Verfahrensgang
ArbG Herford (Urteil vom 08.11.1999; Aktenzeichen 1 Ca 1717/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 08.11.1999 – 1 Ca 1717/97 – abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des beklagten Landes vom 29.08.1997 zum 31.12.1997 nicht beendet worden ist.
Das beklagte Land wird verurteilt, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Lehrerin weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung.
Die am 23.04.1949 geborene, verheiratete und drei bei Klageerhebung im Jahre 1997 15, 17 und 19 Jahre alten Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin war seit September 1992 als Lehrerin im Angestelltenverhältnis bei dem beklagten Land an der Grundschule A… in B… unter Einreihung in die Vergütungsgruppe III BAT mit einem monatlichen Bruttogehalt einschließlich anteiligen Weihnachtsgeldes von zuletzt 7.872,30 DM beschäftigt.
Das Schulamt für den Kreis H… teilte mit Schreiben vom 18.08.1997 dem Personalrat für Lehrer an Grund- und Hauptschulen folgendes mit:
„…
es wird beabsichtigt, der Lehrerin im Angestelltenverhältnis S… V… ordentlich zu kündigen.
Frau V… ist verheiratet und hat fünf Kinder im Alter von 15 – 29 Jahren. Sie ist seit Februar 1991 im öffentlichen Dienst beschäftigt und zur Zeit als Lehrerin an der Grundschule A… in B… tätig.
Die Frist für eine ordentliche Kündigung beträgt nach § 53 BAT in diesem Fall aufgrund der mehr als fünfjährigen Tätigkeit drei Monate zum Quartalsende. Nächstmöglicher Kündigungstermin ist daher der 31.12.1997.
Die Gründe für die Kündigung liegen im Verhaltensbereich der Angestellten. Von Februar 1992 bis Mitte 1994 betrieb sie ohne eine entsprechende Nebentätigkeitsgenehmigung mit ihrem Ehemann einen Paarclub. Dieser war an mindestens zwei Abenden in der Woche geöffnet. Es wurden zwei Angestellte beschäftigt. Die erzielten Einnahmen, die z.B. im Jahre 1993 auf DM 222.000,– brutto geschätzt wurden, wurden ebensowenig wie die an die Angestellten ausgezahlten Löhne versteuert. Das eingeleitete Strafverfahren wurde vorläufig nach § 153 a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages von DM 15.000,– eingestellt.
Kündigungsgrund ist damit zum einen die Aufnahme einer ungenehmigten und nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit. In dem an mindestens zwei Abenden pro Woche geöffneten Club waren zwei Angestellte beschäftigt. Zunächst dürften daher der zeitliche Umfang der Tätigkeit und der Gewinn, der für 1993 auf DM 82.500,– geschätzt wurde, über eine Nebentätigkeit hinausgegangen sein. Ferner war die Nebentätigkeit aufgrund ihrer Art nicht genehmigungsfähig, da der Betrieb eines Paarclubs selbst für eine Grundschullehrerin eine Pflichtverletzung darstellt. Darin ist somit ein weiterer Kündigungsgrund zu sehen. Von einer Grundschullehrerin wird erwartet, daß sie den ihr anvertrauten Schülern nicht nur fachliche Kenntnisse sondern auch allgemeine Werte nahe bringt. Dies läßt sich aber mit dem Betrieb eines Paarclubs, der von der Mehrheit der Bevölkerung als moralisch anstößig empfunden wird, nicht vereinbaren. Der Betrieb eines Paarclubs beeinträchtigt damit konkret das Arbeitsverhältnis. Die Steuerhinterziehung stellt schließlich einen letzten Kündigungsgrund dar. Zwar ist Frau V… nicht verurteilt worden und damit auch nicht vorbestraft, doch wurde durch die Einstellung nur das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigt. Die Tatsache der Steuerhinterziehung bleibt bestehen und belastet damit auch noch das Arbeitsverhältnis.
Wenngleich bei Pflichtverletzungen im Regelfall zunächst eine Abmahnung zu erfolgen hat, ist dies in diesem besonderen Fall entbehrlich. Eine Abmahnung hat den Zweck, den Angestellten darauf aufmerksam zu machen, daß sein Verhalten nicht geduldet werden könne. Sie ist daher entbehrlich, wenn das Vertrauensverhältnis derart nachhaltig gestört ist, daß der Angestellte nicht mehr mit einer Duldung seines Verhaltens rechnen konnte. Das ist hier der Fall. Frau V… ist den Vertrauensanforderungen, die an sie als Lehrerin im Grundschulbereich gestellt wurden, nicht gerecht geworden. Daß ihr dies bewußt war, zeigt sich bereits daran, daß sie gar nicht versuchte, eine Nebenbeschäftigungsgenehmigung zu erhalten. Angesichts des schweren und über zwei Jahre andauernden Fehlverhaltens kann nicht verlangt werden, daß in einer Abmahnung zunächst angekündigt wird, daß eine Wiederholung nicht geduldet werde. Vielmehr ist sofort eine Kündigung zulässig.
Ich bitte der ordentlichen Kündigung gegenüber der Lehrerin S… V…- … gem. § 72 LPVG zuzustimmen.
…”
Der Personalrat teilte mit Schreiben vom 29.08.1997 dem Schulamt seine Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung mit.
Sodann kündigte das beklagte Land mit Schreiben vom 29.08.1997, der Klägerin an diesem Tag übergeben, das Arbeitsverhältnis zum 31.12.1997 un...