Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung nach Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW. Bildungsveranstaltung “Weimarer Demokratie und Faschistische Diktatur„. IG Metall Bildungszentrum Berlin als anerkannte Einrichtung der Arbeitnehmerweiterbildung
Leitsatz (amtlich)
Im Zeitalter elektronischer Medien ist die Allgemeinzugänglichkeit einer Bildungsveranstaltung zu bejahen, wenn das Bildungsprogramm im Internet zugänglich und eine Anmeldung über das Internet möglich ist.
Normenkette
BGB § 611; AWbG NW §§ 7, 5 Abs. 4, § 9 Abs. 1; BGB §§ 398, 267 Abs. 1; BetrVG § 37 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 30.04.2013; Aktenzeichen 3 Ca 2238/12) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 30.04.2013 - 3 Ca 2238/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Vergütung des Klägers nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW (im Folgenden: AWbG NW) für die Zeit der Teilnahme an einem Seminar in Höhe von 1.458,90 € brutto.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit mehreren Jahren in deren Werk in I beschäftigt. Er ist Mitglied des dort gebildeten Betriebsrats.
Mit Schreiben vom 25.06.2012 (Bl. 5 d.A.) lud die IG Metall Verwaltungsstelle Hamm-Lippstadt den Kläger zu einem Seminar zum Thema "Weimarer Demokratie und faschistische Diktatur - der Kampf um soziale Rechte" ein. Veranstalter dieses Seminars war die IG Metall Bildungsstätte Berlin, die mit Anerkennungsbescheid vom 26.04.2010 (Bl. 41 d.A.) von der Bezirksregierung Detmold als Träger für die Durchführung von Bildungsveranstaltungen mit der Auflage anerkannt worden war, bis zum 14.05.2012 den Nachweis der Verlängerung des Gütesiegels zu übermitteln. Dieses Testat mit einer Laufzeit bis zum 21.06.2016 wurde dem IG Bildungszentrum Berlin unter dem 22.06.2012 erteilt. Für das genannte Seminar wurde im Bildungsprogramm 2012 der IG Metall, einsehbar in allen IG Metall-Verwaltungsstellen sowie im Internet unter - igmetall-bildung-in-berlin - geworben. Es richtet sich an interessierte Arbeitnehmer und Betriebsräte. Im Betrieb der Beklagten wurde nicht auf die konkreten Veranstaltungen, auch nicht auf die vorliegende durch einen Aushang am schwarzen Brett aufmerksam gemacht. Nach Angaben des Klägers befand sich am schwarzen Brett ein Zeitungsartikel über Bildungsurlaub. Das Jahresprogramm der IG Metall sei beim Betriebsrat einsehbar gewesen, die Arbeitnehmer kämen auch durchaus zum Betriebsrat.
Zu den Themen des in Frage stehenden Seminars gehörten die folgenden Punkte:
- Wie erklären wir uns diese historische Niederlage?
- Mit welcher Politik gelang es dem Faschismus, die Unterstützung breiter Massen zu erhalten, auch in der Arbeiterschaft?
- Welche Konsequenzen hatte die Zerschlagung einer demokratischen Betriebsverfassung?
- Welche Auswirkungen hatte diese Entwicklung auf die Betriebsverfassung der Bundesrepublik Deutschland?
Wegen der weiteren Einzelheiten des Themenplans wird auf den Ausschreibungstext Bl. 11 d.A. Bezug genommen. Das Seminar fand montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 10.00 Uhr, 10.15 Uhr bis 12.30 Uhr, 14.30 Uhr bis 15.45 Uhr und 16.00 Uhr bis 17.00 Uhr statt. Die Kosten für ein zweiwöchiges Seminar beliefen sich in der Bildungsstätte Berlin im Jahre 2012 auf insgesamt 2.741,40 €, wovon 840,-- € auf die Übernachtung und 540,-- € auf die Verpflegung entfielen, was einschließlich der Mehrwertsteuer einen Betrag von 1.541,40 € ausmachte. Hinzu kamen steuerfreie Seminarkosten in Höhe von 1.200,-- €.
Mit Schreiben vom 18.10.2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er, da er im laufenden Jahr keinen Bildungsurlaub nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NW in Anspruch genommen habe, im folgenden Jahr die Zusammenfassung der Ansprüche beabsichtige und daher die Übertragung von fünf Bildungsurlaubstagen in das Jahr 2012 geltend mache. Im Januar 2012 beantragte der Kläger die Teilnahme an dem Seminar für den März 2012 unter Überreichung der Seminarunterlagen. Da er aus betrieblichen Gründen an dem geplanten Seminar nicht teilnehmen konnte, stellte er unter dem 25.06.2012 einen neuen Antrag. Die Beklagte lehnte die Freistellung mit Schreiben vom 11.07.2012 ab, weil nicht erkennbar sei, dass es sich um ein Seminar handele, welches jedermann zugänglich sei. Es richte sich vielmehr an Gewerkschaftsmitglieder. Unter dem 19.07.2012 (Bl. 15 d.A.) erklärte der Kläger, dass er gemäß § 5 Abs. 4 AWbG NW gleichwohl an der Bildungsveranstaltung teilnehmen werde. Die Beklagte kürzte nunmehr das Entgelt für den Monat September 2012 um 1.458,90 € brutto. Der Entgeltausfall wurde dem Kläger von der IG Metall erstattet. Mit seiner am 11.11.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger den Anspruch, den er zuvor mit Schreiben vom 02.10.2012 geltend gemacht hatte, gegenüber der Beklagten weiter.
Durch Urteil vom 30.04.2013 hat das Arbeitsgericht der Klage in Höhe des geltend gemachten Betrages n...