Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Setzung einer Nachfrist zur Nachreichung von Unterlagen im Prozesskostenhilfeverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Wirkung einer außerhalb der mündlichen Verhandlung nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gesetzten Nachfrist als endgültige Ausschlussfrist nach Instanzende greift nur ein, wenn die Frist ordnungsgemäß gesetzt wurde, was wiederum Amtszustellung nach § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO voraussetzt.

 

Normenkette

ZPO § 118 Abs. 2 S. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 19.07.2013; Aktenzeichen 20 Ca 8887/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 19.07.2013 - 20 Ca 8887/14 - aufgehoben.

Das Prozesskostenhilfegesuch wird zur erneuten Entscheidung an das Arbeitsgericht Köln zurückverwiesen.

 

Gründe

1. Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.

Das Arbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft die mit Schriftsatz vom 13.08.2015 nachgereichten Belege zu den Einkünften aus unselbständiger Arbeit nicht berücksichtigt.

a) Grundsätzlich muss der vollständige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit dem ordnungsgemäß ausgefüllten Antragsvordruck (§ 117 Abs. 3, Abs. 4 ZPO) und allen Unterlagen bis zum Abschluss der Instanz oder des Verfahrens beim zuständigen Gerichtvorliegen. Über einen rechtzeitig eingereichten Prozesskostenhilfeantrag mit unvollständigen Angaben und Unterlagen kann allerdings noch nach Abschluss der Instanz bzw. des Verfahrens ausnahmsweise positiv entschieden werden, wenn das Gericht eine Frist zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen und Belege gesetzt hat. Soweit dem Antragsteller eine solche gerichtliche Nachfrist, die nach dem Ende der Instanz liegt, wirksam gesetzt worden ist, muss diese Nachfrist - anders als eine vor dem Ende der Instanz ablaufende Nachfrist - eingehalten werden. Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht führt zum Verlust des Anspruchs auf Prozesskostenhilfebewilligung und Anwaltsbeiordnung. Nach Fristablauf eingehende Angaben, Belege oder Unterlagen können grundsätzlich nicht mehr im Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden (LAG Köln, Beschl. v. 06.05.2010 - 11 Ta 114/10- m. w. N.). Die Wirkung einer nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gesetzten Nachfrist als endgültiger Ausschlussfrist nach Instanzende greift indessen nur ein, wenn die Frist ordnungsgemäß gesetzt wurde, was wiederum Amtszustellung nach § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO voraussetzt (vgl. z.B.: LAG Köln, Beschl. v. 10.12.2013 - 4 Ta 326/13 -; LAG Köln Beschl. v. 30.09.2013 - 11 Ta 177/13 -; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 73. Auflage, § 118 ZPO Rdn. 40 Zöller/Geimer, 30. Auflage, § 118 ZPO Rdn. 17 jew. m. w. N.).

b) Die vom Arbeitsgericht gesetzte Nachfrist bis zum 15.07.2015 war zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitsgerichts noch nicht abgelaufen, denn die Fristsetzung erfolgte formlos durch nachrichtliche Verfügung des Vorsitzenden an die Prozessbevollmächtigten, eine förmliche Zustellung wurde nicht veranlasst. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann daher nicht wegen Nichtvorlage der Belege innerhalb der gesetzten Nachfrist abgelehnt werden.

c) Das Arbeitsgericht wird nunmehr zu entscheiden haben, ob und in welchem Umfang die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und die Klägerin bedürftig ist.

2. Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben. Die gesetzlich normierten Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI8751244

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