Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer in Pflege- und Betreuungsdienst in einer stationären Wohneinrichtung tätigen Kranken- und Gesundheitspflegerin im Dienst des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Eingruppierung einer Gesundheits- und Krankenpflegerin in die Entgeltgruppe 8 der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR DW-EKD) und den Voraussetzungen einer Tätigkeit "in der Psychiatrie" (im Anschluss an: BAG, Urteil vom 20.06.2012 - 4 AZR 438/10).

 

Normenkette

DWArbVtrRL §12; DWArbVtrRL Anl. 1 Entgeltgr. 8

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 03.12.2014; Aktenzeichen 10 Ca 2950/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.04.2017; Aktenzeichen 6 AZR 284/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 03.12.2014 - 10 Ca 2950/14 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.788,23 € brutto nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 15.08.2014 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Leistungsklage im Anwendungsbereich kirchlicher Arbeitsvertragsrichtlinien über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die am 28.02.1986 geborene Klägerin war in der Zeit vom 01.03.2012 bis zum 28.02.2014 bei der Beklagten, die Einrichtungen und sonstige Leistungsangebote im Bereich der Kranken- und Behindertenhilfe unterhält, auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.01.2012 (Bl. 5 ff d. A.), auf den Bezug genommen wird, befristet in Teilzeit (29,25 von 39 Wochenstunden) beschäftigt. Nach § 1 Abs. 1 dieses Vertrages übte die Klägerin zunächst die Tätigkeit einer Fachkraft im Pflege- und Betreuungsdienst in einer stationären Wohneinrichtung aus. Gemäß § 1 Abs. 3 galten für das Dienstverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR DW-EKD) in ihrer jeweiligen Fassung. Die Klägerin erhielt Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 A der Anlage 1 zu den AVR DW-EKD.

Auf der Grundlage eines von beiden Seiten unterzeichneten Formulars über einen "internen Wechsel" (Bl. 8 d. A.) wurde die Klägerin ab Januar 2013 - ihrer Ausbildung entsprechend - als "Gesundheits- und Krankenpflegerin" dem von der Beklagten im K Westen vorgehaltenen, auf ein dortiges Servicebüro gestützten Dienst "Intensiv Betreutes Wohnen (IBW) in der Sozialpsychiatrie" zugeordnet.

Über diesen Dienst betreut die Beklagte chronisch psychisch kranke Menschen die - insbesondere in den Stadtteilen K-H und K-L - jeweils in ihren eigenen Wohnungen leben. Dazu setzt die Beklagte im Wesentlichen Fachpersonal aus pflegerischen und / oder pädagogischen Berufsfeldern ein. Das über das IBW vorgehaltene Unterstützungsangebot umfasst die Assistenz, Förderung und Begleitung jeweils im Rahmen einer individuellen Hilfeplanung. Eigene therapeutische oder ärztliche Leistungen gehören insoweit nicht zum Angebotsspektrum des Beklagten. Diese werden ggf. begleitet oder vermittelt.

Kennzeichnend für das Leistungsangebot IBW ist, dass die Hilfeleistung regelmäßig im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff SGB XII auf der Grundlage eines individuell durch das Hilfeplanverfahren (§ 58 SGB XII) ermittelten Hilfebedarfs erfolgt. Dieser Plan setzt für jeden über das Angebot betreuten Menschen eine bestimmte Anzahl wöchentlicher Fachleistungsstunden - in der Regel 9 bis 12 Stunden - fest, die vom Leistungsträger pauschal vergütet werden. In Abgrenzung zum weiteren über denselben Stützpunkt vorgehaltenen Leistungsangebot "Ambulant Betreutes Wohnen (ABW)" werden über das IBW regelmäßig Menschen mit oder im Grenzbereich zum (teil-)stationären Hilfebedarf mit dem Ziel betreut, einen eben solchen zu vermeiden. Der Leistungsträger verlangt daher die Gewährleistung einer 24-stündigen Erreichbarkeit des Personal um jederzeit - auch zur Nachtstunde - unvermittelt eintretenden Betreuungsbedarf erfüllen und eine Krisenintervention gewährleisten zu können. Zu diesem Zweck wird in Kooperation mit stationären Einrichtungen der Beklagten ein rund um die Uhr erreichbarer Telefondienst vorgehalten, der für die betreuten Menschen als jederzeitiger Ansprechpartner tätig werden kann. Soweit eine ausschließlich telefonische Problemlösung durch das Personal der Einrichtungen nicht möglich ist, erfolgt die Betreuungsleistung durch das Personal des IBW vor Ort, wobei zum Zwecke der ganztägigen Abdeckung der Hilfebedarfe ein Rufbereitschaftsdienst vorgehalten wird, an welchem die Klägerin teilgenommen hat.

Mit Schreiben vom 18.07.2013 machte die Klägerin unter ausdrücklichem Hinweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2012 - 4 AZR 438/10 - rückwirkend Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 AVR DW-EKD geltend, da sie nach der dort vorgenommenen Auslegung der Eingruppierungsmerkmale als "...

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