Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfindung. PKH. einsetzbares Vermögen. Schonvermögen. Kreditverbindlichkeiten. PKH-Beschwerde. Abänderungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Abfindung stellt erst dann einen im Sinne von § 115 ZPO einsetzbaren Vermögenswert dar, wenn sie tatsächlich gezahlt worden ist (Anschluss an BAG v. 24.4.06, 3 AZB 12/05).

2. Daraus folgt: Ist der Abfindungsanspruch bis zum Ablauf der PKH-Beschwerdefrist dem Arbeitnehmer noch nicht zugeflossen, kann die Staatskasse mit der Beschwerde nicht geltend machen, dass die Abfindung bei der PKH-Entscheidung hätte berücksichtigt werden müssen. Der spätere Zufluss einer Abfindung ist dann vielmehr im Rahmen des § 120 Abs. 4 ZPO zu würdigen.

3. Übersteigt der dem Arbeitnehmer zugeflossene Abfindungsbetrag die Summe des erweiterten Schonvermögens, hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob es zumutbar erscheint, den überschießenden Abfindungsbetrag zur Tilgung der Prozesskosten einzusetzen (ebenso: BAG v. 22.12.2003, 2 AZB 23/03).

4. Übersteigen die Schulden einer Partei ihr verwertbares Vermögen, braucht sie die Abfindung grundsätzlich nicht zur Zahlung der Prozesskosten einzusetzen, sondern kann damit ihre Verbindlichkeiten bedienen (ebenso: BAG a.a.0.).

 

Normenkette

ZPO §§ 115, 120 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 11.04.2007; Aktenzeichen 17 Ca 1437/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Staatskasse gegen den PKH- Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 11.04.2007 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Am 03.04.2007 beantragte der Kläger für den vorliegenden Kündigungsschutzprozess Prozesskostenhilfe. In der nachfolgenden Güteverhandlung schlossen die Parteien in der Hauptsache einen Vergleich, in welchem das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2007 beendet wurde und dem Kläger eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 10.000,– EUR brutto, fällig am 31.07.2007, zugesprochen wurde. Mit Beschluss vom 11.04.2007 bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe, ohne ihm eine Kostenbeteiligung aufzuerlegen.

Von dem Prozesskostenhilfebeschluss erlangte die Staatskasse am 01.06.2007 Kenntnis. Sie legte am 05.06.2007 sofortige Beschwerde ein mit dem Ziel, dem Kläger die Übernahme der von der Staatskasse ausgelegten PKH-Vergütung in Höhe von 986,51 EUR aufzugeben. Zur Begründung verweist die Staatskasse darauf, dass dem Kläger aus dem Vergleich vom 03.04.2007 eine Kündigungsschutzabfindung zustand, die das sog. Schonvermögen um 3.162,– EUR übersteige. Zur Berechnung wird auf die Beschwerdeschrift vom 01.06.2007 Bezug genommen.

Der Kläger hat darauf verwiesen, dass aus einer Kreditaufnahme bei der S Bank ein Betrag von 4.500,– EUR offen stehe, der mit monatlich 211,– EUR abgetragen werde. Darüber hinaus bestehe ein Kredit bei der C, welcher noch mit 20.000,– EUR valutiere. Hierauf seien monatliche Raten von 350,– EUR zu zahlen, die der Kläger, wie er an Eides statt versichert hat, jedoch derzeit nicht aufbringen könne.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen

 

Entscheidungsgründe

II. Die sofortige Beschwerde der Staatskasse gegen den PKH-Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 11.04.2007 ist unbegründet.

1. Der PKH-Beschluss des Arbeitsgerichts war im Zeitpunkt seines Erlasses am 11.04.2007 rechtlich nicht zu beanstanden. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Kläger weder über ein einsetzbares Einkommen noch über ein einssetzbares Vermögen im Sinne von § 115 ZPO.

a. Zwar hatte der Kläger aufgrund des rechtskräftigen Vergleichs vom 03.04.2007 einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000,– EUR brutto erworben. Eine solche Forderung auf Zahlung einer Kündigungsschutzabfindung stellt nach heute herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der sich auch die Beschwerdekammer anschließt, grundsätzlich einen Vermögenswert dar. Um einsetzbares Vermögen im Sinne des § 115 ZPO handelt es sich jedoch nur dann, wenn das Vermögen auch verwertbar ist. Das ist bei Abfindungen erst dann der Fall, wenn sie tatsächlich gezahlt wurden (so ausdrücklich BAG vom 24.04.2006 – 3 AZB 12/05 –).

b. Die Forderung des Klägers auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000,– EUR brutto wurde ausweislich des Vergleichs vom 03.04.2007 jedoch erst am 31.07.2007 fällig. Die Abfindungsforderung stellte somit weder im Zeitpunkt des Erlasses des PKH-Beschlusses am 11.04.2007, noch im Zeitpunkt des Eingangs der sofortigen Beschwerde am 05.06.2007 noch auch im Zeitpunkt des Ablaufs der Beschwerdefrist am 02.07.2007 einsetzbares Vermögen im Sinne des PKH-Rechtes dar.

c. Daraus folgt ohne Weiteres die Unbegründetheit der vorliegenden Beschwerde. Die Frage, ob durch einen eventuellen späteren Zufluss der Kündigungsschutzabfindung aus dem Vergleich vom 03.04.2007 eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eingetreten ist, die nunmehr eine Beteiligung an den PKH-Kosten zumutbar erscheinen lässt, war vielmehr dem Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO vorzubehalten.

d. Dem steht entgegen der Auffassun...

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