Entscheidungsstichwort (Thema)
AGB-Kontrolle einer Pauschalisierungsabrede bei Überstunden. Überstundenvergütung. Pauschalierung
Leitsatz (amtlich)
Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, wonach erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit der monatlichen Vergütung abgegolten sind, ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam (im Anschluss an LAG Hamm vom 11.07.2007 – 6 Sa 410/07).
Normenkette
BGB § 305 Abs. 1, § 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 27.06.2008; Aktenzeichen 4 Ca 673/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 27.06.2008 4 Ca 673/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.12.2004 aufgrund eines zunächst befristeten Arbeitsvertrages als technischer Angestellter gegen eine monatliche Vergütung von zuletzt 3.000,00 EUR tätig. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis am 03.01.2007 zum 31.03.2007.
Mit der vorliegenden am 13.11.2007 eingegangenen Klage macht der Kläger restliche Vergütungsansprüche geltend. In der Berufungsinstanz streiten die Parteien nur noch darüber, ob dem Kläger Vergütung für 102 Überstunden in rechnerisch unstreitiger Höhe von 1.565,70 EUR zusteht. Die Beklagte hält einen Anspruch des Klägers für nicht gegeben, weil im Arbeitsvertrag folgendes vereinbart worden ist:
„§ 3
Für seine Tätigkeit erhält der Arbeitnehmer ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von Euro 2.500,00.
Nach sechs Monaten erhält der Arbeitnehmer ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von Euro 3.000,00.
Das Bruttogehalt bezieht sich auf jeweils 45 Arbeitsstunden wöchentlich. Davon sind 38 Normalstunden und 7 Mehrarbeitsstunden. Die Mehrarbeitsstunden können im Falle betrieblicher Erfordernisse ganz oder teilweise abgebaut und verrechnet werden.
Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten.”
Die vereinbarten sieben Mehrarbeitsstunden beziehen sich auf das im Arbeitsvertrag vereinbarte Schichtsystem mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden, die in 38 Normalstunden und 7 Mehrarbeitsstunden aufgeteilt wird.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 27.06.2008 zur Zahlung von 1.565,70 EUR brutto nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es der Beklagten zu 72 % und dem Kläger zu 28 % auferlegt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger könne gemäß den §§ 611, 612 BGB die Vergütung der auf seinem Arbeitszeitkonto bei seinem Ausscheiden befindlichen 102 Plusstunden beanspruchen. § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrages stehe dem nicht entgegen, weil es sich dabei um eine vorformulierte Arbeitsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handele, die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 3 BGB unwirksam sei, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Der Umfang der mit abgegoltenen Überarbeit werde weder konkretisiert noch begrenzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung will die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt sie vor, es sei bereits in Frage zu stellen, ob es sich bei Klausel über die Abgeltung von Überstunden überhaupt um eine kontrollfähige Nebenleistungspflicht i.S.v. § 305 Abs. 3 BGB handele. Da dem erstinstanzlichen Gericht lediglich ein Auszug des Arbeitsvertrages vorgelegen habe, sei ferner in Frage zu stellen, ob es sich dabei überhaupt um einen vorformulierten Vertrag zur Mehrfachverwendung handele. Im Übrigen sei eine einzelvertragliche Vereinbarung, wonach mit dem vereinbarten Gehalt auch etwaige Mehrarbeit abgegolten sei, nicht grundsätzlich unzulässig. Aus der streitigen Vereinbarung gehe mit hinreichender Klarheit hervor, dass mit der vereinbarten Vergütung von 3.000,00 EUR auch etwa anfallende Mehrarbeit abgegolten sei. Auslegungszweifel bestünden insoweit nicht. Es müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger als Leiter des Hochregallagers tätig gewesen und die vereinbarten 3.000,00 EUR die Gegenleistung für die vom Kläger zu leistende Arbeitszeit von 38 Normalstunden zzgl. sieben Mehrarbeitsstunden gewesen sei. Unter Zugrundelegung des sich daraus ergebenden Stundenlohnes sei die pauschale Abgeltung der geleisteten Mehrarbeit im Vergleich zur üblichen Vergütung bei anderen Unternehmen und bei vergleichbaren Tätigkeiten angemessen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 27.06.2008 – 4 Ca 673/08 – abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässig...