Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anspruch einer Altenpflegerin auf Zustimmung des Arbeitgebers zur Annahme eines Vermächtnisses einer Altenheimbewohnerin
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber kann die Entgegennahme von Vermögensvorteilen durch Arbeitnehmer in Altenpflegeheimen unter Erlaubnisvorbehalt stellen. Die Entgegennahme eines Vermächtnisses einer Altenheimbewohnerin kann dann nach billigem Ermessen untersagt werden.
Normenkette
BMT-AW II § 7 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 19.07.2007; Aktenzeichen 6 Ca 486/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 19.07.2007 – 6 Ca 486/06 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin die Zustimmung zur Annahme eines Vermächtnisses zu erteilen.
Die Klägerin war seit dem 11.06.1981 als Altenpflegerin (Gruppenleiterin) in dem Seniorenzentrum R1 des Beklagten tätig.
Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 02.12.1991 (Bl. 8 d.A.) zugrunde. Die Parteien trafen u.a. folgende Vereinbarung:
Der/Die Arbeitnehmer/in darf Belohnungen oder Geschenke für seine/ihre dienstlichen Handlungen weder annehmen, noch fordern oder sich versprechen lassen.
Die Klägerin war Mitglied der Gewerkschaft ÖTV bzw. ver.di, die mit dem Beklagten den Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt vom 01.11.1977 (BMT-AW II) vereinbarte.
§ 7 BMT-AW II enthält folgende Regelung:
Der Arbeitnehmer darf ohne Zustimmung des Arbeitgebers Belohnungen oder Geschenke für eine dienstliche Handlung weder annehmen noch fordern oder sich versprechen lassen.
Gemäß § 14 Abs. 5 HeimG in der Fassung vom 05.11.2001 ist es der Leitung, den Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern des Heims untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnerinnen und Bewohnern neben der vom Träger erbrachten Vergütung Geldleistungen für die Erfüllung der Pflichten aus dem Heimvertrag versprechen oder gewähren zu lassen. Das gilt nicht, soweit es sich um geringwertige Aufmerksamkeiten handelt.
Gemäß § 21 Abs. 2 Ziffer 3 HeimG in der Fassung vom 05.11.2001 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 14 Abs. 5 Satz 1 HeimG sich Geld oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren lässt.
Im Juli 2001 bezog die damals 85-jährige Frau S6 das Seniorenzentrum R1. Die Klägerin war Gruppenleiterin in ihrem Wohnbereich. Zwischen Frau S6 und ihr entwickelte sich ein guter Kontakt, der sich auch darin zeigte, dass die Klägerin die Bewohnerin duzte.
Im Jahre 2002 wurde sie in einen anderen Wohnbereich versetzt. Ab diesem Zeitpunkt war sie nicht mehr in die unmittelbare Pflege der Seniorin S6 eingebunden. Sie wurde jedoch gelegentlich von Kollegen und Kolleginnen um Rat hinsichtlich der Pflege und Betreuung dieser Bewohnerin gebeten.
Der Sohn der Klägerin kaufte etwa einmal wöchentlich für Frau S6 ein.
Am 21.08.2005 errichtete Frau S6 im Städtischen Krankenhaus B1-R1 ein notarielles Testament (Bl. 9 bis 11 d.A.). Gemäß § 2 Ziffer 1 des Testamentes setzte sie ein Vermächtnis von 5.000,– EUR zugunsten der Klägerin aus.
Am 23.08.2005 verstarb sie.
Am 27.09.2005 unterrichtete das Amtsgericht Bielefeld die Klägerin von dem Inhalt des notariellen Testamentes.
Mit ihrer am 17.02.2006 bei dem Arbeitsgericht Bielefeld eingegangenen Klage hat die Klägerin nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung die Erteilung der Zustimmung des Beklagten zur Annahme des Vermächtnisses begehrt.
Sie hat behauptet:
Durch die Pflege habe sich ein „leichter” privater Kontakt zu Frau S6 entwickelt, der aus gelegentlichen Treffen bestanden habe. Diese habe sich mit ihrem – der Klägerin – Sohn K3 H3 angefreundet. Sie sei gelegentlich Gast in dessen neu eröffnetem Cafe gewesen.
Nach Auskunft der Freundin v1 d3 B6 der Erblasserin in einem Telefonat im Dezember 2005 kurz vor Weihnachten habe die Erblasserin eigentlich nicht die Klägerin, sondern deren Sohn mit dem Vermächtnis bedenken wollen, um ihm ein Startkapital für die Existenzgründung seines Cafes zuzuwenden.
Sie habe auch für andere Bewohner Einkäufe getätigt und in ihrer Hilfsbereitschaft keinerlei Unterschiede gezeigt. Ihre Umsetzung in einen anderen Wohnbereich sei aus personellen Gründen erfolgt, nicht etwa im Hinblick auf ihre besondere Beziehung zu Frau S6.
Der Genehmigungsfähigkeit stehe auch nicht die Höhe des Vermächtnisses entgegen. Die Erblasserin habe in dem Testament den Wert ihres Gesamtvermögens mit 60.000,– EUR angegeben.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, seine Zustimmung zu erklären, dass sie berechtigt ist, das Vermächtnis aus dem notariellen Testament vom 21.08.2005 der verstorbenen Frau A3 S6, erstellt vom Notar H2.-J1. B5 (Nr. 142 der Urkundenrolle für 2005) anzunehmen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet:
Er habe die Klägerin in einen anderen Zuständigkeitsbereich i...