Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösung eines Arbeitsverhältnisses. Gesellschafterstellung eines Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
Verfolgt der Minderheitsgesellschafter einer GmbH die Abberufung des von der Mehrheitsgesellschafterin gestützten Geschäftsführers der GmbH mit der Begründung, dieser habe eine strafbare Untreue begangen, so kann dies die Auflösung des mit dem Minderheitsgesellschafter zugleich bestehenden Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
Normenkette
KSchG §§ 9-10
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Urteil vom 03.09.2008; Aktenzeichen 1 Ca 1700/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 03.09.2008 – 1 Ca 1700/07 – werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung sowie um einen Auflösungsantrag der Beklagten.
Der am 11.09.1949 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 01.01.1971 bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12.02.1977 (Bl. 26 – 27 d.A.). Der Kläger war kaufmännischer Leiter. Ob er zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern berechtigt war, ist zwischen den Parteien streitig. In einem Organigramm der Beklagten vom 02.10.2006 (Bl. 168 d.A.) war nicht der Kläger als kaufmännischer Leiter, sondern der Geschäftsführer K1 S1 ausgewiesen. Er erhielt zuletzt ein monatliches Gehalt von 6.410,37 EUR brutto.
Die Beklagte befasst sich mit der Planung und Herstellung verkehrstechnischer Anlagen. Sie beschäftigt etwa 120 Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat ist nicht gebildet. Der Kläger ist zu 24 % Gesellschafter der Beklagten. Mehrheitsgesellschafter war der am 23.10.2006 verstorbene Bruder des Klägers R1 S1, dessen Gesellschaftsanteile nunmehr seine Ehefrau E1 S1 als Erbin hält. Neben R1 S1, der zuvor alleiniger Geschäftsführer gewesen war, war seit dem 01.11.2005 der jüngere Bruder K1 S1 weiterer Geschäftsführer der Beklagten. Der Kläger hatte es zuvor abgelehnt, ebenfalls die Position eines Geschäftsführers zu übernehmen.
Durch notariellen Vertrag vom 26.10.1990 gründeten der Kläger und sein Bruder R1 S1 die S1 GmbH Straßenverkehrstechnik T1 mit einem Stammkapital von 100.000,– DM, das beide Gesellschafter je zur Hälfte übernahmen. Eine Geschäftstätigkeit nahm diese Gesellschaft nicht auf. Durch weiteren notariellen Vertrag vom 08.11.2002 trat R1 S1 seinen Geschäftsanteil an den Kläger ab. Ebenfalls am 08.11.2002 wurde die Firma der Gesellschaft in „S5 S1 T2 S6 GmbH” geändert und der Sitz der Gesellschaft von G2 nach D1 verlegt. Der Gegenstand des Unternehmens stimmt mit dem der Beklagten überein. Mit Schreiben des Geschäftsführers R1 S1 vom 27.10.2005 beanstandete dieser, dass der Kläger einen Teil seiner regulären Arbeitszeit und Mittel des Betriebes für die Firma S5 verwende, außerdem mit Schreiben vom 29.08.2006, dass der Kläger unter dieser Firma eine Konkurrenztätigkeit entwickele und Kosten der Firma S5 durch die Beklagte habe bezahlen lassen. Zum Inhalt dieser Schreiben im Einzelnen wird auf Bl. 33 d.A. und Bl. 43 – 44 d.A. Bezug genommen. Der Kläger beruft sich hinsichtlich der Bezahlung von Kostenrechnungen darauf, dass dies in Abstimmung mit R1 S1 geschehen sei und er sämtliche weitere Rechnungen im Zusammenhang mit der S5 GmbH privat gezahlt habe.
Ebenfalls im Jahre 2006 wandte sich der Geschäftsführer R1 S1 wegen eines Grundstücks „B3 S7” an den Kläger (vgl. Bl. 46 – 48 d.A.). Nach Angaben der Beklagten war das Grundstück im Jahre 2002 für die Ehefrau des Klägers erworben worden und hatte der Kläger den Kaufpreis in Höhe von 37.995,87 EUR vom Firmenkonto der Beklagten überwiesen. Hierzu trägt der Kläger vor, dass mit diesem Betrag sein Verrechnungskonto als Gesellschafter belastet worden sei. Wegen des weiteren Objekts „S2 31 und 33”, das im Eigentum der Ehefrau des Klägers steht, veranlasste dieser im Jahre 2001 ebenfalls die Begleichung einer Rechnung für die Lieferung einer Heizungsanlage.
Mit Schreiben vom 22.12.2005, das den Kläger als zuständig ausweist, jedoch vom Geschäftsführer K1 S1 unterzeichnet ist, kündigte die Beklagte den Vertrag über die Stromversorgung des „W3 Markts” gegenüber dem Kreis Lippe fristgerecht zum 31.12.2006. Dies geschah nach Angaben der Beklagten ohne interne Absprache mit dem Geschäftsführer R1 S1.
Am 17.07.2006 forderte R1 S1 in einem auf persönlichem Briefkopf verfassten Schreiben den Kläger zur Herausgabe eines Kfz-Scheins über einen Lanz-Bulldog auf, den der Kläger unberechtigterweise an sich genommen habe. Der Kläger bestreitet, dass sich ein solcher Brief in seinem Besitz befindet.
Der Kläger war im Jahre 2006 mit dem Projekt „Gebietsrechner ZA 1 in A2-G3” befasst. Bei der Ausführung dieses Projekts kam es zu Problemen, die die Beklagte der mangelhaften ...