Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusage für Zusatzgeld durch nicht tarifgebundenen Arbeitgeber. Sonderzahlung eigener Art durch Arbeitgeber. Allgemeines Informationsschreiben an Mitarbeiter nur bei Ankündigung individueller Vereinbarungen eine Zusage. Auslegung allgemeiner Informationsschreiben an Arbeitnehmer
Leitsatz (amtlich)
Sagt ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die Weitergabe der tariflichen Lohnerhöhungen der Metall- und Elektroindustrie NRW zu, so umfasst diese Zusage grundsätzlich nicht das in § 2 TV T-ZUG geregelte tarifliche Zusatzgeld T-ZUG (A) und T-ZUG (B), da es sich hierbei um eine Sonderzahlung eigener Art handelt.
Ein an alle Mitarbeiter gerichtetes Informationsschreiben eines Arbeitgebers über ein künftiges Konzept für ein betriebliches Bündnis für Arbeit stellt jedenfalls dann mangels Rechtsbindungswillen keine Gesamtzusage dar, wenn daraus deutlich wird, dass er zur Umsetzung des Konzepts mit den einzelnen Arbeitnehmern noch schriftliche Individualvereinbarungen vereinbaren möchte.
Normenkette
TV T-ZUG Metall- und Elektroindustrie NRW § 2 Fassung: 2018-02-14; TV T-ZUG Metall- und Elektroindustrie NRW Fassung: 2018-02-14; BGB § 305c Abs. 2, § 307; ZPO § 97
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 29.10.2020; Aktenzeichen 1 Ca 87/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 29. Oktober 2020 - 1 Ca 87/20 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des tariflichen Zusatzgeldes aus dem Tarifvertrag Tarifliches Zusatzgeld (im Folgenden TV T-ZUG) für das Jahr 2019.
Der 1960 geborene Kläger ist seit dem 1. Oktober 1975 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als gewerblicher Mitarbeiter zu einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt durchschnittlich 2.914,01 Euro beschäftigt.
Einen schriftlichen Arbeitsvertrag gibt es nicht.
Die Beklagte, die bis zum 31. Dezember 2010 tarifgebundenes Mitglied im Unternehmerverband der Metallindustrie Ostwestfalen war, wandte in ihrem Betrieb ungeachtet der Gewerkschaftszugehörigkeit der einzelnen Arbeitnehmer stets die gültigen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie NRW an.
Im Zuge dessen führte sie 2008 auch das tarifliche Entgeltrahmenabkommen (ERA) ein. Mit Schreiben vom 29. September 2008 (vgl. Bl. 55 d. A.) teilte sie dem Kläger hierzu Folgendes mit:
"Sehr geehrter Herr T,
ab dem 1. November 2008 wird in unserem Unternehmen ein neues tarifliches Entgeltrahmenabkommen (ERA) eingeführt. Ihre Tätigkeit ist dabei unter anderen Kriterien als bisher beurteilt worden. Die neue Beurteilung führt zu einer anderen Eingruppierung.
Ihre Tätigkeit wird dabei in die Entgeltgruppe EG5 eingruppiert. Bitte entnehmen Sie Ihren neuen Verdienst ab dem 1. November 2008 dem beigefügten Informationsblatt.
Sollten Sie Fragen zu der Eingruppierung haben, so steht Ihnen Ihr Abteilungsleiter, der Betriebsrat oder ich selber gern zur Verfügung."
Der Kläger selbst trat im Kalenderjahr 2010 in die Gewerkschaft IG Metall ein.
Im Jahr 2010 verhandelte die Beklagte erfolglos mit der IG Metall über eine (weitere) Vereinbarung zur Erhöhung der Wochenarbeitszeit um 3,5 Stunden ohne Entgeltausgleich. Ein Ergebnis ließ sich jedoch nicht erzielen. Vor diesem Hintergrund kündigte die Beklagte ihre Tarifmitgliedschaft zum 31. Dezember 2010. Sie ist seitdem nur noch Mitglied im Unternehmerverband ohne Tarifbindung.
Die angestrebte Arbeitszeiterhöhung um 3,5 Stunden ohne Lohnausgleich wollte die Beklagte ab dem 1. Januar 2011 durch Individualvereinbarungen erreichen.
Zu diesem Zweck fand am 3. Dezember 2010 eine Betriebsversammlung bei der Beklagten statt, in der der Geschäftsführer sein künftiges Konzept erläuterte. Die konkreten Einzelheiten bezüglich der dort getätigten Äußerungen sind zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls aber erhielten sämtliche Mitarbeiter im Nachgang ein Informationsschreiben (vgl. Bl. 37, 38 d. A.), in welchem es - soweit hier von Interesse - heißt:
"Unser Konzept ab dem 1. Januar 2011
...
- Erhöhung der Wochenarbeitszeit um 3,5 Stunden ohne Entgeltausgleich für Beschäftigte in der 35-Stunden-Woche
...
Personalleitung und Führungskräfte der einzelnen Abteilungen werden dazu in diesem Monat mit allen tariflich Beschäftigten persönliche Gespräche führen, um diese Vertragsänderungen zu vereinbaren.
Bei einer Zustimmungsquote und Gesamtbeteiligung von mindestens 85 % zur 38,5 Stunden-Woche sichert die Geschäftsführung der T1 GmbH & Co. diesen Beschäftigten eine jährliche Erfolgsbeteiligung bei positiver Umsatzrentabilität in Höhe einer Rückvergütung von bis 1,5 Stunden pro Woche zu!
...
Die Geschäftsleitung versichert darüber hinaus, dass bei Erreichung der notwendigen Beteiligungsquote mit Ausnahme der Regelung zur Wochenarbeitszeit alle Tarifverträge für die nordrheinwestfälische Metall- und Elektroindustrie, die mit der IG Metall abgeschlossen worden sind, weiterhin im Betrieb zur Anwendung kommen.
Insbesondere...