Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Zeugnis. Vergleich. Vergleichsmehrwert

 

Leitsatz (amtlich)

Vereinbaren die Parteien in einem Vergleich, der einen Bestandsschutzprozess beendet, die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses und legen sie dabei auch wesentliche Inhalte des Zeugnisses konkret fest, z. B die Leistungsbeurteilung, so kann das in der Regel die Ansetzung eines Vergleichsmehrwerts von bis zu einem Brutto-Monatsverdienst rechtfertigen.

 

Normenkette

RVG § 33; GKG § 63; ZPO 278 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 16.04.2009; Aktenzeichen 10 Ca 5574/08)

 

Tenor

Auf die Streitwertbeschwerde des Klägervertreters vom 23.04.2009 hin wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 16.04.2009 teilweise abgeändert:

Der Streitwert für den Vergleich vom 10.12.2008 wird antragsgemäß auf 11.289,16 EUR festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde, den Verfahrensstreitwert betreffend, wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Parteien stritten um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung. Nach außergerichtlichen Verhandlungen der Parteien endete der Rechtsstreit mit einem vom Gericht durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich. Ziffer 3 des Vergleichs hat folgenden Inhalt: „Der Kläger erhält ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis, das ihn in seinem Berufsleben fördernd ist und hinsichtlich der Leistungs- und Verhaltensbewertung der Note „sehr gut” entspricht”.

In seinem Streitwertbeschluss vom 16.04.2009 ließ das Arbeitsgericht die Vergleichsziffer 3 unberücksichtigt. Hiergegen richtet sich die am 23. 04.2009 erhobene Beschwerde des anwaltlichen Klägervertreters. Dieser meint, der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren und für den Vergleich sei im Hinblick auf die Regelung in Ziffer 3 des Vergleichs um ein Bruttomonatsgehalt des Klägers auf insgesamt 11.289,16 EUR zu erhöhen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die fristgerecht eingelegte, zulässige Streitwertbeschwerde ist nach Auffassung des Beschwerdegerichts teilweise begründet. Die Regelung in Ziffer 3 des Vergleichs vom 10.12.2008 über die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses mit der Leistungs- und Verhaltensbewertung der Note „sehr gut” rechtfertigt die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts im Umfang eines zusätzlichen Bruttomonatsgehalts des Klägers, hier also eines Mehrwerts im Umfang von 2.822,29 EUR. Als Verfahrensstreitwert hat es dagegen bei dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Betrag von 8.466,77 EUR zu verbleiben.

1. Im Ausgangspunkt ist dem Arbeitsgericht darin Recht zu geben, dass sich nur solche Regelungen in einem Vergleich streitwerterhöhend auswirken können, die einen eigenständigen Streitgegenstand beseitigen (LAG Köln vom 29.01.2002, 7 Ta 285/01 = LAGE § 12 ArbGG Streitwert Nr. 127; LAG Köln 4 Ta 467/08 vom 3.3.2009). Dies verdeutlichen schon die Begriffe Streitwert und Streitgegenstand. Dagegen geht es bei der Streitwertfestsetzung nicht darum, bloße Leistungen zu bewerten und zu honorieren, die Parteien anlässlich der Beilegung eines Streitgegenstandes einander zu gewähren versprechen.

Bei alledem ist aber auch zu beachten, dass nicht nur solche Vergleichsregelungen streitwertrelevant sind, die einen zwischen den Parteien bereits entstandenen Streit beilegen. Vielmehr können sich im Einzelfall auch Vergleichsregelungen streitwerterhöhend auswirken, die dazu dienen, das unmittelbar drohende Entstehen eines Streites zu verhindern.

2. Diese Grundsätze vorangeschickt sprechen im vorliegenden Fall vier Gesichtspunkte dafür, die Regelung in Ziffer 3 des Vergleichs vom 10.12.2008 als streitwertrelevant für den Vergleichsstreitwert zu berücksichtigen:

a. Erstens entspricht es einer Erfahrungstatsache, dass mit Beendigung einer Bestandsschutzstreitigkeit häufig Streit über den Inhalt eines noch zu erteilenden Arbeitszeugnisses entsteht.

b. Zweitens haben die Parteien in Ziffer 3 des Vergleichs vom 10.12.2008 nicht nur die bloße Verpflichtung zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses festgeschrieben, sondern auch eine inhaltliche Vereinbarung über die wichtigsten Kernpunkte eines Arbeitszeugnisses getroffen, nämlich die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung.

c. Drittens haben die Parteien außergerichtlich über diese Regelung verhandelt.

d. Viertens hätte das qualifizierte Arbeitszeugnis in Anbetracht der zum 31.07.2008 ausgesprochenen arbeitgeberseitigen Kündigung im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses von Rechts wegen an sich schon erteilt gewesen sein müssen.

e. Aus den genannten Gründen erscheint es gerechtfertigt, die Regelung in Ziffer 3 des Vergleichs vom 10.12.2008 als eine solche zu bewerten, die einen drohenden Streit über den Inhalt eines zu erteilenden Arbeitszeugnisses verhindert hat.

3. Der Höhe nach entspricht es der Üblichkeit, eine Vergleichsregelung, in der inhaltliche Festlegungen über ein qualifiziertes Zeugnis getroffen werden, mit einem Monatsgehalt zu berücksichtigen (vgl. z.B. LAG Köln 4 Ta 467/08 vom 3.3.2009).

4. Soweit der anwaltlic...

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