Revision zurückgewiesen 18.11.08
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerweiterbildung. Sprachkurs Spanisch. Flugbegleiter einer Fluggesellschaft. Zusammenfassung des Bildungsurlaubs für zwei Kalenderjahre. Schadensersatz bei Ablehnung. Anspruchsberechtigung nach § 2 Satz 1 AWbG NRW. Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Hat sich der Arbeitgeber zu Unrecht geweigert, den vom Arbeitnehmer geltend gemachten Freistellungsanspruch zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung zu erfüllen, so entsteht mit Verfall des Erfüllungsanspruchs am Jahresende ein Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber aus Verzug.
2. Ist Sitz der Verwaltung einschließlich der Personalverwaltung einer Fluggesellschaft D1 und der dienstliche Wohnsitz eines Flugbegleiters D2, so liegt der „Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses” im Sinne von § 2 Satz 1 AWbG NRW in
Normenkette
AWbG NRW § 1 Abs. 1, 3; AWbG NRW § 2 S. 1, § 3 Abs. 1, 4, § 9 Abs. 1; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 31.08.2006; Aktenzeichen 6 Ca 4876/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 31.08.2006 – 6 Ca 4876/05 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche aus dem Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung – Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (AWbG NRW) –.
Der am 15.11.1967 geborene Kläger ist seit dem 22.02.2000 als Flugbegleiter bei der Beklagten, einer Fluggesellschaft, zu einem Bruttomonatsverdienst von 2.100,– EUR beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der zwischen den Parteien am 07.03.2000 geschlossene Arbeitsvertrag, in dem u.a. Folgendes geregelt ist:
„1. Beginn, Art und Ende der Tätigkeit
Der Mitarbeiter wird ab 22.02.2000 im Bereich Flugbetrieb, dienstlicher Wohnsitz D2, als Flugbegleiter/BAe eingestellt ….”
Der handelsregisterliche Sitz der Beklagten befindet sich in N1. Dort befindet sich auch der Schwerpunkt der Technik der Beklagten. Der Sitz der Verwaltung und Personalabteilung ist D1. Die Home-Base des Klägers ist der Flughafen D2.
Der Kläger nahm für das Jahr 2004 keinen Bildungsurlaub in Anspruch. Er beantragte im Herbst 2004 bei der Beklagten die Teilnahme an den Veranstaltungen Spanisch für Anfänger I und Spanisch für Anfänger II in der Zeit vom 06.06.2005 bis 10.06.2005 und vom 13.06.2005 bis 17.06.2005 der ASG, Arbeitsgemeinschaft Sozialpädagogik und Gesellschaftsbildung e.V. in D2. Der Veranstalter bestätigte die Anmeldung des Klägers mit Schreiben vom 29.11.2004. Wegen der Lerninhalte wird auf Bl. 146 bis 148 d. A. verwiesen. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Bewilligung des begehrten Bildungsurlaubs mit Schreiben vom 23.12.2004 (Bl. 159 d. A.) ab. Die Kurse, die der Kläger im Juni 2005 besuchen wollte, wurden im Jahr 2005 verlegt auf den 01.08.2005 bis 05.08.2005 und 08.08.2005 bis 12.08.2005.
Der Kläger beantragte erneut mit Schreiben vom 16.05.2005 bei der Beklagten die Bewilligung der Teilnahme an den auf den 01. bis 05.08.2005 und 08. bis 12.08.2005 verlegten Veranstaltungen.
Die Beklagte lehnte den erneuten Antrag mit Schreiben vom 01.06.2005 (Bl. 6 f d.A.) ab. Sie bot gleichzeitig dem Kläger den Abschluss folgender Vereinbarung an:
- Sie nehmen in der Zeit vom 01. bis 05. August 2005 an der vom ASG-Bildungsforum durchgeführten Veranstaltung „Spanisch Anfänger I” und in der Zeit vom 08. August bis 12.08.2005 an der Veranstaltung „Spanisch Anfänger II” in D2 teil.
- Die E1 L1 AG wird Sie hierfür unbezahlt frei stellen.
- Sie lassen arbeitsgerichtlich klären, ob es sich bei den hier streitbefangenen Veranstaltungen um eine Bildungsmaßnahme handelt, die alle Voraussetzungen des AWbG NRW erfüllt, ob dieses Gesetz überhaupt auf fliegendes Personal mit ständig wechselndem Erfüllungsort anwendbar ist, und ob es sich hier noch um eine zulässige Zusammenfassung gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 AWbG NRW handelt.
- Sollten sie rechtskräftig gewinnen, werden wir Ihnen die Vergütung für die Tage, an denen Sie unbezahlt frei gestellt waren, nachzahlen.
Der Kläger nahm dieses Angebot mit Schreiben vom 10.06.2005 an und kündigte eine gerichtliche Geltendmachung seiner Vergütungsansprüche an. Er nahm im August 2005 an den Bildungsveranstaltungen teil. Die Beklagte zahlte für die Zeit der Teilnahme des Klägers an den Fortbildungsveranstaltungen keine Vergütung. Der Kläger hätte, falls er gearbeitet hätte, in diesem Zeitraum 624,49 EUR erzielt.
Die vorliegende Klage hat der Kläger am 21.09.2005 erhoben.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihn für die Zeit der Teilnahme an den Bildungsveranstaltungen Spanisch I und Spanisch II unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen. Sie sei zur Zahlung zu verurteilen. Hilfsweise sei die Freistellungsverpflichtung festzustellen.
Der Kläger hat...