Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswertfestsetzung. Rechtsmittelstreitwert
Leitsatz (amtlich)
Die Bekanntgabe des Rechtmittelstreitwerts im erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Urteil hindert nicht die Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 RVG bzw. des Gebührenstreitwerts nach § 63 GKG. Das erstinstanzliche Gericht hat auf anwaltlichen Antrag tätig zu werden und die Gegenstandswertfestsetzung vorzunehmen.
Der Antrag auf Beschäftigung mit qualifiziert dargestellten Arbeitsinhalten enthält einen anderen Streitgegenstand als der Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung. Für den qualifizierten Beschäftigungsantrag sind i. d. Regel 2 Bruttomonatsvergütungen festzusetzen. Der Antrag auf Abgabe einer die Vertragsinhalte ändernden Willenserklärung, z. B. in Form eines Teilzeitverlangens ist über § 42 Abs. 3 GKG auf 3 (bisherige) Bruttomonatsvergütungen beschränkt.
Normenkette
RVG § 33; GKG §§ 62-63
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 25.02.2011; Aktenzeichen 8 Ca 11890/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerprozessbevollmächtigten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 25.02.2011 (Schreibfehler im Beschluss gibt das Datum 25.02.2010 an) – 8 Ca 11890/09 – wird der Gegenstandswert unter Aufhebung des angegriffenen Beschlusses wie folgt festgesetzt:
Der Gegenstandswert für den Antrag zu 1) wird auf 2.816,66 EUR festgesetzt. Der Wert für den Hilfsantrag zu 2) wird auf 8.450,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten in der Hauptsache darum, ob zwischen Ihnen bereits ein Vertrag zustande gekommen ist, nach dem die Klägerin in einer von ihr geforderten konkretisierten Weise beschäftigt werden muss. Diesen Beschäftigungsantrag, der letztlich eine 50 prozentige Teilzeittätigkeit zu der vorherigen Tätigkeit beinhaltet, hat die Klägerin erstinstanzlich mit ihrem Antrag zu 1) verfolgt. Für den Fall, dass die Vertragsänderung noch nicht zustande gekommen ist, hat sie mit hilfsweise den Antrag gestellt, die Arbeitgeberin zur Zustimmung zu dem von ihr geäußerten Reduzierungswunsch auf 50 Prozent der Arbeitszeit mit einer bestimmten Arbeitszeitverteilung und besonderen Arbeitsinhalten zu verurteilen. Die Vergütung bei 100% Tätigkeit beträgt 2816,66 EUR.
Das Arbeitsgericht hat über Haupt- und Hilfsantrag entschieden und den Rechtsmittelstreitwert im Urteil auf 2.600,00 EUR festgesetzt. Mit Schreiben vom 24.01.2011 beantragten die Klägerprozessbevollmächtigten die Gegenstandswertfestsetzung für die anwaltliche Tätigkeit und wiesen dabei auf die ständige Rechtsprechung hin, wonach für den sogenannten Verringerungsanspruch nach TzBfG zwar grundsätzlich die 36-fache Differenz zwischen der alten und neuen Vergütung zu Grunde zu legen ist. Aus dem Gesichtspunkt der Kostenbegrenzung des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG wird allerdings die dort vorgesehene Höchstbetragsgrenze von 3 Bruttomonatsvergütungen auf die Fälle des Teilzeitbegehrens angewendet. Deshalb sei vorliegend der Streitwert für die anwaltliche Tätigkeit auf 8.450,00 EUR, nämlich 3 Bruttovergütungen á 2.816,66 EUR festzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat die Festsetzung des Gegenstandswerts abgelehnt, da nach Ansicht des Arbeitsgerichts der Rechtsmittelstreitwert eine anderweitige Streitwertfestsetzung hindere. Der Beschluss wurde den Klägerprozessbevollmächtigten am 08.03.2011 zugestellt. Die Beschwerde ging am 22.03.2011 ein.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige und fristgerechte Beschwerde der Klägerprozessbevollmächtigten ist begründet. Da die erste Instanz es rechtsfehlerhaft abgelehnt hat, den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit festzusetzen und die Ansicht vertritt, der im Urteil enthaltene Rechtsmittelstreitwert sei auch für den Gebührenstreitwert bindend, fiel dem Landesarbeitsgericht erstmalig die Bescheidung des bislang nicht beschiedenen Antrags auf Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 1 RVG zu.
Gemäß § 62 Abs. 1 GKG gilt normalerweise ein für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit eines Rechtsmittels festgesetzter Streitwert auch für die Berechnung der Gerichtsgebühren. Dieser Gebührenstreitwert hindert dann auch die gesonderte Festsetzung nach § 33 RVG. Dies gilt aber ausdrücklich nach § 62 Satz 2 GKG nicht im Verfahren vor den Arbeitsgerichten. Dies beruht darauf, dass anders als in der ordentlichen Justiz der Rechtsmittelstreitwert im Urteil unanfechtbar festzusetzen ist und im Regelfall hierzu vorher keine Anhörung der Parteien, also keinerlei Gewährung rechtlichen Gehörs erfolgt.
Vor den Arbeitsgerichten ist deshalb anders als in der ordentlichen Justiz wie folgt zu verfahren: Die Festsetzung des Streitwerts für die zu erhebenden Gerichtsgebühren erfolgt nach Abschluss der Instanz durch Beschluss, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung vorher beantragt hat, § 63 Abs. 2 Satz 2 GKG. Regelmäßig besteht zwar in Prozessen vor dem Arbeitsgericht in erster Instanz für eine gesonderte Streitwertfestsetzung durch Beschluss kein Anlass. Beantragt ein Prozessbevollmächtigter jedoch die au...