Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch einer als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigten Arbeitnehmerin auf vertragsgemäße Beschäftigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die vertragsgemäße Beschäftigung einer als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigten Arbeitnehmerin ist dem Arbeitgeber unmöglich geworden, wenn er aufgrund einer Umorganisation sämtliche bisher von der Arbeitnehmerin wahrgenommenen Aufgaben auf andere Abteilungen des Betriebes oder externe Dienstleister umverteilt hat.
2. Der Arbeitnehmerin steht jedenfalls dann kein Anspruch auf Beschäftigung an einem anderen, gleichwertigen Arbeitsplatz an einem bestimmten Arbeitsort zu, wenn der Arbeitgeber sich im Arbeitsvertrag vorbehalten hat, der Arbeitnehmerin eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen. Denn dies kann auch den Einsatz an einem anderen - zumutbaren - Arbeitsort umfassen.
Normenkette
GewO § 106; BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 28.11.2018; Aktenzeichen 3 Ca 493/18) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 28.11.2018 - 3 Ca 493/18 - wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die vertragsgemäße Beschäftigung der Klägerin.
Die am 09. September 19XX geborene Klägerin ist seit dem 01. August 1977 bei der Beklagten beschäftigt, wobei sie zunächst eine Ausbildung zur Kauffrau im Groß- und Außenhandel absolvierte. Im Anschluss wurde sie nahtlos in ein Anstellungsverhältnis übernommen. Seit dem Monat Juli 2000 wurde die Klägerin als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt, wobei ihre Tätigkeit Aufgaben des Chefsekretariats, der Personalsachbearbeitung und der allgemeinen Verwaltung beinhaltete. Sie bezog ein monatliches Grundgehalt von 5.057,47 Euro zuzüglich Sonderzahlungen. Der Beschäftigung lag zuletzt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 07. Oktober 2013 zugrunde. Hinsichtlich der von der Klägerin zu verrichtenden Tätigkeiten sieht der Vertrag folgende Regelung vor:
"...
§ 2 Tätigkeit
1) Frau T wird als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt.
2) Personalsachbearbeitung
3) Firmengelände/Gebäude
4) Haustechnik
5) Die Firma behält sich vor, dem Arbeitnehmer eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, die seinen Vorkenntnissen entspricht. Macht sie hiervon Gebrauch, so ist die bisherige Vergütung weiter zu zahlen.
..."
Die Beklagte unterhält mehrere Standorte, unter anderem in I und in M. Ihre Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsführung erbrachte die Klägerin in I.
Nach einem Wechsel in der Geschäftsführung hinterfragte der neue Geschäftsführer die Position der Klägerin und bat diese, ihm ihre konkreten Tätigkeiten darzustellen. Die Klägerin schilderte hierauf ihre Tätigkeiten wie folgt:
- Organisation sowie selbständige Gestaltung und Durchführung aller Sekretariatsaufgaben
- Erledigung aller Korrespondenz sowie Aktenführung, Terminkoordination, -planung und -verfolgung
- Koordination von Arbeitsabläufen und Prozessen sowie Projektzuarbeiten
- Erstellen von Statistiken und Auswertungslisten
- Planung, Vor- und Nachbereitung von Meetings und Veranstaltungen
- Sonderaufgaben für die Geschäftsleitung
- Unterstützung des Logistikleiters durch Entlastung von administrativen Aufgaben
- Einkauf und Verwaltung von Büromöbeln
- Einkauf und Verwaltung Arbeitsschutz (Bekleidung, Schuhe, Handschuhe, Schutzbrillen usw.) für das gesamte Unternehmen
- Einkauf und Verwaltung von Bewirtungs-, Reinigungs- und Hygieneartikel
- Verwaltung Streuartikel für das gesamte Unternehmen
- räumliche Umbaumaßnahmen
- Bearbeitung aller Einstellungs- und Entlassungsformalien
- Erstellung von Arbeitsverträgen
- Führung von Korrespondenz mit dem Betriebsrat im Haus, der Schwerbehindertenvertretung, der Agentur für Arbeit, dem Werksarztzentrum, allen betrieblichen und außerbetrieblichen Stellen, die mit Personal und Arbeitsrecht einschließlich Arbeitsschutz befasst sind
- Die Zusammenarbeit mit dem Firmenanwalt für Arbeitsrecht
- Personalverantwortung sowie Urlaubsplanung für die Abteilung für die ZAP (Zentrale, Ablage und Postein/-ausgang)
- Suchtbeauftragte
- Verantwortlich für Kantine/Küche (z. Zt. N Catering)
- Verwaltung für Schließanlage
- Zutrittskontrolle Gelände und Gebäude
- Überwachung der Alarmanlage
- Instandhaltung und Wartungsarbeiten sowie Reinigung und Pflege des Gebäudes und der Außenanlage durch eigene Mitarbeiter sowie externer Dienstleister der Außenanlage durch eigene Mitarbeiter sowie externer Dienstleister
- Haustechnik (Heizung, Gas, Wasser, Strom, Sprinkler-, Hebe-, Aufzugsanlage usw.)
- Ansprechpartnerin in Notstandssituationen sowie im Falle eines Notfalls nach Dienstschluss und am Wochenende (hier bezieht sich die Klägerin ergänzend auf eine Anlage)
- Ansprechpartnerin BMZ (Feuerwehr, Siemens) nach Dienstschluss und am Wochenende
- Ansprechpartnerin des Mietobjektes Y 21
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Mai 2017...