Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrat. Wahlanfechtung. Betriebsbegriff
Leitsatz (amtlich)
1. Die in einer Niederlassung untergebrachten Abteilungen Vertrieb und Zentrale stellen Betriebsteile des Hauptbetriebs dar, wenn sie von einem zentralen Vertriebsdirektor und zentralen Fachbereichsleitern geführt werden.
2. Zur Unwirksamkeit einer Betriebsratswahl bei Verkennung des Betriebsbegriffs.
Normenkette
BetrVG § 19 Abs. 1, §§ 7, 9
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 16 BV 203/05) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 17. Januar 2006 – 16 BV 203/05 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl des Betriebsrats am 29. September 2005 in der Niederlassung Hürth der antragstellenden Arbeitgeberin.
Die Arbeitgeberin ist ein Logistikunternehmen mit zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl 17 Niederlassungen in Deutschland. In den Niederlassungen sind tätig Mitarbeiter der Bereiche Kundenservice, Vertrieb und Zentrale. Der Bereich Kundenservice ist zuständig für die Betreuung der Kunden während der Vertragslaufzeit. Aufgabe des Bereichs Vertrieb ist die Akquisition von neuen Kunden und das Aushandeln der Vertragsbedingungen. Die Mitarbeiter des Bereichs Zentrale erledigen administrative Arbeiten wie Organisation, Sicherheit, elektronische Datenverarbeitung.
Das operative Auslieferungsgeschäft mit Übernahme der Sendungen beim Kunden, Verteilung auf die Fernverkehrsverbindungen und Transport zu anderen Niederlassungen erledigen die in den Niederlassungen ansässigen selbständigen D GmbH. Bis zum 31. März 2005 bestand eine Vereinbarung, wonach in den jeweiligen Niederlassungen ein gemeinschaftlicher Betrieb der Arbeitgeberin mit der dortigen D GmbH als gebildet galt. Umstritten war schon damals zwischen den Beteiligten, ob Mitarbeiter der Bereiche Vertrieb und Zentrale diesem Gemeinschaftsbetrieb zuzurechnen waren – so der Betriebsrat – oder ob sie dem Hauptbetrieb in W zuzuordnen waren – so die Arbeitgeberin –. Nachdem die in Hürth ansässige D GmbH-31 die Führungsvereinbarung gekündigt hatte, wurde mit dem Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebs eine Überleitungsvereinbarung geschlossen, wonach er als Betriebsrat für den Betrieb der D GmbH-31 im Amt blieb.
Für die Wahl eines Betriebsrats in der Niederlassung Hürth der Arbeitgeberin bestellte er einen Wahlvorstand. Dieser erließ ein Wahlausschreiben für die Wahl eines 3-köpfigen Betriebsrats. In dem Wählerverzeichnis führte er die in der Niederlassung tätigen Mitarbeiter der Bereiche Kundenservice (13 Beschäftigte), Vertrieb (7 Beschäftigte) und Zentrale (7 Beschäftigte) auf, insgesamt 27 Personen. Gegen ihre Aufführung in der Wählerliste erhoben 9 Mitarbeiter der Bereiche Vertrieb und Zentrale Einspruch, der weder zu einer Veränderung des Wählerverzeichnisses noch des Wahlausschreibens, soweit es die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder betraf, führte. Bei der Wahl des Betriebsrats wurden 34 Stimmen abgegeben. Als gewählt wurden am 30. September 2005 bekannt gegeben Frau E, Herr N und Frau S.
Die Niederlassung Hürth ist nach dem Vorbringen der Arbeitgeberin mit Wirkung zum 31. Juli 2006 stillgelegt worden. Der Betriebsrat vertritt den Standpunkt, es liege ein Betriebsübergang auf die von der Arbeitgeberin neu gegründete t GmbH in Wuppertal vor, die seit dem 1. Januar 2006 den Kundenservice übernommen habe.
Mit dem vorliegenden Antrag, der am 13. Oktober 2005 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, hat die Arbeitgeberin die Unwirksamkeit der Wahl geltend gemacht.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Beschäftigten der Bereiche Vertrieb und Zentrale seien keine wahlberechtigten Arbeitnehmer im Sinne der §§ 7 und 9 BetrVG gewesen. Sie hätten deshalb weder im Wählerverzeichnis aufgeführt noch an der Wahl teilnehmen dürfen. Sie hätten auch nicht bei der Berechnung der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer mitgezählt werden dürfen. Während die Beschäftigten des Bereichs Kundenservice dem Fachbereichsleiter Kundenservice disziplinarisch und fachlich unterstellt gewesen seien, seien die Mitarbeiter der Bereiche Vertrieb und Zentrale wie bereits in der Vergangenheit anderen Vorgesetzten disziplinarisch und fachlich unterstellt gewesen. Für die Vertriebsmitarbeiter sei bis zum 22. September 2005 ein Vertriebsdirektor und ab dann ein Vertriebsleiter zuständig. Die Mitarbeiter des Bereichs Zentrale seien stets den Leitern der betreffenden Fachabteilungen in der Zentrale disziplinarisch und fachlich unterstellt gewesen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die am 29. September 2005 in der Niederlassung Hürth der t-Lieferdienst GmbH durchgeführte Betriebsratswahl sowie das ermittelte Wahlergebnis für unwirksam zu erklären.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht Köln hat durch Beschluss vom 17. Januar 2006 dem Antrag der Arb...