Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung steuerfrei erstatteter Spesen und der Unterkunftskosten bei der Ermittlung des für die Prozessführung einzusetzenden Einkommens. Umfang des rechtlichen Gehörs im Nichtabhilfeverfahren betreffend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Im Nichtabhilfeverfahren ist zur Wahrung rechtlichen Gehörs eine angekündigte Begründung abzuwarten bzw. eine Frist zu setzen.
2. Steuerfrei erstattete Spesen für Verpflegung, Übernachtung, Fahrtkosten stellen keine Einkünfte i. S. d. § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar.
3. Unterkunftskosten sind nach dem unbereinigten Nettoeinkommen der Wohnungsmieter aufzuteilen.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 572, 115
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 24.09.2018; Aktenzeichen 1 Ca 3454/18) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 24.09.2018 (1 Ca 3454/18) dahingehend abgeändert, dass die Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe erfolgt, dass der Kläger ab dem 01.03.2019 monatliche Raten in Höhe von 17,00 EUR zu zahlen hat.
Gründe
I.
Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 78 Satz 1 ArbGG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts Köln vom 12.11.2018 ist verfahrensfehlerhaft ergangen.
a) Das Arbeitsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Obwohl der Kläger in dem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2018 eine gesonderte Begründung der sofortigen Beschwerde in einem weiteren Schriftsatz angekündigt hatte, hat das Arbeitsgericht weder eine Frist zur Vorlage dieses Vorbringens gesetzt noch die Begründung abgewartet, sondern bereits am 02.11.2018 den Nichtabhilfebeschluss gefasst. Zur Wahrung rechtlichen Gehörs ist indes eine angekündigte Begründung abzuwarten (OLG Koblenz 16.10.2007 FamRZ 2008, 288; Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 572 Rn. 8; MüKoZPO-Lipp, 5. Aufl. § 572 Rn 8).
b) Der Nichtabhilfebeschuss ist außerdem fehlerhaft, weil in den Gründen ausgeführt wird, das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 29.10.2018 sei nicht geeignet, eine abweichende Bewertung zu rechtfertigen. Indes, der Schriftsatz vom 29.10.2018 enthält überhaupt keine Begründung, sondern kündigt eine solche an.
c) Das Beschwerdegericht hat ungeachtet der Rechtsfehler des Arbeitsgerichts aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung von einer Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens abgesehen.
2. In der Sache ist die Höhe der festgesetzten Monatsrate fehlerhaft erfolgt. Insoweit war der Beschluss vom 24.09.2018 abzuändern.
Zum Zeitpunkt der für die Beurteilung maßgeblichen Beschwerdeentscheidung beträgt das vom Kläger gemäß §§ 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO, 11 a Abs. 1 ArbGG einzusetzende Einkommen 34,55 EUR, woraus eine Monatsrate in Höhe von 17,00 EUR resultiert (§ 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
a) Ausweislich des vorgelegten Arbeitsvertrages mit der Firma N GmbH ist vereinbart, dass der Kläger als Vollzeitbeschäftigter 151,67 Stunden monatlich beschäftigt wird und eine Vergütung in Höhe von 14,13 EUR brutto pro Stunde erhält (§ 4 Abs. 2 des Vertrages). Daraus errechnet sich ein durchschnittliches Bruttoeinkommen in Höhe von 2.143,00 EUR monatlich, was einem Nettoeinkommen in Höhe von 1.684,17 EUR entspricht.
b) Soweit der Kläger darüber hinaus gemäß § 4 Abs. 2 des Vertrages Spesen für Verpflegungs- und Übernachtungskosten sowie für die Fahrtstrecken 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer erhält, stellen diese Spesen kein Einkommen im Rechtssinne dar. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass weder Verpflegungskosten (LAG Hamm 23.03.2018 - 5 Ta 135/17 -; LAG Köln 09.02.2011 - 5 Ta 397/10 -; OLG Nürnberg 15.05.2015 MDR 2015, 1153) noch Fahrtkosten (LAG Köln 15.01.2009 - 5 Ta 534/08 -) als Einkünfte zu berücksichtigen sind, wenn sie im Rahmen der steuerfreien Pauschalen bleiben, was vorliegend der Fall ist.
c) Von dem Nettoeinkommen des Klägers sind der aktuelle Unterhaltsfreibetrag in Höhe von 491,00 EUR sowie der Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von 223,00 EUR abzuziehen (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a ZPO und § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b ZPO). Da der Kläger für seine Tätigkeit ein Fahrzeug benötigt, sind darüber hinaus Kraftfahrzeughaftpflichtkosten in Höhe von 36,96 EUR sowie die anteilige monatliche Kfz-Steuer in Höhe von 25,66 EUR abzugsfähig.
d) Für das 2002 geborene Kind ist der Unterhaltsfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 b ZPO in Höhe von 372,00 EUR abzüglich ( vgl. § 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO) des Kindergeldes in Höhe von 194,00 EUR zu berücksichtigen. Somit sind weitere 178,00 EUR abzugsfähig.
Für das 2006 geborene Kind sind 345,00 EUR Freibetrag abzüglich Kindergeld in Höhe von 200,00 EUR, somit 145,00 EUR abzugsfähig.
Da sowohl die Ehefrau des Klägers als auch das älteste Kind über eigene Einkünfte verfügen, die deren Unterhaltsfreibeträge übersteigen, scheiden weitere Abzugspositionen wegen Unterhaltsverpflichtungen aus.
e) Die Unterkunftskosten in...