Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert. Weiterbeschäftigungsanspruch. unechter Hilfsantrag
Leitsatz (amtlich)
1. Der unechte Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung ist kein Hilfsantrag im Sinne des § 19 GKG, der nur dann einen eigenen Wert hätte, wenn über ihn (positiv) entschieden wäre (entgegen LAG Düsseldorf v. 13.07.89; ebenso LAG Hamburg vom 26.03.92).
2. Der Wert des Weiterbeschäftigungsantrages wird derzeit noch unverändert mit zwei Monatsbezügen angesetzt, um die Einheitlichkeit der Bezirksrechtsprechung zu wahren.
Normenkette
BRAGO § 9 Abs. 2; GKG §§ 25, 19
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 25.05.1994; Aktenzeichen 3/17 Ca 10096/92) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts der Beklagten wird der Gegenstandswert für das mit Urteil vom 25.05.1994 beendete Verfahren anderweit auf DM 12.038,– festgesetzt.
Dieser Beschluß ist nicht anfechtbar (§ 78 ArbGG).
Tatbestand
I. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Festsetzung des Streitwerts im Urteil (§ 61 Abs. 1 ArbGG) steht der Zulässigkeit eines gesonderten Antrages auf Wertfestsetzung nach §§ 9 Abs. 2 BRAGO, 25 GKG nicht im Wege (vgl. LAG Hamm, Düsseldorf, München, Schleswig-Holstein in LAGE § 9 BRAGO Nr. 2–6; LAGE § 25 GKG Nr. 1–8; allg. Meinung). Die „Beschwerde” vom 19.10.1994 – Eingang 21.10.94 – ist als ein solcher Antrag auszudeuten, den das Arbeitsgericht mit dem formlos übersandten Schreiben vom 20.12.94 beschieden hat (Bl. 62 d.A.). Das Schreiben des Rechtsanwalts der Beklagten vom 12.01.1995 – Eingang 16.01.95 – ist die dagegen eingelegte Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat (Bl. 64 d.A.). Sie ist nach dem Beschwerdewert an sich statthaft und auch nicht verfristet, mithin letztlich zulässig.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist auch begründet:
Der angefochtene Beschluß, mit dem das Arbeitsgericht die beantragte Festsetzung eines Gegenstandswertes von 2 Monatsbezügen für den „hilfsweise für den Fall des Obsiegens” mit der Kündigungsschutzklage anhängig gemachten Antrag auf Weiterbeschäftigung (BAG, Großer Senat vom 28.02.1985) abgelehnt hat, war antragsgemäß zu ändern.
1. Die Feststellung der Vorinstanz, wegen Abweisung der Feststellungsklage sei über diesen Antrag nicht entschieden worden, stützt sich ersichtlich auf § 19 Abs. 4 GKG a.F. Diese Vorschrift ist jedoch nach der überwiegenden und neuerdings zunehmend einheitlichen Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte, der auch die erkennende Kammer ständig gefolgt ist, auf diesen Fall nicht anzuwenden. Der gegenteiligen Auffassung (LAG Düsseldorf vom 13.07.89 und vom 08.11.90 = LAGE § 19 GKG Nr. 7 u. 10; LAG Rheinland-Pfalz 9. Kammer vom 21.06.90 = a.a.O. Nr. 11) ist das LAG Köln nicht gefolgt (vgl. z.B. LAGE a.a.O. Nr. 2 und Beschluß der 3. Kammer vom 12.12.90 – 3 Ta 272/90; ebenso LAG Hamm a.a.O. Nr. 4, 6; LAG Saarland v. 12.12.89 = a.a.O. Nr. 9). Sie ist durch veröffentlichte Entscheidungen anderer Landesarbeitsgerichte mit zutreffenden Argumenten überzeugend widerlegt worden (LAG München – 5. Kammer – vom 30.10.90, Rheinland-Pfalz – 10. Kammer – vom 16.04.92, Hamburg – 4. Kammer – vom 26.03.92 = LAGE a.a.O. Nr. 12, 13 u. 14).
Entscheidend ist das Klageziel, welches die Klagepartei von Anfang an (§ 15 GKG) unbedingt verfolgt. Klageziel ist die Verurteilung aus beiden Anträgen, die zulässigerweise kumuliert anhängig gemacht werden. Eine Antragshäufung „nur für den Fall des Obsiegens” besagt nicht mehr als ein vereinfachter Hinweis auf den behaupteten Anspruchsgrund. Auf das unbedingte Klageziel muß sich auch die Verteidigung auf der Beklagtenseite einrichten: Es ist z.B. zu prüfen, ob der einschlägigen Rechtsprechung des BAG gefolgt werden soll und bejahendenfalls ein überwiegendes Nichtbeschäftigungsinteresse des Arbeitgebers (z.B. mangels Beschäftigungsmöglichkeit) vorgetragen werden müßte. Auch nach dem Sinn und Zweck der Ausnahmevorschriften des § 19 GKG (Regelfall § 5 ZPO) kann die Zusammenrechnung von Haupt- und Hilfsantrag nur dann (entgegen § 15 GKG) vom Ausgang des Verfahrens abhängig gemacht werden, wenn ein Antrag hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag, mithin als echter Hilfsantrag gestellt worden ist. Das ist hier nicht der Fall. Die Änderung des § 19 GKG durch das Gesetz vom 24.06.1994 (BGBl I S. 1325) betrifft nicht die Frage, ob es sich hier tatsächlich um einen „Hilfsantrag” handelt, und insbesondere nicht das vorliegende Verfahren (§ 73 Abs. 1 GKG).
2. Der Wert des Weiterbeschäftigungsantrages wird auf 2 Monatsbezüge festgesetzt, weil die Kammer insoweit für den Regelfall noch an ihrer ständigen Rechtsprechung festhält, die ersichtlich im ganzen Bezirk noch nicht zur Diskussion steht (anders LAG München a.a.O. und LAG Chemnitz vom 14.06.93 = LAGE § 12 ArbGG Streitwert Nr. 97, die nur auf 1 Monatseinkommen festsetzen). Da es sich um eine Festsetzung nach freiem Ermessen handelt, ist die Einheitlichkeit der Bezirksrechtsprechung ein zulässiger Gesichtspunkt, an einer bisher für ermessensgerecht gehaltenen Einschätzung fe...