Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Beweiswert der Zeugenaussage des behandelnden Arztes
Leitsatz (redaktionell)
Den Beweiswert einer ordnungsgemäß erteilten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss der Arbeitgeber erschüttern. Der Beweiswert einer ärztlich erteilten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann durch Umstände im Zusammenhang mit der Bescheinigung selbst, durch das Verhalten des Arbeitnehmers vor der Erkrankung und durch das Verhalten des Arbeitnehmers während der bescheinigten Dauer der Arbeitsunfähigkeit erschüttert werden.
Normenkette
EFZG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Urteil vom 22.01.2004; Aktenzeichen 1 Ca 54/03) |
ArbG Siegen (Teilurteil vom 11.09.2003; Aktenzeichen 1 Ca 54/03 O) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 11.09.2003 – 1 Ca 54/03 – wird als unzulässig verworfen.
Die Berufung des Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 22.01.2004 – 1 Ca 54/03 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungen werden dem Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall.
Der am 19.08.1969 geborene Kläger war in der Zeit vom 15.05.2000 bis zum 30.11.2002 als Betriebsschlosser bei dem Beklagten tätig. Sein Stundenlohn betrug zuletzt 13,50 EUR bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden.
Mit Schreiben vom 03.11.2002 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2002.
Am 12.11.2002 kam es im Betrieb des Beklagten zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem Betriebsleiter des Beklagten, dem Zeugen D2xxxx. Der Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig.
In der Zeit vom 13. bis 22.11.2002 und in der Zeit vom 25.11. bis 29.11.2002 erschien der Kläger nicht zur Arbeit, sondern legte dem Beklagten ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die genannten Zeiträume vor. Der Beklagte leistete für diese Zeit keine Entgeltfortzahlung. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 19.12.2002 forderte der Kläger den Beklagten erfolglos zur Entgeltfortzahlung auf.
Die vorliegende Klage hat der Kläger am 13.01.2003 erhoben.
Der Kläger hat behauptet, in der Zeit 13.11. bis 22.11.2002 sei er arbeitsunfähig gewesen wegen einer Erkrankung der Bandscheibe. In der Zeit vom 25.11.2002 bis 29.11.2002 sei er arbeitsunfähig krank gewesen wegen eines Katzenbisses, der sich infiziert habe. In dem Gespräch mit dem Zeugen D2xxxx am 12.11.2002 habe er nicht erklärt, sich krank schreiben zu lassen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.404,00 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2003 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe unentschuldigt gefehlt. Er hat behauptet, der Kläger habe im Gespräch am 12.11.2002 gegenüber dem Betriebsleiter D2xxxx erklärt, dass er keine Lust mehr habe bei dem Beklagten zu arbeiten und dass er sich jetzt erst einmal krank schreiben lassen werde, wenn ihm der beantragte Urlaub nicht gewährt werde.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen N1xxxxxx J2xxxxxx D2xxxx.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 11.09.2003 (Bl. 65 bis 66 d.A.) verwiesen. Weiter hat das Arbeitsgericht Beweis erhoben durch die schriftliche Vernehmung der Zeugin Dr. E1xx M1xxxxxx. Auf die schriftliche Aussage der Zeugin vom 23.11.2003 (Bl. 86 d. A.) wird verwiesen.
Durch Teilurteil vom 11.09.2003 hat das Arbeitsgericht den Beklagten verurteilt, als Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 25.11.2002 bis 29.11.2002 an den Kläger 540,00 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2003 zu zahlen. Den Streitwert hat das Arbeitsgericht auf 540,00 EUR festgesetzt. Die Berufung gegen das Teilurteil ist durch das Arbeitsgericht nicht zugelassen worden. Eine Rechtsmittelbelehrung enthält das Teilurteil nicht.
Durch Schlussurteil vom 22.01.2004 hat das Arbeitsgericht den Beklagten weiter verurteilt, an den Kläger 864,00 EUR brutto nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2003 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es dem Beklagten auferlegt. Den Streitwert für das Schlussurteil hat das Arbeitsgericht auf 864,00 EUR festgesetzt.
Gegen das ihm am 30.09.2003 zugestellte Teilurteil hat der Beklagte am 16.03.2004 Berufung eingelegt und diese ebenfalls am 16.03.2004 begründet.
Gegen das ihm am 12.02.2004 zugestellte Schlussurteil hat der Beklagte am 18.02.2004 Berufung eingelegt und diese am 16.03.2004 begründet.
Der Beklagte greift das Teilurteil und das Schlussurteil in vollem Umfang an. Er ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe über den Klageanspruch nur einheitlich entscheiden dürfen, da ein einheitlicher Sachverhalt, nämlich die Vortäuschung einer Erkrankung, zugrunde gelegen habe. I...