Entscheidungsstichwort (Thema)
AGB-Kontrolle. Ausschlussfrist. Arbeit auf Abruf. Besonderheiten des Arbeitsrechts. Beweislast. Darlegungslast. ergänzende Vertragsauslegung. Feiertagsvergütung. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. geleistete Arbeit. geltungserhaltende Reduktion. Haftungsausschluss. Haftungsbegrenzung. tatsächliche Arbeitsleistung. Teilunwirksamkeit. Urlaubsentgelt. Vorsatzhaftung. Darlegungs- und Beweislast bei Vergütungsanspruch für Arbeit auf Abruf
Leitsatz (amtlich)
1. Der Arbeitnehmer, der zusätzliche Vergütung für geleistete Arbeit verlangt, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsache, dass er tatsächlich die von ihm behauptete Arbeitsleistung erbracht hat. Dies gilt entsprechend, soweit es für die Berechnung der Vergütungshöhe bei Tatbeständen, die eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regeln, auf die tatsächliche Arbeitsleistung ankommt.
2. Im Falle der Beschäftigung eines Kraftfahrers unter Vereinbarung von Arbeit auf Abruf im Sinne des § 12 TzBfG genügt für die Darlegung der tatsächlichen Arbeitsleistung die Angabe, welche konkret bezeichneten Touren der Arbeitnehmer von wann bis wann an den einzelnen Tagen gefahren hat.
3. Zur Ermittlung der Höhe der Urlaubsvergütung in einem Abrufarbeitsverhältnis kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob wie im Falle der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (vgl. dazu BAG, 21. November 2001, 5 AZR 457/00, AiB 2002, 778 ≪779≫) eine vergangenheitsbezogene Betrachtung für einen Zeitraum von zwölf Monaten vorzunehmen ist oder nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BUrlG die Verhältnisse der letzten 13 Wochen repräsentativ sind (so MüArbR/Düwell, 3. Auflage, 2009, § 79 Rn. 21).
4. Eine einzelvertragliche, der AGB-Kontrolle unterliegende Ausschlussfrist, die für "alle Ansprüche der Vertragsparteien aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis" gelten soll, erfasst auch Ansprüche aus der Haftung wegen Vorsatzes sowie für Schäden, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit oder auf grober Fahrlässigkeit beruhen.
5. Eine solche Ausschlussfrist ist unwirksam.
a) Sie verstößt gegen § 309 Nr. 7 BGB, denn eine Verkürzung der Verjährungsfristen stellt einen Haftungsausschluss bzw. eine Haftungsbegrenzung im Sinne dieser Vorschrift dar (im Anschluss an BGH, 15. November 2006, VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674; 26. Februar 2009, Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486; entgegen BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111; 28. September 2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149).
b) Sie verstößt zudem gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Normenkette
BGB §§ 139, 305, 305 c Abs. 2, §§ 306-307, 309, 309 Nr. 7, § 310; BUrlG § 11; EFZG §§ 2-3; TzBfG § 12; ZPO § 138
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Entscheidung vom 11.01.2012; Aktenzeichen 4 Ca 1034/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 11. Januar 2012 (4 Ca 1034/11) unter ihrer Zurückweisung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung im Tenor zur Hauptsache wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.870,37 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2011 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, auf das Bausparkonto des Klägers bei der Aachener Bausparkasse, Konto-Nr. 12 123 234, einen Betrag von 520,00 Euro netto zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Arbeitsleistung des Klägers jeweils für mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden in Anspruch zu nehmen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen der Kläger 5,6%, die Beklagte 94,4 %.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 12,1 %, die Beklagte 87,9 %.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Zahlung von Überstundenvergütung. Die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten zur Zahlung vermögenswirksamer Leistungen auf das Bausparkonto des Klägers für die Monate Juni 2010 bis einschließlich Mai 2011 in Höhe von 520,00 Euro netto sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Arbeitsleistung des Klägers jeweils für mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden in Anspruch zu nehmen, sind rechtskräftig.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. April 2009 zunächst befristet für die Dauer von einem Jahr, danach unbefristet, als Taxifahrer beschäftigt. Grundlage der unbefristeten Beschäftigung ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 1. April 2010, der unter anderem folgende Regelungen zur Arbeitszeit, Vergütung und Ausschlussfristen enthält:
§ 2 Arbeitszeit
Die monatliche Arbeitszeit beträgt mindestens 140 Stunden. Die Lage der Arbeitszeit sowie der Pausen wird vom Arbeitgeber bestimmt.
Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sofern betriebliche Belange dies erfordern, Überstunden (einschließlich Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit) zu leisten. Etwaige Überstunden werden nach Wahl des Arbeitgebers durch Freizeit oder Geld ausgeglichen.
§ 3 Vergütung
Der Mitarbeiter erhält als Ve...