Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösende Bedingung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein die unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährender Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund von dieser nach Ablauf der Widerspruchsfrist durch späteren Bescheid für nichtig erklärt und eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bewilligt, endet das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 des Tarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA), sondern ruht gemäß § 33 Abs. 2 Satz 5, 6 TV-BA. Der die Nichtigkeit feststellende Verwaltungsakt bindet die Gerichte für Arbeitssachen.
Normenkette
TzBfG §§ 21, 15 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 28.09.2010; Aktenzeichen 2 Ca 392/10) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 28.09.2010 – 2 Ca 392/10 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 30.11.2009 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den Bedingungen des TV-BA und zu einem Entgelt aus der Entgeltgruppe TE 7 als Registraturkraft bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weiterzubeschäftigen.
Das erstinstanzliche Urteil wird aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, mit dem Kläger unter Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Arbeitsbedingungen ab dem 01.09.2010 zu begründen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz trägt der Kläger zu 25 %, die Beklagte zu 75 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund auflösender Bedingung mit dem 30.11.2009 sein Ende gefunden hat.
Der am 29.05.1964 geborene ledige Kläger ist seit dem 06.03.1989 als Registraturkraft bei der Beklagten tätig. Der Kläger ist ab Januar 2008 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 60 % anerkannt.
Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) Anwendung. Der Kläger erzielte zuletzt ein Bruttomonatseinkommen von 2.458,81 EUR.
§ 36 Abs. 2 TV-BA enthält folgende Regelung:
„(2) Das Arbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Die/Der Beschäftigte hat die/den Dienststellenleiter/in von der Zustellung des Rentenbescheids unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Liegt im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum, für den eine Rente auf Zeit gewährt wird; beginnt die Rente rückwirkend, ruht das Arbeitsverhältnis ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Zustellung des Rentenbescheids folgt.”
Am 02.06.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. Mit Bescheid vom 05.11.2009 (Bl. 51 d. A.) bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, setzte den Rentenbeginn auf den 01.07.2009 fest und bestimmte, dass der Anspruch längstens bis zum 31.05.2031 (Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze) bestehe.
Der Bescheid ging dem Kläger am 09.11.2009 zu.
Am 18.01.2010 erhielt die Beklagte Kenntnis von dem Rentenbescheid. In einem Gespräch am selben Tag (Bl. 5 d. A.) informierte sie den Kläger über die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses und teilte ihm mit Schreiben ebenfalls vom 18.01.2010 (Bl. 6 d. A.) mit, das Arbeitsverhältnis habe mit dem 30.11.2009 sein Ende gefunden.
Mit Schriftsatz vom 23.02.2010 (Bl. 148, 149 d. A.) beantragte der Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, den Bescheid vom 05.11.2009 gemäß §§ 44 ff. SGB X aufzuheben und ihm eine zunächst bis zum 31.08.2010 befristete Rente wegen Erwerbsminderung zu bewilligen.
Mit Bescheid vom 17.03.2010 (Bl. 26 bis 41 d. A.) bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund auf Antrag des Klägers vom 02.06.2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.01.2010 bis zum 31.08.2010. In der Anlage 10 des Bescheides (Bl. 39 d. A.) stellte sie die Nichtigkeit des Bescheides vom 05.11.2009 fest mit der Begründung, bereits bei der Bewilligung der Rente habe ein beratungsärztliches Votum hinsichtl...