Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. außerordentlich. fristlos. Telefonat. privat. unerlaubt führen
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 26.11.2008; Aktenzeichen 1 Ca 2111/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 26.11.2008 – 1 Ca 2111/08 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung; der Kläger begehrt seine Weiterbeschäftigung.
Der am 20.02.1977 geborene, ledige Kläger steht seit dem 01.08.1995 in den Diensten der Beklagten, einem Unternehmen mit mehr als 1000 Arbeitnehmern, in dem ein Betriebsrat besteht. Der Kläger arbeitete zuletzt als technischer Angestellter in der Abteilung „TB-Normung/Service” zu einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von 2.512,28 EUR. Als Ersatzmitglied nahm er letztmals im Juni 2008 an einer Betriebsratssitzung teil.
Im Betrieb besteht eine am 11.01.1991 abgeschlossene „BETRIEBSVEREINBARUNG – Telefonanlage und Telefondatenerfassung – „, deren Ziffer 4.3 wie folgt lautet:
4.3 Private Telefongespräche sind im Nahbereich im Ausnahmefall zulässig. Diese sind kostenfrei.
Privatgespräche, die über den Nahbereich hinausgehen, werden von der Telefonzentrale nicht vermittelt. In diesen Fällen soll der öffentliche Fernsprecher im Gebäude „altes Lohnbüro” benutzt werden.
Sofern der Mitarbeiter es wünscht, können Privatgespräche im Ausnahmefall auch über den Nahbereich hinaus geführt werden. Hierzu wird ihm eine persönliche, vierstellige Kennziffer zugeteilt, die vor der eigentlichen Telefonnummer zu wählen ist. Diese Telefonate sind kostenpflichtig. Die Abrechnung erfolgt monatlich im Folgemonat mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung.
Wegen des weiteren Inhalts der Betriebsvereinbarung wird verwiesen auf die mit Beklagtenschriftsatz vom 22.09.2008 eingereichte Kopie (Bl. 58 ff. d.A.).
Mit Schreiben vom 15.07.2008 wandte sich die Beklagte an den Betriebsrat u.a. mit dem Antrag, dem Kläger außerordentlich zu kündigen. Zur Begründung wird darin u.a. ausgeführt:
Herr S2 hat die Firma S1 GmbH über Jahre hinweg bewusst betrogen.
Am 08.07.2008 stellte Herr L2 durch die „Kostenstellen-Auswertung” der Telefonanlage fest, dass die auf der Nebenstelle 269, Anschluss von Herrn S2, verursachten Kosten im Juni 2008 mehr als doppelt so hoch waren, wie die Kosten seines Vorgesetzten Herrn H4 auf der Nebenstelle 378. Besonders auffällig war dies, da Herr S2 aufgrund seines Tarifurlaubs lediglich die ersten zwei Juni Wochen im Hause war. Herr L2 beauftragte daher den Abteilungsvorgesetzten Herrn H4, zu überprüfen, warum die auf der Nebenstelle 269 auflaufenden Telefonkosten im Juni das doppelte zum Vorgesetzten und ca. das 10fache der anderen der Kostenstelle zugeordneten Nebenstellen betragen.
Herr H4 erfuhr am 08.07.2008 durch Herrn S2, dass dieser über die Nebenstelle 269 seine Privatgespräche auf Firmenkosten führt.
Aufgrund dieser Information fand am 08.07.2008 gegen 13.30 Uhr ein Gespräch der Herren G3 und H4 mit Herrn S2 statt. Das Betriebsratsmitglied Herr V2 wurde ebenfalls zu dem Gespräch hinzugezogen.
Herr S2 machte in diesem Gespräch folgende Aussage:
Er habe seine persönliche PIN schon vor Jahren verbummelt. Sie sei ihm auch nicht mehr bekannt. Er führe seine privaten Gespräche hauptsächlich mit einer Freundin. Diese habe, wie er auch, keinen Festnetzanschluss, sondern lediglich ein Handy. Diese Freundin habe er vor ca. 3 Jahren kennengelernt. Seitdem führt er regelmäßig private Gespräche auf Firmenkosten. Vor diesem Zeitpunkt hätte es für ihn keinen Grund für private Telefonate innerhalb der Arbeitszeit gegeben.
Auf die Anmerkung von Herrn G3, dass er doch die Regeln der S1 GmbH kennen würde und er wisse, dass er seine privaten Gespräche mit seiner PIN bestätigen muss und dass die entstehenden Kosten über die Abrechnung einbehalten werden, erwiderte Herr S2 wie folgt:
Er hätte seine PIN verbummelt und habe sich daher nicht getraut, die PIN erneut in der Personalabteilung anzufragen. Er wolle den Kontakt mit der Personalabteilung generell auf das notwendigste beschränken. Daher habe er die Gespräche ohne die PIN auf Firmenkosten geführt.
…
Das Führen von Privatgesprächen auf Firmenkosten ist als Betrug zu werten. Dies stellt somit nicht nur einen Verstoß gegen die arbeitsrechtlichen Verpflichtungen dar, sondern hierbei handelt es sich auch um eine Straftat. Bei der Auswertung des Ausmaßes dieser Straftat verwenden wir hier zunächst die durch die Betriebsvereinbarung zulässigen Daten. In der Detailauswertung stehen daher die Monate Mai und Juni 2008 zur Verfügung (siehe Anlage). In der Aufsummierung ergibt sich folgendes Bild:
Zeitraum |
Kosten Gesamt |
Kostenanteil Privat |
Prozentualer Anteil Privat |
Dauer der Privatgespräche in hh:mm:sec |
01.06. – 13.06.2008 (Urlaub ab 16.06.2008) |
10,80 EUR |
8,34 EUR |
77,22 % |
00:46:08 |
01.05. – 31.05.2008 |
29.16 EUR |
22.68 EUR |
77,78 % |
01:34.41 |
|
39,96 EUR |
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