Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang des Anspruchs des Betriebsrats auf Unterlassung kurzfristiger Einsätze von Leih-Arbeitnehmern ohne Mitwirkung des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Umfang der Mitbestimmungsrechte und Informationsansprüche des Betriebsrats bei kurzfristigen Einsätzen von Leih-Arbeitnehmern im Mode-Einzelhandel

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats einholt oder gar eine verweigerte Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzen lässt, bevor er die Maßnahme durchführt.

2. auch bei bestehenden Mitbestimmungsrechten ist ein derart gefasster Antrag als zu weitgehend zurückzuweisen.

 

Normenkette

BetrVG §§ 23, 99-101; AÜG §§ 12, 14

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Entscheidung vom 26.10.2016; Aktenzeichen 2 BV 73/16)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats/Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 26.10.2016 in Sachen 2 BV 73/16 und die Anschlussbeschwerde der Arbeitgeberin/Antragsgegnerin werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um einen Unterlassungsanspruch und Informationspflichten der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit den Mitbestimmungsrechten aus §§ 99, 100 BetrVG beim Einsatz von Leiharbeitnehmern.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn dazu bewogen haben, den Unterlassungsantrag des Betriebsrats abzuweisen und seinem Feststellungsantrag, bezogen auf den Umfang der Informationspflichten der Arbeitgeberin, stattzugeben, wird auf Abschnitt I des angegriffenen Beschlusses vom 26.10.2016 Bezug genommen.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde dem Antragsteller/Betriebsrat am 21.12.2016 zugestellt. Der Betriebsrat hat hiergegen am 22.12.2016 per ordnungsgemäß unterzeichnetem Fax und per ordnungsgemäß signiertem EGVP-Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese am 20.02.2017 begründet.

Der Antragsgegnerin/Arbeitgeberin wurde eine Erwiderungsfrist bis zum 19.06.2017 gesetzt. Die Antragsgegnerin hat innerhalb der ihr gesetzten Beschwerdeerwiderungsfrist am 16.06.2017 Anschlussbeschwerde erhoben.

Der Betriebsrat als Beschwerdeführer vertritt die Meinung, dass ihm entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch unabhängig von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zur Seite stehe, um Verstöße des Arbeitgebers gegen die Mitbestimmungsrechte aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG oder § 100 Abs. 2 BetrVG bei personellen Einzelmaßnahmen zu verhindern.

Der Betriebsrat bestreitet, dass die von ihm erstinstanzlich im Einzelnen aufgeführten Fälle, in denen die Arbeitgeberin gegen § 99 Abs. 1 BetrVG verstoßen habe, im Wesentlichen auf nicht planbare Arbeitsunfähigkeitszeiten bei der Stammbelegschaft zurückzuführen seien. Auch Arbeitsunfähigkeitszeiten seien nach Meinung des Betriebsrats für die Arbeitgeberin planbar gewesen. Die Arbeitgeberin sei jedenfalls der ihr zukommenden Beweislast nicht gerecht geworden, dass es sich jeweils um nicht planbare Notsituationen gehandelt habe.

Weiter führt der Betriebsrat aus, dass der auch vom Arbeitsgericht beanstandete Verstoß der Arbeitgeberin gegen § 99 BetrVG beim Einsatz von Leiharbeitnehmern während der sogenannten Sales-Phase prägend für die gesamte Handhabung seitens der Arbeitgeberin sei; denn es liege eine überwiegende systematische Missachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Rahmen des § 99 BetrVG vor. Dies habe auch zur Bejahung eines groben Verstoßes gegen die Mitbestimmungsrechte aus §§ 99 ff. BetrVG führen müssen.

Der Betriebsrat beruft sich in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 27.10.2015, 15 TaBV 3/15, die er als zum vorliegenden Fall parallel ansieht.

Ferner führt der Betriebsrat aus, dass es in der Zeit vom 13.10. bis 15.10.2016 und zwischen dem 11.04. und 15.04.2017 erneut Verstöße der Antragsgegnerin gegen ihre Verpflichtungen aus §§ 99, 100 BetrVG gegeben habe. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf Seite 4 der Beschwerdebegründungsschrift vom 20.02.2017 und auf den Schriftsatz vom 02.05.2017 Bezug genommen.

Der Betriebsrat als Beschwerdeführer beantragt nunmehr,

  1. unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Bonn, verkündet am 26.10.2016, 2 BV 73/16, sofern durch Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn, verkündet am 26.10.2016, 2 BV 73/16, den Anträgen des Antragstellers/Beteiligten zu 1) nicht stattgegeben wurde, der Antragsgegnerin/Beteiligten zu 2) es für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 € aufzugeben, es zu unterlassen, künftig Einsätze von Arbeitnehmern im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung vorzunehmen, ohne zuvor die Zustimmung des Antragstellers/Beteiligten zu 1) einzuholen bzw. vor dessen Äußerung oder eine verweigerte Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen, oder die Antragsgegnerin/Beteiligte z...

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