Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung von Ausbildungskosten. AGB-Inhaltskontrolle
Leitsatz (redaktionell)
1. Rückzahlungsverpflichtungen für vom Arbeitgeber verauslagte Aus- und Fortbildungskosten benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen.
2. Eine Rückzahlungsklausel muss nicht alle denkbaren Fälle einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses benennen, sondern es genügt, wenn sie in einer typisierten Form zwischen Beendigungstatbeständen, die in der Sphäre des Arbeitnehmers einerseits und in der Sphäre des Arbeitgebers andererseits wurzeln, unterscheidet.
3. Bei einer Ausbildungsdauer von mehr als vier Monaten ist eine zweijährige Bindungsfrist nicht zu beanstanden.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Urteil vom 19.06.2008; Aktenzeichen 3 Ca 608/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 19.06.2008 – 3 Ca 608/07 – abgeändert.
Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts Detmold vom 14.02.2008 wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.500,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB aus dieser Summe seit dem 22.11.2006 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen mit Ausnahme der durch die Säumnis der Klägerin am 14.02.2008 entstandenen Kosten. Diese Kosten trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung von Ausbildungskosten in Höhe von 7.500,00 EUR.
Der Beklagte war bei der Klägerin, die einen örtlichen Zugverkehr betreibt, seit dem 01.08.2003 als Mitarbeiter im Service tätig.
Der Beklagte absolvierte nach vorangegangener Bewerbung ab 04.10.2005 eine von der Klägerin finanzierte Ausbildung zum Triebwagenführer. Die Parteien schlossen darüber eine Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung, die vom 31.01.2006 datiert und in der es auszugsweise wie folgt heißt:
„1. Der Mitarbeiter wird in der Zeit vom 04.10.2005 bis vsl. 10.02.2006 an der Ausbildung für Triebfahrzeugführer teilnehmen. Die Ausbildung gilt als beendet, wenn der Mitarbeiter alle Prüfungen erfolgreich bestanden hat und die Gesellschaft auf Basis dieser Prüfungsergebnisse den Einsatz als Triebfahrzeugführer erlaubt. … Die Teilnahme an dieser Ausbildung erfolgt nach übereinstimmender Auffassung der Gesellschaft und des Mitarbeiters im Interesse seiner beruflichen und fachlichen Fort- und Weiterbildung. …
4. Die Gesellschaft übernimmt für den Mitarbeiter die Kosten der Ausbildung. Dazu gehören neben den unter Nr. 2 genannten Kosten der Freistellung insbesondere Unterrichtsgebühren, der Aufwand der praktischen Ausbildung, Prüfungsgebühren, Übernachtungskosten sowie Reisekosten entsprechend der Reisekostenordnung der Gesellschaft.
5. Kündigt der Mitarbeiter entweder vor Beendigung der Ausbildung oder vor Ablauf von 2 Jahren nach deren Beendigung … oder wird seitens der Gesellschaft gegenüber dem Mitarbeiter eine Kündigung aus Gründen, die in der Person bzw. dem Verhalten des Mitarbeiters liegen, ausgesprochen, so ist der Mitarbeiter verpflichtet, sämtliche Aufwendungen und Kosten, die der Gesellschaft durch die Ausbildungsteilnahme entstanden sind, zurückzuzahlen. Als Höchstsumme wird ein Betrag von 7.500,00 EUR festgelegt.
Die Rückzahlungsverpflichtung staffelt sich wie folgt: Bei Kündigung
- während der Ausbildung oder vor Ablauf des Jahres nach Beendigung sind 100 %
- nach Ablauf eines Jahres seit Beendigung der Ausbildung, jedoch vor Ablauf von 18 Monaten sind 50 %
- nach Ablauf von 18 Monaten seit Beendigung der Ausbildung, aber vor Ablauf von 2 Jahren sind 25 %
der angefallenen Kosten und Aufwendungen für die Ausbildung zurück zu erstatten.”
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vereinbarung (Blatt 30 und 31 d. A.) Bezug genommen.
Der Beklagte absolvierte die Prüfung am 12.03.2006. Aufgrund eines Vorfalls im April 2006 wurde der Eisenbahnführerschein des Beklagten eingezogen. Er durfte nicht mehr als Triebwagenführer eingesetzt werden und war deshalb wieder im Servicebereich tätig. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2006.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte müsse aufgrund seiner Kündigung ihr die außergerichtlich vergeblich geltend gemachten Ausbildungskosten in Höhe von 7.500,00 EUR nebst Zinsen erstatten.
Der Beklagte meint, die Rückzahlungsvereinbarung sei unwirksam. Sie halte einer AGB-Kontrolle nicht stand.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 19.06.2008 sein klageabweisendes Versäumnisurteil vom 14.02.2008 aufrecht erhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rückzahlungsklausel sei zu weit gefasst, halte dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht stand und benachteilige den Beklagten gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen. Die Rückzahlungsklausel differenziere nämlich nicht nach den möglic...