Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfallfrist bei Ansprüchen wegen „schöpferischer Sonderleistung”

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine einzelvertraglich vereinbarte Verfallfrist, die sich auf Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und Ansprüche in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis erstreckt, erfaßt auch Ersatzansprüche wegen entgangener Nutzungen, die der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen verspäteter Herausgabe ihm gehörender Diapositive erhebt (§ 97 UrhG bzgl. fotografischer Aufnahmen touristischer Motive für den Druck von Reisekatalogen).

2. Sofern es sich nicht um einen für das konkrete Arbeitsverhältnis atypischen Anspruch handelt, steht auch der Gesichtspunkt eines Anspruches wegen „schöpferischer Sonderleistung” dem Verfall des Ersatzanspruches nicht entgegen (Abgrenzung zu BAG 21.06.1979 AP Nr. 4 zu § 9 ArbNErfG).

 

Normenkette

BGB §§ 241, 305; UrhG § 97

 

Verfahrensgang

ArbG Arnsberg (Urteil vom 30.04.1998; Aktenzeichen 3 Ca 309/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.08.2000; Aktenzeichen 9 AZR 428/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 30.04.1998 – 3 Ca 309/97 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz für entgangene Nutzungsmöglichkeiten von fünf ihm gehörenden Farbdiapositiven in Anspruch, die die Beklagte über den 31.03.1994 hinaus bis in die zweite Dezemberhälfte 1996 in ihrem Besitz hatte.

Die Beklagte fertigt Druckerzeugnisse, insbesondere bietet sie die Erstellung und den Druck von Reisekatalogen an. Als Service für ihre Auftraggeber hält die Beklagte ein Bildarchiv mit ca. 10000 fotografischen Aufnahmen vor. Aus diesem Fundus wählen Auftraggeber der Beklagten Bildmaterial für ihre Kataloge und Prospekte. Der Kläger stand ab dem 14.11.1987 in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten. Aufgabe des Klägers war die Vermittlung von Verträgen über die Herstellung von Druckerzeugnissen. Der Kläger bezog ein Festgehalt zuzüglich Provision für vermittelte Geschäfte. Das Fixgehalt betrug zuletzt 3.591,50 DM. Die zunächst mündlich vereinbarten Vertragsbedingungen wurden 1991 in einem schriftlichen Arbeitsvertrag niedergelegt und am 01.03.1991 von den Parteien unterzeichnet. Über die Provision wurde am 03.01.1994 eine ergänzende Vereinbarung unterzeichnet. Der schriftliche Arbeitsvertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:

„… § 8 Pflichten des Arbeitnehmers

4. Sämtliche während der Arbeitszeit und/oder im Auftrag des Arbeitgebers hergestellten Werke (Fotos, Filme, Klischees, Druckvorlagen, Layout's) sind Eigentum des Arbeitgebers und stehen diesem zur alleinigen Nutzung zur Verfügung, auch wenn sie im Auftrag Dritter hergestellt worden sind.

… § 14 Verfallfristen

1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht worden sind.

2. Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab und erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diesen Anspruch beginnt die Verfallfrist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens.

…”

Wegen des Inhaltes der vertraglichen Vereinbarungen im übrigen wird auf die entsprechenden Kopien, Bl. 208 – 217 d.A., Bezug genommen. Im Verlaufe des Arbeitsverhältnisses fertigte der Kläger – wie auch seine Arbeitskollegen – während privater Urlaubsreisen Diaaufnahmen von touristischen Motiven. Zu diesem Zweck stellte die Beklagte dem Kläger kostenlos Fotoausrüstung und Filme zur Verfügung. Der Kläger fügte die Bilder in das Archiv der Beklagten ein. Zum 31.03.1994 endete das Arbeitsverhältnis der Parteien. Der Kläger und zwei weitere ehemalige Arbeitnehmer der Beklagten betreiben eine GmbH, die sich ebenfalls mit der Herstellung von Reisekatalogen befaßt. Diese GmbH verfügt über ein Archiv von etlichen 1000 Aufnahmen. Mit Anwaltsschreiben vom 11.05.1994 forderte der Kläger von der Beklagten die Herausgabe von Dias und Diaserien. Mit Klageschrift vom 30.06.1994 nahm der Kläger die Beklagte auf Herausgabe von Diapositiven in Anspruch sowie auf Erteilung eines Zeugnisses und Auskunft über vermittelte Geschäfte. Durch Urteil vom 19.01.1995 wurde die Beklagte zur Herausgabe von vier Dias Griechenland (Nr. 1 bis 4), ein Dia Budapest (Nr. 5) und zwei Dias Venedig (Nr. 6, 7) verurteilt (bunte Drucke der Motive 1 bis 3: Bl. 42, 43 der beigezogenen Verfahrensakte LAG Hamm 14 Sa 1386/95, der Motive 4 bis 7: Bl. 104, 105 d.A.). Die von der Beklagten gegen die Herausgabeverurteilung eingelegte Berufung ist durch Urteil des LAG Ha...

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