Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine unzulässige Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten durch Stichtagsregelung in MTV Metall NRW. Keine unmittelbare Bindung der Tarifvertragsparteien an Art. 3 GG. Differenzierter Anspruch auf Freistellungstage für Teilzeitbeschäftigte in MTV Metall NRW
Leitsatz (amtlich)
Die Stichtagsregelung in § 25.1 b MTV Metall NRW, wonach nur Teilzeitbeschäftigte, die bis zum 01.01.2019 vollzeitbeschäftigt waren und danach ihre Arbeitszeit reduzierten, einen Anspruch auf Freistellung statt des tariflichen Zusatzgeldes haben, stellt keine unzulässige Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten dar.
Normenkette
TV T-ZUG § 2; MTV Metall- und Elektroindustrie NRW § 25; GG Art. 3; TzBfG § 4 Abs. 1; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 30.04.2021; Aktenzeichen 4 Ca 1753/20) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 30.04.2021 - 4 Ca 1753/20 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin für zwei (weitere) Arbeitstage bezahlt freizustellen.
Die Klägerin ist seit 2001 für die Beklagte als Mitarbeiterin im Wareneingang tätig. Sie war zunächst vollzeitig beschäftigt. Die Parteien reduzierten mit Wirkung zum 01.01.2011 die Arbeitszeit der Klägerin auf 25 Wochenstunden. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die tariflichen Regelungen für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens Anwendung.
Den Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie steht seit 2019 ein tarifliches Zusatzgeld in Höhe von 27,5 % des durchschnittlichen Monatsentgelts zu (§ 2 Nr. 2 a TV T-ZUG). Im Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 08.11.2018 (MTV) ist vorgesehen, dass der Anspruch auf Zahlung des tariflichen Zusatzgeldes sich für bestimmte Beschäftigte auf deren Wunsch in einen Freistellungsanspruch umwandelt. Hierzu heißt es in § 25 MTV:
"Beschäftigte können nach Maßgabe nachfolgender Bestimmungen verlangen, statt des tariflichen Zusatzgeldes nach § 2 Nr. 2 a) TV T-ZUG eine Freistellung in Anspruch zu nehmen.
25.1 Anspruchsberechtigte
Die Möglichkeit eine bezahlte Freistellung in Anspruch zu nehmen, besteht für folgende Beschäftigtengruppen:
a) Beschäftigte mit einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden, die
- in drei oder mehr als drei Schichten oder nur in der Nachtschicht arbeiten (nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 5 Jahren und nachdem sie mindestens 3 Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber üblicherweise in Schicht gearbeitet haben),
- in Wechselschicht arbeiten
(ab dem 1. Januar 2019 nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 15 Jahren und nachdem sie 10 Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber üblicherweise in Schicht gearbeitet haben,
ab dem 1. Januar 2020 nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 7 Jahren und nachdem sie 5 Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber üblicherweise in Schicht gearbeitet haben) und voraussichtlich im Folgejahr in einem der vorgenannten Schichtmodelle beschäftigt sein werden.
b) Beschäftigte mit einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden und /oder Vollzeitbeschäftigte, die nach dem 1. Januar 2019 ihre individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit reduzieren oder in verkürzte Vollzeit wechseln, und
- die einen Angehörigen ersten Grades (Eltern und Kinder), einen Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft oder Schwiegereltern in häuslicher Umgebung pflegen, der mindestens den Pflegegrad 1 aufweist,
oder
- die ihr in häuslicher Gemeinschaft lebendes Kind bis zur Vollendung des achten Lebensjahres selbst betreuen und erziehen.
Der Anspruch besteht erstmalig nach einer mindestens zweijährigen ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung.
25.2 Geltendmachung
Beschäftigte können bis zum 31. Oktober eines Jahres den Anspruch für das Folgejahr geltend machen.
Pro pflegebedürftigem Angehörigen und / oder pro Kind kann die Freistellung höchstens zwei Mal in Anspruch genommen werden. Der Anspruch kann auch für zwei Jahre in Folge geltend gemacht werden.
In akuten Fällen der Pflegebedürftigkeit kann die Freistellung für den Folgemonat mit einer Ankündigungsfrist von zehn Tagen geltend gemacht werden. [...]
25.3 Freistellungsumfang
Der Freistellungsanspruch beträgt acht Tage für Beschäftigte, bei denen sich die Arbeitszeit regelmäßig auf fünf Tage pro Woche verteilt.
Grundsätzlich erfolgt die Inanspruchnahme in Form, von ganzen freien Tagen, vergleichbar dem Verfahren bei der Urlaubsnahme. Arbeitgeber und Beschäftigter können sich einvernehmlich auch auf eine hiervon abweichende Inanspruchnahme verständigen.
Bei der zeitlichen Festlegung der Freistellung sind die Wünsche des Beschäftigten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten zu berück...