Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung der Formularregelung "Arbeitnehmer erhält eine Vergütung in Anlehnung an den BAT II. Umfang der Bezugnahmeregelung. Zulässigkeit der Regelung der Arbeitsbedingungen in einer Betriebsvereinbarung durch Verweisung auf einzelne Tarifnormen (u.a. tarifliche Verfallfristen) und Regelungssperre zugunsten der Tarifautonomie, § 77 Abs. 3 BetrVG.. Auslegung einer formularmäßigen Vergütungsregelung. Voraussetzungen für die Annahme einer statischen Verweisung
Leitsatz (redaktionell)
Enthält ein Arbeitsvertrag die Regelung, dass der Arbeitnehmer nach einer bestimmten Lohngruppe eines Tarifvertrags vergütet werden soll, liegt eine (kleine) dynamische Verweisung vor, wenn kein bestimmter Tarifvertrag konkret nach Datum und Gegenstand eindeutig bezeichnet ist.
Normenkette
BGB § 611; BetrVG § 77 Abs. 3; TVöD; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Münster (Entscheidung vom 30.06.2011; Aktenzeichen 2 Ca 2545/10) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 30.06.2011 - 2 Ca 2545/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Restvergütungsansprüche des Klägers, wobei zwischen hauptsächlich die Frage streitig ist, ob die zur Weitergabe der Tariflohnerhöhungen und zur Berücksichtigung der Stufenaufstiege bei der Berechnung der Vergütungshöhe verpflichtet ist.
Der am 13.10.1954 geborene Kläger ist ledig und gegenüber einem Kind unterhaltsverpflichtet. Er ist seit dem 01.04.1988 zuletzt tätig als Angestellter der Veranstaltungsabteilung. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 20.08.1996 enthält u.a. folgende Regelungen:
"§ 2
Herr B1 erhält eine Vergütung in Anlehnung an BAT II.
§ 3
Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, dass sich sowohl alle übrigen Rechte als auch die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nach den Bestimmungen der für die Halle M2 jeweils gültigen Betriebsvereinbarung richten, die somit Grundlage dieses Arbeitsvertrages ist."
Die Beklagte, bei der ein Betriebsrat gewählt ist, ist mit der Durchführung von Veranstaltungsaufgaben, insbesondere Tagungen, Kongresse, öffentliche Veranstaltungen und Feste, Märkte sowie Ausstellungen und Messen befasst. Sie könnte aufgrund der mehrheitlichen Beteiligung der Stadt M1 nach Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband NRW (KAV NW) nach § 3 Nr. 1 b der Satzung des KAV NW sein.
Die im § 3 des Arbeitsvertrages erwähnten Betriebsvereinbarungen enthielten seit vielen Jahren Regelungen zum Inhalt der Arbeitsverhältnisse der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer. Zuletzt schlossen die Betriebsparteien insoweit am 08.02.2001 eine Betriebsvereinbarung, die u.a. folgende Regelung enthält:
"§ 2
Anwendung von Tarifverträgen
1. Soweit in dieser Vereinbarung keine besonderen Regelungen getroffen sind, werden Bestimmungen der Tarifverträge BAT und BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000 sowie NGG in der Fassung vom 01.01.1995 auf die Beschäftigungsverhältnisse wie folgt angewandt:
A. Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich:
a) Angestellte (BAT)
Der § 4 (Arbeitsvertrag, Nebenabreden), § 5 (Probezeit), § 7 (Ärztliche Untersuchung), § 8 (Allgemeine Pflichten), § 9 (Schweigepflicht), § 10 (Belohnungen und Geschenke), § 11 (Nebentätigkeit), § 13 (Personalakten), §14 (Haftung), § 18 (Arbeitsversäumnis), § 37 (Krankenbezüge), § 38 (Forderungsübergang bei Dritthaftung), § 40 (Beihilfen), § 41 (Sterbegeld), § 42 (Reisekostenvergütung), §§ 47-52 (Urlaub, Sonderurlaub, Arbeitsbefreiung), §§ 53-61 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses), (§ 63 Abs. 3 findet keine Anwendung), §§ 62-64 (Übergangsgeld) und §70 (Ausschlussfristen des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT).
Mit Schreiben vom 15.08.2005 teilte die Beklagte dem Kläger in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Betriebsrates u.a. folgendes mit:
"Ablösung der Tarife BAT und BMT-G durch den Tarif für den öffentlichen Dienst (TVöD)
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, sehr geehrter Herr B1,
ich möchte Sie darüber informieren, dass die Tarifwerke BAT vom 23. Februar 1961 und BMT-G vom 31.01.1962 ab dem 01.10.2005 durch den TVöD abgelöst werden. Dementsprechend werden auch wir, die in Anlehnung an BAG und BMT-G gültigen Regelungen der Betriebsvereinbarung, durch die entsprechenden Regelungen des TVöD ersetzen.
Ab dem 01.10.2005 werden die Mitarbeiter der Verwaltung und Technik der Halle M2 GmbH, die bisher in Anlehnung an den BAT oder BMT-G eingruppiert waren, in Anlehnung an den TVöD eingruppiert und entlohnt."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 15.08.2005 wird auf Bl. 74 d.A. Bezug genommen.
Am 05.10.2010 fand bei der Beklagten eine Mitarbeiterversammlung statt, in der die Geschäftsführerin der Beklagten, Frau Dr. P1, mitteilte, dass die Mitarbeiter der Beklagten nunmehr eine Vergütung nach dem TVöD erhalten würden. Ob den Beschäftigten der Beklagten letztlich die Unterrichtung über den TVöD mit...