Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge
Leitsatz (amtlich)
Wird in einem Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1968 ohne deren konkrete Bezeichnung auf die „für uns gültige tarifliche Regelung” Bezug genommen, so wird hiervon ein Firmentarifvertrag erfasst. Sieht dieser nach der Verselbständigung des Vertriebs die Anwendung anderer Verbandstarife als der bisher geltenden vor (hier: Kraftfahrzeuggewerbe statt Metallindustrie) so tritt der Tarifwechsel jedenfalls auf der Grundlage des Firmentarifvertrages ein.
Normenkette
TVG § 3 Abs. 1; BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 07.04.2005; Aktenzeichen 1 Ca 145/05) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 07.04.2005 – 1 Ca 145/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, welche Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.
Der Kläger ist seit dem 01.04.1968 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er wurde als Werkstattleiter eingestellt, besetzt jetzt aber die Position eines Innendienstkaufmanns. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem dem Kläger im Einstellungsschreiben vom 29.03.1968 durch die M5xxxxxxxxxxxxx A1xxxxxx-N2xxxxxx A3, Werk M4xxxxx, unterbreiteten Angebot (Bl. 9/9 R d.A.). Dieses enthält die folgende Regelung:
„Wir stellen Sie aufgrund unserer Arbeitsordnung und der für uns gültigen tariflichen Regelung ab 1. April 1968 an.”
Im Übrigen ist hinsichtlich des Gehalts bestimmt, dass der Kläger ein am Ende jeden Kalendermonats zahlbares Bruttogehalt auf Basis der jeweils gültigen tariflichen Wochenarbeitszeit nach Tarifgruppe K II zuzüglich einer freiwilligen, widerruflichen Zulage erhält. Im Zusammenhang mit der Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle ist u.a. auf tarifliche Bestimmungen hingewiesen worden. Angewandt wurden im Folgenden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie.
Der Kläger ist kein Gewerkschaftsmitglied.
Mit Schreiben vom 31.03.2003 (Bl. 10 – 11 d.A.) teilte die damalige Arbeitgeberin der Beklagten, die M2x N4xxxxxxxxxxx AG mit Sitz in M4xxxxx, dem Kläger mit, dass der Geschäftsbereich Vertrieb rechtlich verselbstständig werden solle und die Tarifverträge des Handwerks künftig zur Anwendung kommen sollten. Am 06.05.2003 wurde die neu gegründete Beklagte in das Handelsregister eingetragen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nicht. Die metallindustriellen Tarifverträge galten zunächst unverändert fort.
Unter dem 01.04.2004 schlossen die Beklagte und die IG Metall einen sogenannten Überleitungsvertrag (Bl. 32 – 34 d.A.). In diesem heißt es:
„…
Durch die Überleitung der Arbeitsverhältnisse aus dem Geltungsbereich der regionalen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in den Geltungsbereich der regionalen Tarifverträge des Kraftfahrzeuggewerbes gelten die Tarifverträge des Kraftfahrzeuggewerbes ab 01.01.2004.
Zielsetzung dieser Überleitungsvereinbarung ist es, vor dem Hintergrund unterschiedlicher Tarifregelungen eine tarifkonforme, verbindliche Ausgangsbasis für die Überleitung der Arbeitsverträge der Tarifmitarbeiter zu definieren.
…”
In Nr. 1 ist sodann geregelt, dass die bisherige Vergütung unter Zugrundelegung der tariflichen Arbeitszeit des regionalen Manteltarifvertrags des Kfz-Gewerbes für Gewerbliche im Zeit- und Prämienlohn (leistungsabhängig) und Angestellte fortgeführt wird. Als Vergütungsbestandteile sind aufgeführt das Tarifentgelt gemäß Eingruppierung Kfz-Gewerbe sowie ggf. die tarifliche Leistungszulage, die freiwillige Leistungszulage, die individuelle Leistungsprämie, ein Ausgleichsbetrag (Geld für Stunden) und ein Anrechnungsbetrag. Nr. 4 bestimmt u.a., dass künftige Tariferhöhungen auf die Vergütungsbestandteile „Freiwillige Leistungszulage” sowie „Anrechnungsbetrag” angerechnet werden. Unter 6.1 ist vorgesehen, dass die Arbeitszeit ab dem 01.01.2004 den Regelungen des regionalen Manteltarifvertrags für das Kfz-Gewerbe angepasst wird. Die Laufzeit des Tarifvertrags ist in Nr. 9 bis zum 31.12.2005 ohne Nachwirkung festgelegt. Zum weiteren Inhalt des Überleitungstarifvertrags im Einzelnen wird auf Bl. 32 – 34 d.A. verwiesen. Unter dem 14.12.2005 vereinbarten die Beklagten und die IG Metall die Verlängerung der Laufzeit dieses Tarifvertrags bis zum 31.05.2006. Eine darüber hinausgehende Nachwirkung wurde ausgeschlossen. Zwischen der Beklagten und der IG Metall finden Verhandlungen um einen neuen Firmentarifvertrag statt.
Die Niederlassung P3xxxxxxx ist eine von vielen Niederlassungen, die die Beklagte deutschlandweit betreibt. Sie befasst sich mit dem Vertrieb und der Wartung von Lastkraftwagen und erbringt die dazugehörigen Dienstleistungen. Seit dem 02.01.2005 ist die Beklagte Mitglied des Arbeitgeberverbandes für die Gebiete P3xxxxxxx, B2xxx, W2xxxxx und H2xxxx e.V., jedoch nicht in der Fachgruppe Metall, bei der es sich um einen eigenständigen Verband handelt, der seinersei...