Verfahrensgang
ArbG Münster (Urteil vom 10.09.1997; Aktenzeichen 3 Ca 827/97) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 10.09.1997 – 3 Ca 827/97 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage macht der Kläger, welcher aufgrund schriftlichen Werkstattvertrages vom 14./18.09.1989 (Bl. 5 ff d.A.) als Schwerstbehinderter in der von der Beklagten betriebenen Werkstatt für Behinderte beschäftigt ist, Differenzansprüche an Arbeitsentgelt mit der Begründung geltend, die Beklagte habe zu Unrecht die in der Vergangenheit gezahlte monatliche Arbeitsprämie von zuletzt 121,55 DM auf 30,– DM/Monat gekürzt; dies verstoße insbesondere gegen die Vorschrift des § 54 b Abs. 2 SchwbG. Demgegenüber verteidigt die Beklagte die Änderung des Vergütungsgefüges mit der Begründung, bei Aufrechterhaltung der früheren Zahlung werde der Spielraum für die Gewährung von Leistungsanreizen übermäßig eingeschränkt. § 54 b Abs. 2 SchwbG stelle sich als bloße Sollvorschrift dar.
Durch Urteil vom 10.09.1997 (Bl. 40 ff d.A.), auf welches wegen des weiteren Sachverhalts Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt worden, nach § 6 des Werkstattvertrages i.V.m. § 54 b Abs. 2 SchwbG stehe dem Kläger ein monatliches Arbeitsentgelt von 120,– DM zu. Nach § 54 b Abs. 2 SchwbG setze sich die den Beschäftigten zu zahlende Vergütung aus einem Grundbetrag und – soweit das Arbeitsergebnis dies zulasse – aus einem an der individuellen Arbeitsleistung des Behinderten orientierten Steigerungsbetrag zusammen. Damit habe der Gesetzgeber unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß ein leistungsangemessener Steigerungsbetrag allein zusätzlich über den einheitlichen Grundbetrag hinaus gewährt werden solle. Bemessungsmaßstab für den Grundbetrag sei die Höhe des von der Bundesanstalt für Arbeit für Behinderte im Arbeitstrainingsbereich gezahlte Ausbildungsgeld von 120,– DM/Monat.
Gegen das ihr am 01.10.1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.10.1997 eingelegte und zugleich begründete Berufung der Beklagten, mit welcher sie ihren erstinstanzlich vertretenen Rechtsstandpunkt vertieft und die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils nebst Klageabweisung begehrt.
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
I
Die – vom Arbeitsgericht zugelassene – Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
1. Das Arbeitsgericht hat die in § 6 des Werkstattvertrages getroffene Regelung, nach welcher sich die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Arbeitsentgelt nach den Bestimmungen des § 13 Abs. 2 der Dritten Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes zu zahlen, soweit der Nettoerlös der Werkstatt für Behinderte dies zuläßt, im Sinne einer Verweisung auf die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften gewürdigt und die anstelle des § 13 Abs. 2 SchwbWV getretene Regelung des § 54 b SchwbG dahingehend ausgelegt, daß den Beschäftigten unabhängig von Leistungsgesichtspunkten ein Grundbetrag an Vergütung zustehe, welcher sich aus den dargestellten Gründen auf 120,– DM/Monat belaufe.
Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Auslegung des Gesetzes sind in jeder Hinsicht überzeugend, so daß hierauf Bezug genommen werden kann.
2. Zu keinem anderen Ergebnis führt es, wenn man als Rechtsgrundlage für die dem Kläger zustehende Vergütung nicht auf die genannte gesetzliche Regelung zurückgreift, sondern die im Werkstattvertrag getroffene Vergütungsregelung dahingehend auslegt, daß hiermit allein dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch fixiert werden soll. Die konkrete Vergütungsvereinbarung erfolgt sodann außerhalb des schriftlichen Werkstattvertrages durch Einzelvereinbarung; die Vorschrift des § 13 Abs. 2 SchwbWV bzw. die an deren Stelle getretene Regelung des § 54 b SchwbG stellt sich danach allein als Rahmen der zu vereinbarenden Vergütungsregelung dar.
Für eine solche Auslegung spricht insbesondere der Umstand, daß – anders als bei der Bezugnahme auf tarifliche Vorschriften, verbandsrechtlich begründete Vergütungsempfehlungen oder gesetzliche Mindestlohnvorschriften – die genannte Regelung hier keine bestimmte Vergütungshöhe vorschreibt, vielmehr allein die Entgeltzahlungspflicht dem Grunde nach sowie eine Regelung der Entgeltstruktur vorsieht.
Die Beklagte hat das dem Kläger zustehende Entgelt in der Vergangenheit offenbar nicht individuell, sondern auf der Grundlage eines bestimmten Systems in Form einer „Arbeitsprämie” gewährt; vor der hier angegriffenen Änderung belief sich diese Prämie auf 0,85 DM/Stunde entsprechend 120,– DM/Monat.
Gleich ob die Parteien des Werkstattvertrages damit eine Ausrichtung des Entgelts an einem bestimmten System vereinbart oder aber – auf der Grundlage dieses Systems – eine Einzelabsprache getroffen haben, ist die...