Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang nach Rechtshängigkeit der Kündigungsschutzklage. Identität der wirtschaftlichen Einheit. Verwirkung. Freistellung. Unwirksam gekündigtes Arbeitsverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Voraussetzungen eines Betriebsübergangs gem. § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB bei der Übernahme von Markenartikeln. Der Anspruch auf Geltendmachung eines Betriebsübergangs ist nicht verwirkt, wenn im Vorprozess die Unwirksamkeit der Kündigung des Betriebsveräußerers festgestellt worden ist und der Betriebserwerber nach den vorliegenden Umständen nicht darauf vertrauen durfte, vom Arbeitnehmer nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
Normenkette
ZPO § 256 Abs. 1; BGB § 613a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Münster (Urteil vom 06.09.2005; Aktenzeichen 3 Ca 452/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 06.09.2005 – 3 Ca 452/05 – abgeändert.
Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen aufgrund eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht.
Der am 06.11.1948 geborene Kläger war bei der O2xxxxxxx & S1xxxxx GmbH & Co. KG ab 01.05.1993 zunächst als Assistent des Einkaufsleiters tätig. Danach war er Einkäufer für Holz aus Nord- und Südamerika. Seit 1999 fungierte er als Spartenleiter Holzdesign und war für die Bereiche Sonderanfertigungen, Überseehölzer, Fassadenhölzer, Massivholzdielen, Leisten und Paneele sowie für den Einkauf Überseehölzer, Sonderbedarf zuständig. Er verdiente zuletzt 4.300,00 EUR brutto monatlich. Die Firma O2xxxxxxx & S1xxxxx GmbH & Co. KG befasste sich mit der Herstellung und dem Verkauf von Holz, Farben und Kunststoffen unter dem Markennamen O1xx. Ihr Geschäftsgegenstand unterteilte sich in die drei Sparten O1xx-Color, O1xx-Gard und O1xx-Holz. Sie beschäftigte an den vier Standorten M1xxxxx, P1xxxxxxx, F2xxx und H3xxxxxxxx etwa 800 Arbeitnehmer, davon am Standort M1xxxxx mehr als 400 Arbeitnehmer.
Über das Vermögen der O2xxxxxxx & S1xxxxx GmbH & Co. KG wurde am 01.02.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aufgrund eines Interessenausgleichs mit Namensliste am 25.02.2005 fristgemäß zum 31.05.2002 mit der Begründung, er habe beschlossen, den Betrieb stillzulegen.
Die dagegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage war in dem Vorprozess LAG Hamm 4 Sa 1120/03 = ArbG Münster 3 Ca 747/02 in zweiter Instanz erfolgreich. Durch Urteil vom 25.11.2004 hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 18.06.2003 – 3 Ca 747/02 – teilweise abgeändert und festgestellt, dass die Kündigung des Beklagten vom 25.02.2002 rechtsunwirksam ist, weil der Betrieb nicht stillgelegt worden sei, sondern ein Betriebsübergang stattgefunden habe. Noch vor Ausspruch der Kündigung habe dem Insolvenzverwalter ein Übernahmeangebot der Firma C4xxxx GmbH & Co. KG aus B3xxxxxxxxx vorgelegen.
Das BAG hat die Revision des Insolvenzverwalters gegen das Urteil des LAG Hamm vom 25.11.2004 – 4 Sa 1120/03 – durch Urteil vom 29.09.2005 – 8 AZR 647/04 – zurückgewiesen. Auf seine Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Die konkreten Verhandlungen betreffend den Standort M1xxxxx wurden am 16.03.2002 durch Abschluss notarieller Verträge des Insolvenzverwalters mit der Firma J3x H2xxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG einerseits und dem Geschäftsführer C4xxxx andererseits besiegelt. In der O1xx-Presse-Information vom 19.03.2002 wurde daraufhin über die Rettung des Unternehmens O1xx berichtet. Darin heißt es auszugsweise wie folgt:
„Nach intensiven Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter erfolgte die Übernahme in Form einer „übertragenden Sanierung” unter erheblichem Engagement aller beteiligten Interessen-Gruppen. Die Weiterführung der Geschäftsabläufe erfolgt unter der Firma „O1xx H1xx und C3xxx GmbH & Co. KG”. Die Gesellschaft ist neu gegründet und nicht Rechtsnachfolgerin der O2xxxxxxx & S1xxxxx GmbH & Co. KG i.L..
Das neue Unternehmen übernimmt neben sämtlichen M4xxxx-, Lizenz- und Patentrechten, einen Großteil des Anlage- und Umlaufvermögens und aus der Transfergesellschaft voraussichtlich etwa 160 Mitarbeiterinnen.
Die Geschäftsleitung Antonius Tuschen und A1xxxxx R2xxxx legen besonderen Wert darauf, dass sich mit der Übernahme für O1xx-Handelskunden kaum Änderungen ergeben werden. Alle Produktbereiche, wie Innen- und Fassadenhölzer, Leimhölzer, Leisten, Fußböden, Gartenhölzer und Color, werden weiter produziert.
Kunden können O1xx-Produkte auch zukünftig in gleicher Qualität und Menge beziehen. Das gilt in gleicher Weise auch für die aktive Vertriebsunterstützung des Fachhandels.
Bedingt durch die Neuorganisation werden Arbeitsabläufe gestrafft und optimiert. Nach bisherigen Einschätzungen wird sich das jedoch nur in geringen Teilen auf die Distributionspolitik auswirken….”
Die Beklagte verfasste unter ihrem jetzige...