Leitsatz (amtlich)
Die Einigungsstelle ist auch zuständig für die Anpassung einer betrieblichen Altersversorgung an die geänderte Geschäftsgrundlage.
Normenkette
BetrVG §§ 76, 87 Abs. 1 Nr. 20, Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 23.08.1994; Aktenzeichen 1 BV 189/93) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 23.08.1994 – 1 BV 189/93 – wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts geändert. Der Antrag des Betriebsrates wird auch zurückgewiesen, soweit das Arbeitsgericht ihm stattgegeben hat.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A. Der Arbeitgeber hat bis zum 31.12.1993 eine Chemische Fabrik betrieben mit mehreren hundert Arbeitnehmern (seitdem Handel mit chemischen Produkten mit wenigen Beschäftigten) und ihnen eine betriebliche Altersversorgung zugesagt, und zwar den bis zum 31.12.1973 Beschäftigten zuletzt nach Richtlinien von 1958 in der Fassung vom 06.05.1968 (RLAV 1958/1968, Bl. 13 und 177 d. A.). Bei den Angestellten sollte danach die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente nach Ablauf der Wartezeit monatlich 15 % des letzten Grundgehaltes betragen und weiter steigen für jedes nach Erfüllung der Wartezeit abgeleistete anrechnungsfähige Dienstjahr um monatlich 1 % des letzten Grundgehaltes (VIII B 1 a Satz 1 RLAV). Dazu war eine Obergrenze vorgesehen für die Summe aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung (VIII B 2 a). Diese lautete:
„Die Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 65 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,75 % bis zu höchstens 80 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt”.
Ferner war eine Mindestrente vorgesehen (VIII B 2 b). Die diesbezügliche Regelung lautete:
„Unabhängig von der Bestimmung in 2 a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1) ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt”.
Später hat der Arbeitgeber diese Regelungen ändern wollen dahin, daß die Obergrenzen-Regelung der Entwicklung der Nettoarbeitseinkommen angepaßt wurde. Er hat sich um eine Zustimmung des Betriebsrats bemüht, zuletzt mit Schreiben vom 08.03.1992 (Bl. 20 d. A.). Der Betriebsrat hat die Zustimmung aber nicht erteilt. Schließlich hat der Arbeitgeber die Einigungsstelle angerufen. Diese hat am 04.12.1993 folgenden Spruch gefaßt (Bl. 52 d. A.):
„Die Berechnungsvorschrift in Abschnitt VIII B Ziff. 2a der „Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 06. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (TA)” wird wie folgt geändert:
2.a) Die Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt:
Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 59 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,6 % bis zu höchstens 71 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.
b) Unabhängig von der Bestimmung in 2.a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1. ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt; sie darf jedoch zusammen mit der Sozialversicherungsrente 100 % des pensionsfähigen Nettoentgelts nicht überschreiten”.
Von diesem Spruch wurden nach Angaben des Arbeitgebers 86 Mitarbeiter und ehemalige Mitarbeiter betroffen (Bl. 4 ff. d. A.).
Der Betriebsrat hat diesen Spruch beim Arbeitsgericht angefochten und beantragt,
festzustellen, daß der Spruch der Einigungsstelle vom 04.12.1993 zur Neuregelung der „Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung für Arbeiter und Angestellte” rechtsunwirksam ist.
Seine Begründung ergibt sich aus seiner Anfechtungsschrift vom 22.12.1993 und seinen weiteren Schriftsätzen.
Der Arbeitgeber beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Seine Erwiderung ergibt sich aus seinem Schriftsatz vom 02.03.1994 und seinen weiteren Schriftsätzen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen, soweit er die Regelung der Einigungsstelle zu VIII B 2 a der RLAV betrifft, und im übrigen festgestellt, daß der Spruch der Einigungsstelle zur Änderung der Berechnungsvorschrift unter VIII B 2 b der RLAV in der Fassung vom 06.05.1968 unwirksam ist. Auf die Begründung des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen (Bl. 551 ff. d. A.).
Gegen diesen Beschluß haben der Betriebsrat und der Arbeitgeber Beschwerde eingeleg...