einer Bonuszahlung in Höhe von 30.000 EUR im Geschäftsjahr tätig. Ferner erhielt der Kläger ein Dienstfahrzeug, das er auch zu privaten Zwecken nutzen konnte. Der steuerwerte Vorteil dafür belief sich während der Monate März bis Dezember 2011 auf durchschnittlich 307,30 EUR. Die Beklagte entwickelt Computer-Software und stellt sie her. Im Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigungen beschäftigte die Beklagte jedenfalls mehr als 10 Arbeitnehmer.
Unter Ziff. 4 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien, wegen dessen näheren Inhalts auf Bl. 9 bis 18 d. A. Bezug genommen wird, hielten die Parteien fest, dass eine Privatnutzung der Telekommunikations-, Internet- und E-Mail-Einrichtungen ausgeschlossen sei. Außerdem wurde festgehalten, dass der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sicherzustellen und Daten vertraulich zu behandeln seien. In Ergänzung zum Arbeitsvertrag schlossen die Parteien unter dem 03.02.2010 eine weitere Vereinbarung ab, in der sich der Kläger zur Verschwiegenheit verpflichtete und auf seine Verantwortung im Hinblick auf streng vertrauliche Daten hingewiesen wurde. Weiter wurde in dieser Vereinbarung, wegen deren näheren Inhalts auf Bl. 100 d.A. verwiesen wird, festgehalten, dass ein Verstoß gegen die besondere Verpflichtung zur Verschwiegenheit die Arbeitgeberin berechtige, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen.
Der ehemalige Geschäftsführer P1 der Beklagten führte mit dem Kläger Ende November 2010 ein Gespräch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betriebsbedingten Gründen. Am 30.11.2010 stellte die Beklagte den Kläger von der Verpflichtung frei, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Mit Schreiben gleichen Datums sprach die Beklagte eine betriebsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2011 aus. Noch am selben Tag überprüfte die Beklagte den E-Mail-Account des Klägers. Sie stellte fest, dass der Kläger sämtliche E-Mails gelöscht hatte. Am 03.12.2010 ließ die Beklagte die gelöschten E-Mails wieder herstellen. Dabei bemerkte sie, dass der Kläger am 29.11.2010 von seinem dienstlichen E-Mail-Account eine E-Mail vom 25.11.2010 an seine private E-Mail-Adresse weitergeleitet hatte. Die E-Mail stammte vom „C1 O1 O2” A1 der Muttergesellschaft in R3, war an ihren ehemaligen Geschäftsführer P1 gerichtet und enthielt die dienstliche E-Mail-Adresse des Klägers sowie zweier weiterer Mitarbeiter der Beklagten „Cc”. Der Inhalt lautete wir folgt:
„Hi H3,
I postpone the meeting with the strategies. Wrt to Budget, we just finalized them yesterday.
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Consumer |
Business |
2010f |
2011 |
YoY |
2010f |
2011 |
YoY |
DACH (EUR) 2,158 2,548 18.0% 989 2,000 102.2%
On the business side, I'm based on the number of heads you have, and because I'm assuming Uwe's impact won't be inmedeate. However, you may need to cut that team down by 1, or come up with additional revenue, as the rev/head numbers do not add up.
Saludos
Charles”
Sämtliche E-Mails, die der Kläger dienstlich erhielt, wurden auf Veranlassung der Beklagten auf das private Mobiltelefon des Klägers repliziert.
Mit Schreiben vom 30.11.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 28.02.2011, mit einem weiteren Schreiben vom 14.12.2010 sprach die Beklagte eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus.
Der Kläger, der bestritten hat, dass die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten worden sei, hat behauptet, das Gespräch zwischen ihm und dem ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten habe nicht bereits am 25.11.2010 stattgefunden, sondern am 29.11.2010. Der ehemalige Geschäftsführer P1 habe ihn im Zusammenhang mit dem Ausspruch der Kündigung aufgefordert, seinen dienstlichen Laptop ...