Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfall von Ansprüchen bei im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifverträgen. Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB. treuwidrige Berufung (§ 242 BGB) auf Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist. Hemmung des Laufs der Ausschlussfrist wegen fehlender Entgeltabrechnung. Verfall des Anspruchs infolge Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist. Differenzentgelt. Urlaubsabgeltunganspruch
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 10 MTV IGZ/DGB sind alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat nach ihrer Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.
2. Von § 10 MTV IGZ/DGB erfasst sind sämtliche (Zahlungs-) Ansprüche. Das gilt sowohl ohne Weiteres für die Ansprüche auf Differenzentgelt als auch für diejenigen auf Urlaubsabgeltung.
Normenkette
BGB § 242; MTV Zeitarbeit (IGZ/DGB) § 10
Verfahrensgang
ArbG Münster (Entscheidung vom 15.06.2012; Aktenzeichen 4 Ca 362/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 15.06.2012 - 4 Ca 362/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um verschiedener Ansprüche des Klägers auf Entgeltabrechnung und -zahlung.
Der Kläger war in der Zeit vom 27.06.2008 bis 22. bzw. 23.12.2011 bei der Beklagten, die ein Unternehmen der Zeitarbeit betreibt, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung.
In ihrem dem Arbeitsverhältnis zuletzt zugrunde liegenden schriftlichen Arbeitsvertrag vom 24.06.2011, für dessen Einzelheiten auf die Gerichtsakte (Bl. 32 - 36 d. A.) verwiesen wird, heißt es unter § 1 Abs. 2:
"Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband iGZ und den DGB - Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträgen für die Zeitarbeitsbranche, bestehend aus dem Mantel-, Entgelt-, Entgeltrahmen- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer DGB - Einzelgewerkschaft ist. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus."
Mit Entgeltabrechnung für den Monat November 2011 brachte die Beklagte dem Kläger einen Betrag in Höhe von 407,40 € als "Konventionalstrafe" in Abzug.
Der Kläger begehrt mit seiner am 29.02.2012 eingereichten und der Beklagten am 05.03.2012 zugestellten Klage noch verschiedene Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis.
Er hat behauptet, für den Monat Dezember 2011 keine Entgeltabrechnung erhalten zu haben und macht für November 2011 die Zahlung von 407,40 € als zu Unrecht einbehaltenen Differenzlohn geltend. An Urlaubsabgeltung errechnet er (vgl. Bl. 3 d. A.) 834,60 € brutto. Da er in den Monaten September und November 2011 mit weniger als der vertraglichen Mindestarbeitszeit beschäftigt worden sei, verlangt er 339,50 € brutto an Entgeltdifferenz (vgl. Bl. 3, 4 d. A.). In den Monaten Juni, September und Oktober 2011 habe er für insgesamt 109,41 Stunden lediglich je 8,42 € brutto erhalten; dies ergebe eine Entgeltdifferenz von 140,04 € brutto. Im November 2011 seien 29,03 Stunden zu niedrig vergütet worden, was einen Entgeltbetrag von zusätzlich 33,96 € ausmache.
Der Kläger hat gemeint, die vertragliche Konventionalstrafe sei rechtswidrig; die Ausschlussfristen gemäß § 18 des Arbeitsvertrages verstießen gegen § 307 BGB.
Der Kläger hat beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Entgeltabrechnung für Kalendermonat Dezember 2011 zu erteilen,
2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 407,40 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2011 zu zahlen.
3.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 834,60 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2012 zu zahlen,
4.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 339,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2012 zu zahlen.
5.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 174,00 € brutto in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2012 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
Die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Entgeltabrechnung für Dezember 2011 sei dem Kläger bereits übersandt worden. Die Konventionalstrafe sei verhängt worden, da der Kläger am 20.11.2011 den Arbeitsplatz wegen angeblicher Erkrankung ohne Rückmeldung in der Niederlassung verlassen habe; eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe er nicht eingereicht. Durch Abmahnung vom 21.10.2011 habe sie dieses Verhalten gerügt. Die Urlaubsabgeltung habe sie mit der Dezember-Abrechnung gebucht.
Des Weiteren beruft sich die Beklagte auf die vertragliche Ausschlussfrist.
Das Arbeitsgericht Münster hat mit Urteil vom 15.06.2012 die Klage abgewiesen und seine Entscheidung wesentlich wie folgt begründet:
Sämtliche Ansprüche des Klä...