Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz für auf Firmenparkplatz abgestelltes Fahrzeug. Haftung für Beschädigung an Dienstwagen. Erstattungsanspruch gegen Arbeitgeber nach § 670 BGB analog. Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers wegen Verletzung der Fürsorgepflicht
Leitsatz (redaktionell)
1. Schäden an einem auf einem Dienstparkplatz abgestellten Fahrzeug hat der Arbeitgeber nur zu ersetzen, wenn die Beschädigung vorhersehbar war; bei Vandalismus ist dies regelmäßig nicht der Fall.
2. Schäden, die auf dem Hin- oder Rückweg zur Arbeitsstelle entstehen, gehören nicht zum Betätigungsbereich, sondern sind rein privater Natur.
3. Ein Ersatz des Fahrzeugschadens wegen Verletzung der Fürsorgepflicht besteht nicht.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, §§ 280, 670, 823; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 15.01.2019; Aktenzeichen 5 Ca 1905/18) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 15.01.2019 - 5 Ca 1905/18 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Erstattung von Reparaturkosten für das Privatfahrzeug des Klägers nach einer Beschädigung des Fahrzeugs in der Nacht vom 09.05.2018 auf den 10.05.2018.
Der Kläger war seit dem 15.12.2006 als Mitarbeiter im ordnungsbehördlichen Außendienst (Stadtwacht) bei der Beklagten beschäftigt. Seine wöchentliche Arbeitszeit betrug 14 Stunden. Der Kläger arbeitete fast ausschließlich in den Nächten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag mit Dienstschluss zwischen 2:00 Uhr und 4:00 Uhr morgens. Einige Monate nach dem streitgegenständlichen Vorfall kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis unter dem 30.01.2019 zum 30.09.2019. Die Beklagte stellte den Kläger unter dem 29.03.2019 von der weiteren Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Entgelts frei (Bl. 175 GA). Unter dem 06.03.2019 erschien im Lokalteil der Tageszeitung ein Artikel, in dem kritische Äußerungen des Klägers zur Organisation der Stadtwacht und zum unterbliebenen Ausgleich des Schadens vom 09./10.05.2018 wiedergegeben sind (Anlage K 12, Bl. 139 GA).
Hauptaufgabe der Stadtwacht ist es, im Stadtgebiet A insbesondere Aufenthaltsorte von jungen Menschen aufzusuchen und die Einhaltung von Regeln durchzusetzen. Sie führt die im Zuständigkeitsbereich der örtlichen Ordnungsbehörde liegenden außendienstlichen Aufgaben durch. Die Mitarbeiter der Stadtwacht werden in Zweierteams eingesetzt. Eine alleinige Durchführung des Dienstes ist untersagt. In der Stellenbeschreibung des Klägers vom 23.11.2016 (Anl. K1, Bl. 5-7 GA) heißt es unter anderem, dass es häufig zu Konflikten mit alkoholisierten und/oder unter Drogeneinfluss stehenden Personen mit erhöhtem Aggressionspotenzial kommen wird. Es besteht angesichts der Tätigkeit das Risiko, am Arbeitsplatz Opfer einer Straftat zu werden. Die Beklagte ordnete besondere Sicherheitsvorkehrungen an. Sie wies die Mitarbeiter der Stadtwacht an, Sicherheitskleidung, insbesondere Stichschutzwesten, zu tragen. Die Kosten hierfür übernahm die Beklagte. Des Weiteren sind die Mitarbeiter zur Eigensicherung in Notfallsituationen mit Reizstoffsprühgeräten ausgestattet. Die Anwendung körperlicher Gewalt ist den Mitarbeitern untersagt. Es wird ein defensives Vorgehen verlangt. Die Eigensicherung ist vorrangig. Es kam während der Dienstausübung des Klägers des Öfteren zu Drohungen und Beschimpfungen. Der Name des Klägers wird zudem auch gerufen, wenn der Kläger nicht im Dienst ist. Hierauf wurde die Beklagte in der Dienstbesprechung am 27.06.2018 aufmerksam gemacht.
Der Kläger legte seinen Arbeitsweg von 800m mit seinem Privat-PKW zurück, der am 09.09.2010 erstzugelassen wurde. Dies tut er vor dem Hintergrund, dass er vor allem den Rückweg vom Dienst angesichts seiner Dienstausübung für gefährlich hält. Sofern Dienstfahrten zu unternehmen sind, stehen Dienstfahrzeuge der Beklagten zur Verfügung. Das Dienstfahrzeug wurde in der Vergangenheit beschädigt: Kennzeichen aus der Halterung gebrochen am 28.04.2018 (B), Kennzeichen aus der Halterung gebrochen und Heckwischer abgebrochen am 05.05.2018 (C).
Der Kläger leistete in der Nacht vom 09.05. auf den 10.05.2018 Dienst. Er parkte seinen privaten PKW auf dem Parkplatz an der D straße X vor einem Nebengebäude des Rathauses, in dem sich auch Räumlichkeiten der Polizei befinden. Während der Nachtschicht wurden der Kläger und sein Kollege im Stadtpark von den Betreibern und Stammgästen einer Shisha-Bar mit Äußerungen wie "Hurensöhne" und "sie sollten sich verpissen" beschimpft. Dieses wurde nicht im Dienstbericht dokumentiert. Im Dienstbericht erwähnt findet sich ein Vorfall, bei dem der Kläger und sein Kollege gegen 23:55 Uhr eine Gruppe störender Personen zunächst aufforderte den Platz zu verlassen und bei dem im weiteren Verlauf unter Hinzuziehung der Polizei ein Platzverweis gegenüber einigen dieser Personen ausgesprochen wurde (weitere Einzelheiten: Bl. 69 GA). Daneben gab es um 20:28 Uhr, um 23:25 Uhr, um 0:37 Uhr ...