Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertbeschwerde. Mehrwert. Aufhebungsvertrag
Leitsatz (amtlich)
Regeln die Parteien eines Abmahnprozesses die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Vergleichswege, ist hierfür ein Streitwert gemäß § 42 GKG festzusetzen. Der Vergleich beseitigt die Ungewissheit darüber, ob und wann das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber einseitig beendet werden kann. Zudem ist jedenfalls der Gebührentatbestand der Nummer 1000 Abs. 2 des Gebührenverzeichnisses zu § 13 RVG erfüllt.
Normenkette
RVG § 33; GKG § 42; RVG § 13 Nr. 1000 Abs. 1-2, Nr. 1003 des Vergütungsverzeichnisses
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Beschluss vom 16.08.2006; Aktenzeichen 3 Ca 2243/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 16.08.2006 – 3 Ca 2243/07 – wie folgt abgeändert:
Der Mehrwert für den Vergleich vom 16.08.2007 wird auf 2.850,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I. Mit dem vorliegenden Verfahren begehrte die Klägerin zunächst die Entfernung einer Abmahnung aus ihrer Personalakte. Ihr Bruttoeinkommen betrug 950,00 EUR.
Am 16.08.2007 wurde entsprechend einer Absprache zwischen den Parteien ein Vergleich nach § 278 ZPO festgestellt wurde, wonach das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 03.08.2007 aufgehoben worden ist. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für Verfahren und Vergleich auf 950,00 EUR, d. h. ausschließlich auf den Wert der ursprünglich beantragten Abmahnungsentfernung festgesetzt. Hiergegen wenden sich die Klägerprozessbevollmächtigten und vertreten die Ansicht, dass der Vergleich hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen eigenen Streitwert habe, der sich nach § 42 Abs. 4 GKG auf das dreifache Monatsbruttogehalt belaufe. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde, die am 27.08.2007 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangen ist, nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II. Die fristgerechte und im Übrigen nach § 33 RVG zulässige sofortige Beschwerde der Klägerprozessbevollmächtigten ist begründet.
Typische Regelung eines Mehrvergleichs ist es, dass Streitgegenstände, die bislang nicht rechtshängig waren, zwischen den Parteien im Rahmen eines schon anhängigen Rechtsstreits mit erledigt werden. Vorliegend haben sich die Parteien ohne Vorliegen einer Kündigung und eines Streits über die Wirksamkeit dieser Kündigung auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt und hierdurch auch den Streit über die Abmahnungsentfernung erledigt. Damit haben die Parteien einen Streit darüber, ob das Arbeitsverhältnis durch die Arbeitgeberin beendet werden kann beigelegt. Die Klägerin hat schon in der Klagschrift mitgeteilt, sie habe den Eindruck, dass die Arbeitgeberin die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anstrebe. Der zukünftige Bestand des Arbeitsverhältnisses war damit Streitgegenstand. Wegen des Schriftformerfordernisses aus § 623 BGB war zudem zu berücksichtigen, dass die einvernehmliche Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses erst durch den gerichtlichen Vergleich zustande kam und dieser nicht lediglich eine bereits wirksame Vertragsaufhebung beschreiben sollte. Der Wert ist damit nach § 42 Abs. 4 GKG mit drei Bruttomonatsvergütungen richtig bewertet. Ob für die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten eine Gebühr nach Nummer 1000 Abs. 1 oder 2 oder nach Nummer 1003 des Vergütungsverzeichnisses zu § 13 RVG angefallen ist, ist nicht Gegenstand der Beschwerde.
Ein weiterer Mehrwert wegen der Regelung der Urlaubsabgeltung kommt allerdings nicht in Betracht. Insoweit ist es anerkannte Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Köln ebenso wie beispielsweise auch des Landesarbeitsgerichts Hamm (vgl. Beschluss vom 17.04.2007 – 6 Ta 145/07 –), dass die Beachtung des sozialpolitischen Zwecks von § 42 Abs. 4 S. 1 GKG dazu führt, dass Abwicklungsregelungen eines Arbeitsverhältnisses, die sich als unstreitige Konsequenz einer Beendigungsvereinbarung ergeben, dann nicht zur Erhöhung des Streitwerts führen, wenn sie nicht bereits vorher streitgegenständlich waren.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, die Kosten werden nicht erstattet.
Unterschriften
Olesch
Fundstellen