Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 22.09.1995; Aktenzeichen 1 Ca 5431/94) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.09.1995 – 1 Ca 5431/94 – abgeändert:
Die Klage wird kostenfällig abgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt die Weitergewährung von Leistungen aus dem Sozialfond der Beklagten.
Der jetzt 75jährige Kläger trat zum 01.04.1939 als Büroangestellter in die Dienste der Beklagten. Er war zuletzt Personalsachbearbeiter und trat zum 01.10.1979 in den Ruhestand. Der Kläger ist über die Betriebskrankenkasse krankenversichert.
Die Beklagte richtete im Jahre 1945 einen Sozialfond ein, der nach bestimmten Richtlinien Unterstützungsleistungen zur Ergänzung der Krankenversicherungsleistungen gewährte. Zumindest seit 1973 wurden diese Richtlinien durch Betriebsvereinbarungen, die jeweils erneuert und modifiziert wurden, festgelegt. Sämtliche bislang abgeschlossenen Richtlinien sahen Unterstützungsleistungen zu Aufwendungen für Zahnersatz vor.
Bis zum 31.08.1993 galten die genannten Betriebsvereinbarungen auch ausdrücklich für Bezieher von Versorgungsbezügen der Beklagten, soweit diese nicht in einem Arbeitsverhältnis standen oder selbständig tätig waren. Die letzte derartige Betriebsvereinbarung datierte vom 01.06.1985. Nach deren Kündigung vereinbarten die Betriebspartner am 24.08.1993 eine neue „Betriebsvereinbarung über die Gewährung von Unterstützungen an Mitarbeiter durch die DSW”, welche erstmals die versorgungsberechtigten Rentner ausschloß. Die Gewährung von Unterstützungen beschränkte sich nunmehr auf die aktiven Mitarbeiter der Beklagten.
Im Frühjahr 1994 ließ der Kläger eine größere Zahnersatzbehandlung durchführen, für die ein Gesamtbetrag von 4.515,98 DM berechnet wurde. Sein Eigenanteil hieraus betrug 2.231,64 DM. Mit Anwaltsschreiben vom 25.07.1994 stellte der Kläger sich auf den Standpunkt, daß er nach wie vor berechtigt sei, die Unterstützungsleistungen aus dem Sozialfond in Anspruch zu nehmen und verlangte die Zahlung des nach der neuen Betriebsvereinbarung höchstmöglichen Unterstützungsbetrages von 1.200,– DM. Dies lehnte die Beklagte jedoch unter Hinweis auf die zum 01.09.1993 in Kraft getretene Neuregelung des persönlichen Geltungsbereiches ab.
Mit seiner am 24.10.1994 vor dem Arbeitsgericht Dortmund erhobenen Klage hat der Kläger seinen Anspruch weiterverfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, daß die Betriebspartner bei ihrer Neuregelung vom 24.08.1993 nicht berechtigt gewesen seien, in den durch eine Gesamtzusage entstandenen Besitzstand der Pensionäre einzugreifen. Nach wie vor habe er daher Anspruch auf Unterstützungsleistungen gemäß den geltenden Richtlinien.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.200,– DM nebst 4 % Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, daß die Herausnahme der Pensionäre aus dem persönlichen Geltungsbereich der Sozialfond-Betriebsvereinbarung rechtlich zulässig sei. Dabei müsse richtig gesehen werden, daß es sich bei den Beihilferegelungen um freiwillige Vereinbarungen gemäß § 88 BetrVG gehandelt habe. Diese seien jeweils gekündigt und danach neu verhandelt und vereinbart worden. Sie, die Beklagte, habe sich zu keinem Zeitpunkt zu dauerhaften Zahlungen für alle Zeiten binden wollen. Der Kläger habe daher auch nicht darauf vertrauen können, daß er stets zum Kreis der unterstützungsberechtigten Mitarbeiter bzw. Rentner gehöre.
Das Arbeitsgericht Dortmund hat durch sein am 22.09.1995 verkündetes Urteil nach dem Klageantrag erkannt.
In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, daß dem Kläger seit Eintritt in den Ruhestand ein ehemals kollektiv begründeter nunmehr individualrechtlicher schuldrechtlicher Anspruch auf Teilnahme am Sozialfond zustehe. Dieser Individualanspruch habe von der Beklagten nicht ohne weiteres beseitigt werden können. Eine Kündigung auf betriebsverfassungsrechtlicher Ebene sei jedenfalls ausgeschlossen.
Aber auch wenn der nach Eintritt in den Ruhestand begründete Unterstützungsanspruch kollektivrechtlich gesehen werden müsse, so halte die abändernde Betriebsvereinbarung vom 24.08.1993 einer Billigkeitskontrolle insofern nicht stand, als die Versorgungsempfänger nunmehr völlig aus dem persönlichen Geltungsbereich herausgenommen worden seien. Insofern beachte die ablösende Betriebsvereinbarung nicht die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes.
Wegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts im einzelnen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihr am 12.02.1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.03.1996 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel am 11.04.1996 begründet.
Sie bekämpft die Feststellung des Arbeitsgerichts, der Kläger habe nach Eintritt in den Ruhestand aufgrund der bisher für ihn geltenden Betriebsvereinbarungen einen individualrechtlichen Anspruch auf Unt...