Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweckbefristung
Leitsatz (amtlich)
Ist ein Arbeitsverhältnis zweckbefristet, muss die Zweckerreichung allein nach objektiven Tatsachen zu bestimmen sein. Dem Arbeitgeber darf kein Ermessensspielraum verbleiben.
Hier: Vereinbarung der Zweckerreichung mit Schließung des Betriebs einer als Übergangseinrichtung geführten forensischen Klinik bei sukzessiver Verlegung der Patienten und sukzessiver Entbehrlichkeit des Pflegepersonals.
Normenkette
TzBfG § 14
Verfahrensgang
ArbG Rheine (Urteil vom 14.06.2010; Aktenzeichen 1 Ca 2005/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 14.06.2010 – 1 Ca 2005/09 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis zukünftig aufgrund einer Zweckbefristung enden wird.
Der Beklagte betreibt in Nordrhein-Westfalen forensische Fachkliniken zur Unterbringung psychisch kranker Straftäter. Der Betrieb von Maßregelvollzugseinrichtungen ist originäre Aufgabe des Landes Nordrhein-Westfalens, die es teilweise auf den Beklagten, teilweise auf andere Träger übertrug.
Im Hinblick auf den langjährigen Mangel an Plätzen in Maßregelvollzugseinrichtungen beschloss das Land Nordrhein-Westfalen im Jahre 2000 den Neubau von sechs forensischen Kliniken mit 470 neuen Plätzen für psychisch-kranke und suchtkranke Straftäter. Bis zur vollständigen Inbetriebnahme der neuen Einrichtungen waren übergangsweise Plätze für die Unterbringung von Straftätern im Maßregelvollzug erforderlich.
Am 27.12.2002 schlossen die Bundesrepublik Deutschland, das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt R1 einen Grundstückskaufvertrag und Mietvertrag über ein ehemaliges Kasernengelände. In § 3 des Vertrages wiesen die Vertragsparteien auf die originäre Aufgabe des Landes Nordrhein-Westfalen zur Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung bauliche Anlagen für den Maßregelvollzug hin und stellten fest, dass bis zur vollständigen Inbetriebnahme neu zu errichtende Einrichtungen des Maßregelvollzuges an anderer Stelle übergangsweise Plätze für die Unterbringung von Patientinnen und Patienten benötigt würden. In § 4 des Vertrages regelten sie eine Nutzungsphase für eine forensische Übergangseinrichtung von 84 Monaten, nach ihren Erwartungen in der Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2010.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Grundstückskaufs und Mietvertrag wird auf die von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 03.03.2010 vorgelegte Kopie (Bl. 35 bis 44 d.A.) Bezug genommen.
Am 15.09.2008 vereinbarten das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt R1 eine Verlängerung des Mietverhältnisses bis zum 30.06.2017, wobei die Nutzungsphase am 31.12.2016 enden soll.
Wegen der Einzelheiten des Änderungsvertrags wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 03.03.2010 vorgelegte Kopie (Bl. 45, 46 d.A.) Bezug genommen.
Mit Wirkung zum 01.12.2004 schlossen die Parteien am 25.06.2004 einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für die Dauer bis zum 30.11.2006. Am 01.09.2006 vereinbarten sie einen weiteren Arbeitsvertrag (Bl. 9, 10 d.A.) mit Wirkung zum 01.12.2006. Der Kläger wurde befristet als vollzeitbeschäftigter Krankenpfleger eingestellt.
In § 1 des Arbeitsvertrages trafen die Parteien folgende Abrede:
Bis zur vollständigen Inbetriebnahme neu zu errichtender Kliniken des Maßregelvollzugs an anderer Stelle werden am Standort R1 übergangsweise Plätze für die Unterbringung von Maßregelvollzugspatienten benötigt. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses erfolgt daher mit Vorliegen eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) vom 21.12.2000 in der jeweils geltenden Fassung i.V.m. § 30 Abs. 1 TVöD und zwar im Rahmen einer Zweckbefristung wegen einem nur vorübergehenden Bedarf an der Arbeitsleistung durch den Angestellten für die Dauer des Betriebs der Maßregelvollzugsklinik am Standort R1 (Westfälische Maßregelvollzugsklinik R1).
Das Arbeitsverhältnis endet gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG mit dem Ende des Betriebs der Westfälischen Maßregelvollzugsklinik R1, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Angestellten durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.
Gemäß § 2 erfolgte die Beschäftigung in der Westfälischen Maßregelvollzugsklinik R1.
Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und nach dem Besonderen Teil Krankenhäuser (BT-K) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.
Der Kläger erzielt einen Bruttomonatsverdienst von 3.312,00 EUR.
Der Beklagte schloss mit insgesamt mehr als 70 Arbeitnehmern zweckbefristete Arbeitsverträge für die Dauer des Betriebs der Westfälischen Maßregelvollzugsklinik R...