Entscheidungsstichwort (Thema)
Einseitig verfügte Beendigung. Neukonzeption der Tätigkeit der Sozialen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner. Beendigungsgrund i.S.v. II. 6.4.2 Erlass SAP
Leitsatz (redaktionell)
Das beklagte Land muss einen Beendigungsgrund i.S.v. II. 6.4.2 Erlass SAP nachvollziehbar darlegen.
Normenkette
GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Arnsberg (Entscheidung vom 03.06.2013; Aktenzeichen 2 Ca 238/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 03.06.2013 - 2 Ca 238/13 - wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin Parteien streiten, ob das beklagte Land die Nebentätigkeit der Klägerin als "Soziale Ansprechpartnerin" (SAP) wirksam beendet hat.
Die seit 01.09.1982 bei dem beklagten Land beschäftigte Klägerin ist seit 1991 "Soziale Ansprechpartnerin" (SAP) bei der Bezirksregierung B. Die Tätigkeiten der SAP sind in einem Runderlass des Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen vom 01.06.2010 geregelt (Anlage K1 zur Klageschrift, Bl. 6-16 GA, fortan: Erlass SAP).
Nach I. des Runderlasses ist der Leitgedanke der SAP-Tätigkeit, dass dem Arbeitsplatz eine große Bedeutung für das Entstehen, das Erkennen und den Verlauf von Problemen psychosozialer Art zukommt. Die SAP sollen in diesem Sinne Ansprechpartner sein und nach dem Grundprinzip "Kolleginnen und Kollegen helfen" zur Lösung individueller Probleme beitragen. SAP üben ihre Tätigkeit während der Dienstzeit eigenständig und weisungsungebunden im Nebenamt aus (II. 3.1.1 Erlass SAP); der zeitliche Umfang der Tätigkeit als SAP darf regelmäßig 10 % der Jahresarbeitszeit nicht übersteigen (II. 4.1.1); die Tätigkeit als SAP ist grundsätzlich auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet, hierfür spricht u.a. der investierte Zeit- und Kostenaufwand für die Aus- und Fortbildung, daher sollen SAP noch mindestens sieben Jahre nach Beginn der Ausbildung tätig werden können (II. 4.3.1); die Tätigkeit als SAP endet mit dem Ausscheiden der/des SAP aus dem Dienstverhältnis (II. 4.3.2). SAP dürfen in ihrer Aufgabenwahrnehmung nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden (II. 5.5); zur Wahrung des Prinzips der Vertraulichkeit soll der/dem SAP grundsätzlich ein Einzelzimmer mit überprüfungsfreiem Telefonanschluss zur Verfügung stehen - soweit dies nicht möglich ist, ist ein Besprechungsraum zur Verfügung zu stellen (II. 5.6). Zur Beendigung der Tätigkeit der SAP (im bestehenden Dienstverhältnis) heißt es unter II. 6 4. Erlass SAP (Bl. 11, 12 GA):
6.4
Beendigung der Tätigkeit
6.4.1
SAP können jederzeit ohne Angabe von Gründen und ohne Nachteile jeglicher Art die Tätigkeit beenden.
Soll diese Tätigkeit nur unterbrochen werden (Ruhenlassen der Tätigkeit), ist die voraussichtliche Dauer anzugeben, um den Bedarf der jeweiligen Behörde oder Einrichtung gegebenenfalls neu planen zu können. SAP, die ihr Amt ruhen lassen, müssen Beginn und Ende des Ruhens ihrer Behörde und dem Innenministerium schriftlich anzeigen.
6.4.2
Behördenleitungen können aus wichtigen Gründen zu der Entscheidung gelangen, die Tätigkeit als SAP einer / eines Beschäftigten zu beenden. Die Gründe hierfür sind den Betroffenen schriftlich mitzuteilen und in einem persönlichen Gespräch zu erläutern. Auf Wunsch der / des Betroffenen sind zu diesem Gespräch weitere SAP hinzuzunehmen. Wird kein Einvernehmen über die Beendigung der Tätigkeit erreicht, wird die für die SAP zuständige Stelle im Innenministerium unterrichtet. Sie entscheidet abschließend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Erlasses SAP wird auf die zur Akte gereichte Kopie verwiesen (Bl. 6 - 16 GA).
Unter dem 09.05.2012 verfügte das beklagte Land die Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als SAP ab sofort und zunächst befristet bis zum 31.05.2013. In der Verfügung wird zunächst darauf hingewiesen, bereits seit der Geschehnisse laut Schreiben vom 20.07.2010 bestünden Zweifel an der Eignung der Klägerin für eine Tätigkeit als SAP. Dieser Eindruck habe sich durch das jüngste Verhalten der Klägerin gegenüber der Behörde massiv verstärkt, vor allem durch die Beschwerden der Klägerin mit e-mail vom 19./20.04.2012 an das Ministerium für Inneres und Kommunales (MIK) und Herrn Regierungsvizepräsidenten N. Die Klägerin habe dabei Einzelheiten eines zwischen ihr und der Dienststelle bestehenden dienstlichen und arbeitsrechtlichen Konflikts zum wiederholten Male ohne Not nach außen getragen habe. Zudem seien die weitergegebenen Informationen im Wesentlichen unwahr. Dieses Fehlverhalten habe das erforderliche Vertrauensverhältnis für die Tätigkeit als SAP nachhaltig gestört. Außerdem bestehe aufgrund der bei der Klägerin gegebenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, auf die sie mit Schreiben an das Ministerium vom 19.04.2012 noch einmal ausdrücklich hingewiesen habe, die Besorgnis einer arbeitsmäßigen Überlastung. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gebiete ...