Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährungvon Arbeitsbedingungen nach dem equal-pay-Gebot. Tarifgemeinschaft ChristlicheGewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP). Verfall der Ansprüche. Darlegungslast des Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG ist der Verleiher grundsätzlichverpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an denEntleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmergeltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zugewähren. Dies gilt allerdings dann nicht, soweit ein auf das Arbeitsverhältnisanzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen vorsieht, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG . Rechtsfolge des Abschlusses einesTarifvertrages durch eine Vereinigung ohne Tariffähigkeit ist die Unwirksamkeitund damit Nichtigkeit des entsprechenden Tarifvertrages. Dem Zahlungsbegehrender Klägerin stehen nicht von vornherein Gesichtspunkte des Vertrauensschutzesaufseiten der Beklagten entgegen.Zur Bestimmung der Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG genügt der Arbeitnehmer seinerDarlegungslast zunächst dadurch, dass er den Inhalt einerAuskunft desEntleihers nach § 13 AÜG vorträgt. Ansprüche der Klägerin sind aufgrundder Ausschlussfrist aus § 8 des Arbeitsvertrages verfallen. Eine Vorlage an denEuropäischen Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung kam nach Auffassung derKammer nicht in Betracht, nachdem das Bundesarbeitsgericht bereits zu § 10 Abs. 4 AÜG entschieden hat.
Normenkette
AÜG § 10 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 04.05.2011; Aktenzeichen 2 Ca 144/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das 2. Teilurteil des Arbeitsgerichts Herford vom 04.05.2011 - 2 Ca 144/11 - teilweise abgeändert:
Der Tenor wird wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 637,94 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.02.2011 zu zahlen.
Die Beklagte wird des Weiteren verurteilt, an die Klägerin weitere 23,13 € zu zahlen.
Die Klage wird in Höhe von 1.156,03 € und weiteren 286,85 € abgewiesen.
Die Klage wird auch wegen der eingeklagten Gutschrift in Höhe von 51 Stunden auf dem Gleitzeitkonto der Klägerin abgewiesen.
Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 64 %, die Beklagte zu 36 %.
Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch um einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Arbeitsbedingungen nach dem equal-pay-Gebot des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG, sowie auf Weitergabe von Prämienzahlungen eines Entleihers.
Die Klägerin ist seit dem 20.05.2010 bei der Beklagten, die ein Personaldienstleistungsunternehmen betreibt, beschäftigt.
Grundlage der Beschäftigung war zunächst ein befristeter Arbeitsvertrag vom 19.05.2010, der u.a. folgende Regelungen vorsah:
"§ 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag
1. Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV) sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der Mitgliedsgewerkschaften der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.
2. Die Parteien vereinbaren, dass die Bestimmungen der in Ziff. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages in jedem Falle vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die genannten Tarifverträge eine solche Abweichung durch Arbeitsvertrag ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungendieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 TVG, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.
...
4. Sofern die Firma P1 Mitglied eines anderen Arbeitgeberverband als in Ziff. 1 genannt wird, treten etwaige von diesem Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der in Ziff. 1 genannten Tarifverträge (Tarifwechsel bei Verbandswechsel); dies gilt insbesondere bei einer Fusion des in Ziff. 1 genannten Arbeitgeberverbandes mit einem anderen Arbeitgeberverband. Sofern der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der Mitgliedsgewerkschaften der in Ziff. 1 genannten Tarifgemeinschaft ist, gilt Satz 1 nicht, soweit die von dem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge für den Mitarbeiter ungünstigere Regelungen als die in Ziff. 1 genannten Tarifverträge enthalten; § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz gilt entsprechend. Der Günstigkeitsvergleich gemäß Satz 2 ist anhand der nach dem Tarifwech...